Hermann Otto SolmsFDP - Organspende
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will gleich zu Anfang sagen: Wir streiten heute nicht über das Ziel der Verbesserung des Spendenverhaltens, wir streiten in den beiden Entwürfen allein über den Weg dorthin;
(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
denn heute wollen alle Mitglieder des Hauses die Situation jener Patienten verbessern, die seit Jahren dringend auf Spenden warten.
Die Organspendensituation zu verbessern, ist dringend geboten; darin sind wir uns einig. Ich muss an dieser Stelle die Zahlen und Fakten nicht wiederholen; die sind bekannt; der Kollege Lauterbach hat sie gerade aufgeführt. Das ändert nichts daran: Dieses Thema bewegt die Menschen. Eine Verbesserung der Lage ist wirklich überfällig, und Tausende von Patienten warten darauf.
Für mich wie für die Freien Demokraten zusammen steht in dieser Frage die Selbstbestimmung des Einzelnen im Vordergrund. Dementsprechend habe ich mich lange selbst geprüft, ob die Widerspruchslösung diesem fundamentalen Prinzip genügt. Ich persönlich denke: Ja, das tut sie. Es ändert sich doch nur eines: Man macht nicht mehr von seinem Recht auf Zustimmung Gebrauch, sondern von seinem Recht auf Widerspruch.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)
Damit setzt die Widerspruchslösung auch nicht auf die Trägheit oder Entscheidungsunfähigkeit des Einzelnen, wie unter anderem behauptet wurde. Im Gegenteil: Sie ermutigt alle Bundesbürger, sich aktiv mit dieser drängenden Frage zu beschäftigen. Wer zu dem Ergebnis kommt, seine Organe nicht spenden zu wollen, muss das schließlich nur kundtun. Ich verwehre mich also gegen die Behauptung, die Widerspruchslösung würde die persönliche Entscheidungsfreiheit einschränken.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)
Auch das Recht auf Widerspruch ist gelebte Freiheit. Mit einer Widerspruchslösung bei Organspenden fordert der Gesetzgeber die Bürger lediglich auf, von dieser Freiheit Gebrauch zu machen. Während der Entwurf für eine Stärkung der Entscheidungsbereitschaft natürlich auch die persönliche Freiheit wahrt, halte ich ihn zum Erreichen unseres gemeinsamen Ziels für unzulänglich.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD)
Von einer ursprünglich angedachten verbindlichen Abfrage sind lediglich ein zentrales Register und zusätzliche Informationskampagnen geblieben. Sie möchten unter anderem zukünftig die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Bürgerämtern in die Pflicht nehmen. Bei jedem Amtsvorgang soll auf die Organspende hingewiesen und vor Ort der Eintrag in das zentrale Register ermöglicht werden.
Damit zwingen Sie nicht nur die Angestellten der Bürgerämter, in einen extrem persönlichen Lebensbereich der Bürger einzudringen, Sie schaffen auch deutlich mehr Aufwand und Bürokratie. Ich kann mir im Übrigen gar nicht vorstellen, dass ich in dieser höchst persönlichen Frage mit den Verwaltungsangestellten in Bürgerämtern ins Gespräch kommen will. Das scheint mir äußert lebensfremd zu sein.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/CSU und der SPD)
Solch ein Gespräch führt man mit seinem Ehegatten, mit Familie, mit nahen Freunden und natürlich auch mit dem Arzt. Aber welcher Arzt hat diese Gespräche nicht heute schon immer wieder geführt? Ich kenne keinen solchen Arzt. Diese Gespräche werden geführt; aber sie haben eben nicht zu einer Verbesserung der Situation geführt. Das ist leider die fatale Situation. Ich befürchte, dass dieser Entwurf nicht zu einer tatsächlichen Erhöhung der Spenderzahlen führen wird.
Mit der doppelten Widerspruchslösung hingegen schaffen wir ein geeignetes Instrument, die Anzahl der Organspenden in diesem Land deutlich zu erhöhen. Deshalb noch einmal die entscheidende Frage an die Unterstützer des Gegenentwurfs: Glauben Sie wirklich, dass der geringfügige Unterschied, ob man für oder gegen eine Spende entscheiden muss, genug Gewicht hat,
(Zuruf von der AfD: Ja! Oh ja!)
um die Chance zu gefährden, hier und jetzt eine deutliche Verbesserung des Spendenverhaltens herbeizuführen? Wollen Sie die Verantwortung dafür übernehmen, dass die Lösung des Problems, auf die Tausende Patienten seit Langem warten, nun wieder auf die lange Bank geschoben wird?
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)
Nächste Rednerin ist die Kollegin Christine Aschenberg-Dugnus.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7413953 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 140 |
Tagesordnungspunkt | Organspende |