Martin RabanusSPD - Entschädigung der Erbengemeinschaft Hohenzollern
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wollen zum Thema zurückkommen, nach diesem Versuch der romantischen Verklärung der Monarchie durch Herrn Kollegen Jongen.
(Zurufe von der AfD: Oh!)
Da stelle ich für die SPD zunächst einmal fest – damit das am Anfang der Debatte auch klar ist –, dass wir als Fraktion im Deutschen Bundestag freiwilligen Entschädigungszahlungen nicht zustimmen werden. – Erste Bemerkung.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)
Zweite Bemerkung, mit Blick auf die Kolleginnen und Kollegen der Linken: Es ist natürlich ein besonderer Husarenritt, uns jetzt in dieser Stunde mit dem dürren Antrag vom letzten November zu befassen, wo wir doch eine in zwei Wochen stattfindende Expertenanhörung im Ausschuss verabredet haben, übrigens ganz maßgeblich auf Wunsch der Fraktion Bündnis 90/Grüne und des Kollegen Grundl, weniger auf Betreiben der eigenen Fraktion. Jedenfalls werden wir eine Expertenanhörung durchführen. Es wäre der Sache wahrscheinlich dienlicher gewesen, sich nun erst mal in dieser Anhörung mit den neun Experten schlauzumachen, dann in Ruhe das Ergebnis auszuwerten und zu schauen, wie man parlamentarisch initiativ wird. Also, liebe Kollegen der Linken, mit Ihrem parlamentarischen Vorgehen werden Sie diesem Thema nicht gerecht.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aber dass wir uns nicht missverstehen und dass das auch klar ist: Das, was die Familie Hohenzollern hier veranstaltet, ist, mit Verlaub, schon Chuzpe. Für alle diejenigen, die den Begriff „Chuzpe“ nicht kennen: Chuzpe ist in etwa, Vater und Mutter erschlagen und anschließend Waisenrente beantragen.
(Heiterkeit bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das ist das, was eigentlich passiert.
Der Gipfel ist dann tatsächlich die Forderung nach dem lebenslangen Wohnrecht im Schloss Cecilienhof. Erstaunlicherweise – nein, ich korrigiere: erfreulicherweise – hat die Familie Hohenzollern selber gemerkt, dass sie damit über das Ziel hinausgeschossen ist. Aber genau diese Maßlosigkeit ist das, was zu der öffentlichen Empörung geführt hat. Und mal ehrlich: Man kann ja auch verstehen, dass man sich darüber öffentlich empört.
Ich hätte wahrscheinlich persönlich nicht die Worte gewählt, die Bernd Stegemann im Magazin „Cicero“ gewählt hat. Er hat vom „Familien-Clan“ der Hohenzollern gesprochen, der „über tausend Jahre die mitteleuropäische Geschichte mit Kriegen, Vetternwirtschaft und Katastrophen heimgesucht“ habe und „nach den letzten beiden totalen Niederlagen wieder angelaufen“ komme, um nun auf die Aushändigung seines kriminell zusammengerafften Reichtums zu klagen.
(Beifall der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Jan Korte [DIE LINKE]: So kann man es sagen!)
Ich hätte, wie gesagt, diese Worte so nicht gewählt.
(Simone Barrientos [DIE LINKE]: Aber Sie stimmen ihm zu?)
Aber ganz ehrlich: Ich habe sie gerne gelesen. Und man hat dabei den Gedanken: So ganz unrecht hat der Herr Stegemann bei seiner Bewertung nicht.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das ist aber sozusagen nur die eine Seite. Die vielleicht moralische, die, wie ich mal sagen will, emotionale, die andere Seite will ich hier auch ansprechen: Wir leben hier in einer Demokratie und in einem Rechtsstaat. In dieser Demokratie und in diesem Rechtsstaat, in dem wir leben, ist es völlig in Ordnung, wenn auch die Familie Hohenzollern für ihr Recht kämpft oder für das kämpft, was sie für ihr Recht hält. Das ist völlig in Ordnung. Darum geht es in den Gesprächen, die übrigens tatsächlich nicht geheim waren, aber nicht so im Fokus der Öffentlichkeit standen, und darum geht es auch in den anhängigen Prozessen vor Gericht. Das ist richtig so. Dass das auch für die Familie Hohenzollern möglich ist, das werde ich persönlich und das wird die SPD-Fraktion auch immer verteidigen. Das heißt nicht, dass wir uns damit zu Interessenvertretern von ehemaligem Hochadel machen. Nein, wir machen uns damit zu Interessenvertretern unserer Demokratie und unseres Rechtsstaats.
(Beifall bei der SPD – Johannes Kahrs [SPD]: Des Steuerzahlers!)
Für diese öffentliche Klarstellung hat sich die Debatte dann wiederum gelohnt. Tatsächlich führen wir die Anhörung in knapp 14 Tagen im Kulturausschuss durch, um für uns als Parlamentarier die Fakten klarzubekommen, aber auch, um die Fakten noch einmal öffentlich breit zugänglich machen zu können; denn die Debatten laufen seit Anfang der 90er-Jahre, das ist hier in der Parlamentsdebatte ein paarmal erwähnt worden. Wir wollen die öffentliche Wahrnehmung weiter stärken. Wir wollen, dass das Verfahren transparent weitergeführt wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zu entscheiden – das habe ich bereits gesagt – haben aus meiner Sicht jetzt Gerichte. Das heißt im Umkehrschluss auch, dass Vergleichsverhandlungen, solange Gerichtsverhandlungen laufen, keinen Sinn machen. Wenn es letzte Entscheidungen der Gerichte gibt, werden wir sehen, was überhaupt zum Schluss an Handlungsbedarf noch übrig bleibt.
Abschließend kann ich nur noch einmal unterstreichen: Die SPD jedenfalls wird freiwilligen Zahlungen nicht zustimmen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Vielen Dank, Martin Rabanus. – Wir kommen zur letzten Rednerin in dieser Debatte – ich bitte um Aufmerksamkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen –: Das ist Melanie Bernstein für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7414022 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 140 |
Tagesordnungspunkt | Entschädigung der Erbengemeinschaft Hohenzollern |