16.01.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 140 / Tagesordnungspunkt 7

Detlev SpangenbergAfD - Organspende

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Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mehr Vertrauen in die Organspende – der Ansatz der AfD nennt sich Vertrauenslösung. Die Widerspruchslösung kann die Zielsetzung, mehr Spender zu erreichen, gefährden. Wir haben unterschiedliche Zahlen von Spendern, aber das liegt nicht bloß an dem System, sondern auch daran, wie der Tod festgestellt wird – denken Sie dabei an Spanien –, zum Beispiel Hirntod oder Herztod. Das sind große Unterschiede, die auch die Anzahl der Spender bzw. die Spendenmöglichkeit beeinflussen. Die Spendenbereitschaft wird nicht infrage gestellt, auch nicht von der AfD, wie das fälschlicherweise, wie üblich, in der Presse dargestellt wurde.

Wir alle haben in den letzten Wochen Post erhalten: Zustimmung für die Widerspruchslösung, aber auch Verweigerung, weiterhin Spender zu sein, wenn die Widerspruchslösung kommt. Auch das haben wir bekommen. Das haben Menschen geschrieben, die ihren Ausweis wieder abgeben wollen, wenn diese Art der Willenserklärung so formuliert wird. Vertrauen, meine Damen und Herren, ist das Wichtigste bei diesem hochsensiblen Thema. Ich erinnere an die Manipulationen von 2014 und 2015 in Großhadern, Berlin, Heidelberg, Bremen und Göttingen, dann ist das natürlich nicht hilfreich, Menschen dafür zu gewinnen, zu spenden. Das Mittel heißt Vertrauen, immer wieder Vertrauen.

(Beifall bei der AfD)

Die Widerspruchslösung, so sagen einige, ist die faktische Enteignung des menschlichen Körpers, das Vermissen jeglicher Sensibilität bei diesem hochemotionalen Thema, und sie ignoriert auch hartnäckig, dass bei einem Versäumnis, sich gegen die Widerspruchslösung zu erklären, dies auch eine Entscheidung über Leben und Tod bedeuten kann. Das kann man diesen Leuten nicht einfach wegnehmen. Diese Überlegung haben sie.

Ich gehe auf drei Themenbereiche ein.

Erstens: Einschränkung der persönlichen Freiheit. Minister Spahn hat, wenn ich das richtig gelesen habe, im „Spiegel“ die abenteuerliche Definition formuliert, dass wir an die Freiheit derer denken müssen, die das Organ erhalten möchten. Meine Damen und Herren, so weit kann es nicht gehen, dass sich jemand damit beschäftigen muss zugunsten anderer, weil einer etwas erreichen will. Die Freiheit des einen ist genauso viel wert wie die Freiheit des anderen.

(Beifall bei der AfD)

Es geht hier, meine Damen und Herren, um Menschen, die sich mit diesem Problem nie beschäftigt haben und sich damit auch nicht beschäftigen wollen. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass manche Menschen das nicht tun wollen. Das Zwingen zu einer Entscheidung ist der völlig falsche Weg. Spenden ja, aber nicht zu einer Erklärung gezwungen werden.

Der nächste Punkt: Rücksicht auf persönliche Ängste. Keine Sensibilität denen gegenüber, die vor diesem Thema Angst haben. Niemand ist am Leid der auf ein Organ Wartenden schuld. Es kann daraus auch keine Forderung an fremde Dritte abgeleitet werden, bei allem Verständnis für deren Leid. So weit geht es nicht.

(Beifall bei der AfD)

Wir haben auch kein Recht, über Ängstliche und Zaudernde den moralischen Zeigefinger zu heben bzw. eine moralische Keule zu schwingen. Dieses Recht steht keinem zu.

Als letzten Teil: die Rechtssystematik. Schweigen gilt nun einmal bei uns in Deutschland grundsätzlich als keine Willenserklärung; im Zweifel heißt es Nein.

Die Kritiker, die das bestreiten, führen dann immer § 416 Absatz 1 BGB – Umschreibung beim Grunderwerb – oder § 362 HGB, wo geregelt ist, dass Verträge auch durch Schweigen zustande kommen, oder das Testament an.

Meine Damen und Herren, ich sage das auch für die Bevölkerung deutlich: Diese Argumente ziehen nicht, weil dort immer eine Beziehung zwischen den Partnern besteht, bestanden hat. Dort steht also eine Willenserklärung nicht einfach im leeren Raum, sondern diese Willenserklärung ist ausgesprochen worden; sie ist vorhanden. Insofern passen diese Dinge nicht. Schweigen heißt grundsätzlich Nein. So ist das bei uns, in unserem Rechtssystem, nach wie vor.

(Beifall bei der AfD)

Es wird eine weitere Befürchtung ausgesprochen, dass diese Widerspruchslösung ein Einfalltor ist und am Recht des eigenen Willens vorbeigeht. Sie formuliert eine neue Rechtsfolge bzw. einen neuen Tatbestand. Eine Spende, so Professor Dr. Kluth von der Uni Halle, kann niemals als solidarisches Pflichtverhalten formuliert werden.

Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, schreibt: Schweigen kann keine Zustimmung sein. – Nur Vertrauen ist hier die Lösung; das ist der Ansatz der AfD. Wir möchten gerne die Zustimmungslösung, aber mit den Ansätzen, die wir in unseren Antrag eingearbeitet haben. Dabei muss die Patientenverfügung immer Vorrang vor jeder anderen Entscheidung haben. Das ist unser Grundsatz.

(Beifall bei der AfD)

Lassen Sie mich noch eines sagen: Einen 16-Jährigen automatisch als Spender zu verpflichten, bringt auch gefährliche Interpretationen mit sich, meine Damen und Herren. Wir gehen sonst im Strafrecht teilweise bis 21 Jahre hoch. Hier wollen wir 16-Jährige verpflichten. Das, denke ich, meine Damen und Herren, sollte man nicht tun.

Ich schließe und sage eindeutig: Es geht nicht darum, die Meinung derer hervorzuheben, die dafür sind, meine Damen und Herren. Darum geht es nicht, sondern darum, um die zu werben, die einfach noch kein Vertrauen haben, diesen Schritt, Spender zu werden, zu gehen. Um diese Menschen müssen wir uns bemühen, meine Damen und Herren. Allein das ist unsere Aufgabe.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Dr. Claudia Schmidtke ist die nächste Rednerin.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Personen

Dokumente

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7413950
Wahlperiode 19
Sitzung 140
Tagesordnungspunkt Organspende
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