16.01.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 140 / Tagesordnungspunkt 10

Elisabeth MotschmannCDU/CSU - Entschädigung der Erbengemeinschaft Hohenzollern

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Herr Korte, ich darf Sie vielleicht zunächst an eines erinnern: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der AfD und der FDP – Jan Korte [DIE LINKE]: Ja, genau!)

Dieser Satz aus Artikel 3 unseres Grundgesetzes gilt auch für die Familie Hohenzollern. Punkt!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD – Jan Korte [DIE LINKE]: Richtig! – Simone Barrientos [DIE LINKE]: Sicher!)

Georg Friedrich Prinz von Preußen ist ein Bundesbürger wie jeder andere auch. Er trägt keinen Adelstitel, sondern einen Namenszusatz.

(Simone Barrientos [DIE LINKE]: Deswegen ist er ein sogenannter Prinz!)

Die Monarchie gibt es seit dem 9. November 1918 nicht mehr; das haben Sie hoffentlich auch schon gemerkt. Seitdem hat der Adel keinerlei Privilegien mehr, und das ist gut so.

(Simone Barrientos [DIE LINKE]: Das stimmt! – Beifall des Abg. Martin Rabanus [SPD])

Aber eines gilt für diese Familien wie für alle anderen auch: Sie können ihre Rechte wahrnehmen, verhandeln und einklagen. Ich hoffe nicht, dass Sie ihnen das absprechen wollen. Das ist das Allerletzte.

(Beifall bei der CDU/CSU – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Den Eindruck hatte man aber! – Jan Korte [DIE LINKE]: Ich habe von geheimen Verhandlungen geredet! Sie müssen mal zuhören!)

Der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg verhandeln seit 2014 mit den Hohenzollern. Ziel war und ist es, eine einvernehmliche und vor allem eine außergerichtliche Lösung zu finden, die für beide Seiten akzeptabel ist. Genau so ist es in anderen Bundesländern mit den Adelshäusern der Wettiner und der Wittelsbacher geschehen. Sie haben das erfolgreich vorgemacht. Die Rückgabeansprüche sind Sache der Verhandlungspartner. Der Deutsche Bundestag entscheidet darüber nicht, und das ist gut so.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der LINKEN: Nein, das ist nicht gut so!)

Wo kommen wir denn hin, wenn gesetzlich verbriefte Rechte zum Spielball parteipolitisch motivierter Debatten werden?

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Sehr gut!)

Diese Haltung ist unverantwortlich.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der AfD und des Abg. Hartmut Ebbing [FDP])

Als größter Leihgeber der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten stellt die Familie Hohenzollern bereits heute viele Kulturgüter der Öffentlichkeit zur Verfügung;

(Simone Barrientos [DIE LINKE]: Noch!)

das werden Sie ja wohl wissen. Die Gespräche mit den Hohenzollern wollen wir fortsetzen und nach Möglichkeit eine langjährige und aufwendige gerichtliche Auseinandersetzung vermeiden.

Sie plädieren in Ihrem Antrag für die Enteignung der Hohenzollern, selbst wenn ihnen die Gerichte Ansprüche zusprechen. Mit Enteignungen sind Sie, die Linken, immer schnell bei der Hand.

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Allerdings!)

Nur, damit verlassen Sie den Boden unserer Verfassung – auch in diesem Fall –,

(Dr. Götz Frömming [AfD]: So ist es!)

und das lehnen wir ab.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ein solches Verständnis von unserem Rechtsstaat ist unverantwortlich. Deutsche Gerichte werden am Ende, wenn es keine einvernehmliche Regelung gibt, entscheiden, und das sollten Sie bitte auch akzeptieren.

(Jan Korte [DIE LINKE]: Ja, ganz unser Reden!)

Wir wollen an einer einvernehmlichen Lösung weiter arbeiten. Die Hohenzollern werden unsere Museen – das ist übrigens ein ganz übles Vorurteil – ganz sicher nicht ausräumen. Seien Sie gewiss! Wir wünschen uns, dass diese Verhandlungen zügig vorangetrieben werden. Dafür müssen sich beide Seiten aufeinander zubewegen.

Übrigens – jetzt komme ich auf die vom Kollegen Post schon angesprochene Tatsache zurück –: Das 1926 zugestandene und heute umstrittene Wohnrecht im Schloss Cecilienhof wurde schon in den 80er-Jahren von der DDR-Regierung, von Honecker persönlich, in Erwägung gezogen. Im Gegenzug sollte der Sarg Friedrich des Großen nach Potsdam zurückkehren. Louis Ferdinand von Preußen war bereit, den Sarg von der Burg Hohenzollern zu überführen; aber er hat die Bedingung gestellt, dies nur in einem wiedervereinigten Deutschland zu tun. Das war seine Bedingung. Deshalb ist der Sarg 1991 nach Sanssouci gekommen.

(Stefan Gelbhaar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Honeckers Vollstrecker in der CDU!)

Sie weisen in Ihrem Antrag jegliche Ansprüche der Hohenzollern zurück, und Sie wissen genau, dass die Voraussetzung dafür, dass sie keine Ansprüche haben, die Frage ist, ob sie dem Naziregime Vorschub geleistet haben. So sieht es das Ausgleichsleistungsgesetz von 1994 vor. Ob der Kronprinz den Nazis erheblich Vorschub geleistet hat, ist unter Historikern – das haben Sie vergessen zu sagen – hoch umstritten.

(Simone Barrientos [DIE LINKE]: Na ja! – Jan Korte [DIE LINKE]: Das stimmt nicht!)

Es gibt ein Patt der Gutachten. Ich zitiere jetzt Christopher Clark aus Cambridge, den viele kennen:

Kronprinz Wilhelm hat dem nationalsozialistischen System keinen erheblichen Vorschub geleistet. Seine Handlungen waren nicht dazu geeignet, die Bedingungen für die Errichtung, die Entwicklung oder die Ausbreitung des nationalsozialistischen Systems zu verbessern ...

Das ist eines der Gutachten, die infrage stehen. Die Linksfraktion maßt sich an, alles besser zu wissen als Historiker von höchstem Renommee.

(Simone Barrientos [DIE LINKE]: Nein, aber wir können lesen!)

Die in Rede stehenden Ansprüche der Hohenzollern sind allesamt bürgerlich-rechtliche Ansprüche, die auf einem Gesetz über die Vermögensauseinandersetzung zwischen dem Staat und dem Haus Hohenzollern aus dem Jahr 1926 sowie auf dem Ausgleichsleistungsgesetz von 1994 gründen. Der Antrag der Linken basiert auf einer zum Teil polemisch geführten Debatte. Ob Jan Böhmermann, „Der Spiegel“ oder die „taz“ – sie alle diskreditieren den Adel, und Sie haben es auch getan.

(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt keinen Adel mehr!)

Das ist übel. Schauen Sie sich doch einmal an, wie viele Adlige in diesem Parlament sitzen,

(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch gesagt: Es gibt keinen Adel mehr; es gibt nur Namenszusätze!)

die gute Demokraten sind.

Ich lese ein Zitat aus dem „Spiegel“ vor:

Der Adel ist im Allgemeinen, die Hohenzollern ganz speziell ... eine Plage für Land und Leute. ... Dieses Land schuldet …

– den Hohenzollern –

keine einzige Kaffeetasse, von Kunstschätzen oder Immobilien ganz zu schweigen.

(Beifall des Abg. Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich komme zum Ende. Genau in diesem populistischen Geist haben Sie den vorliegenden Antrag formuliert. Sie legitimieren die Enteignungen der DDR, übrigens ein undemokratischer Unrechtsstaat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Stefan Keuter [AfD] und Grigorios Aggelidis [FDP])

Enteignungen, erst recht Enteignungen in einem Unrechtsstaat, entsprechen nicht unseren Grundrechten.

Frau Motschmann – –

Und das ist gut so. – Liebe Präsidentin, ich bin am Ende und bedanke mich sehr herzlich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und des Abg. Frank Müller-Rosentritt [FDP] – Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gibt es jetzt den Adel, oder nicht?)

Vielen Dank, Elisabeth Motschmann. – Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Dr. Alexander Gauland.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7414012
Wahlperiode 19
Sitzung 140
Tagesordnungspunkt Entschädigung der Erbengemeinschaft Hohenzollern
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