Marie-Agnes Strack-ZimmermannFDP - Aktuelle Stunde - Schutz von Kommunalpolitikern, Polizei und Rettungskräften
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass Frauen und Männer, die sich in unserem Land politisch engagieren, bedroht und angegriffen werden, ist ein nicht hinnehmbarer Zustand. Ich spreche jetzt auch meine Kollegin Judith Skudelny an, die auch bedroht wurde; wir sprachen gerade darüber. Ob das von links, von rechts, von der Mitte, von hinten oder von vorne kommt, ist egal. Es ist empörend, es ist widerwärtig,
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der AfD)
und dass wir überhaupt gezwungen werden, heute im Bundestag über dieses Phänomen der Respekt- und Distanzlosigkeit zu diskutieren, ist wirklich ernüchternd.
Meine Damen und Herren, Kommunalpolitik – es wurde gesagt; es ist wichtig, das immer zu wiederholen – ist der Stoff, aus dem die wahre Demokratie gemacht wird. Vor der eigenen Türe wird nämlich nicht nur gefegt, sondern es werden die Dinge entschieden, die unmittelbar das Leben der Menschen im Alltäglichen prägen und beeinflussen. Welcher politische Weg der richtige ist, darüber wird gerungen und letztlich demokratisch abgestimmt.
Dies betrifft uns, die wir hier sitzen, die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes und damit den Staat, unsere Kommunalen vor Ort und natürlich auch die Rettungskräfte und die Polizistinnen und Polizisten. Wie bekloppt ist es eigentlich, Leute anzugehen, die ihr Leben einsetzen, um uns zu schützen? Das ist wirklich unglaublich.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)
Wer das macht, der legt die Axt an das soziale Miteinander und an die Wurzel unserer Demokratie. Damit wird die größte Errungenschaft dieser Bundesrepublik Deutschland, nämlich frei von Angst seine Meinung zu äußern und für seine Sache einzustehen, zerstört. Die Angriffe starten oft verbal, meist im Netz, manchmal ganz subtil, und enden immer häufiger, wie wir gerade erleben, in körperlichen Übergriffen, um missliebige Politiker zu verängstigen, sie mundtot zu machen und sie letztlich zu nötigen, sich wieder ins Private, fern vom Allgemeinwohl, zurückzuziehen.
Meine Damen und Herren, wir müssen uns nicht wundern, dass es immer schwieriger wird, engagierte Menschen zu finden, die sich kommunalpolitisch engagierten. Wer soll sich diese respektlosen Anfeindungen noch antun und übrigens auch seiner Familie zumuten?
(Beifall bei der FDP)
Das geht ja so weit, dass kommunalpolitische Mandate in einigen Gemeinden inzwischen schon ausgeschrieben werden müssen. Natürlich ist man als kommunaler Mandatsträger Kritik ausgesetzt. Ich meine, wer damit nicht umgehen kann, sollte ein solches Engagement nicht übernehmen. Salopp gesagt: Wer in die Küche geht, sollte auch Hitze abkönnen. – Aber keine Diskussion rechtfertigt Übergriffe.
Dass betroffene Mandatsträger Waffen tragen – es wurde gerade gesagt – oder sich wünschen, ist natürlich keine Lösung. Wir sind hier nicht im Wilden Westen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Es ist, meine Damen und Herren, die Aufgabe der Polizei, einzuschreiten, wo nötig auch die Aufgabe der Staatsanwaltschaft, Bedrohungen ernst zu nehmen und entsprechend zu ahnden. Leider werden Verfahren bei verbalen Bedrohungen viel zu schnell eingestellt. Sie werden relativiert, und sie werden leider oft verharmlost.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich wende mich an unsere Kollegin Renate Künast. Frau Künast und ich, wir können an vielen Stellen streiten, ganz sicher. Aber die verbalen Ausdrücke, denen Sie ausgesetzt waren, sind unerträglich.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der AfD)
Aber mindestens genauso unerträglich war das Urteil des Berliner Landgerichts. Der Straftatbestand der Beleidigung wurde durch dieses Urteil – bei allem Respekt vor dem Gericht – ad absurdum geführt. Das ist meine Meinung. So geht das nicht.
(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Martin Hohmann [AfD])
Was wir umgehend brauchen, ist eine zentrale Ansprechstelle, an die sich die Betroffenen sofort wenden können, eine Stelle, in der die Bereiche Prävention, Staatsschutz, Strafverfolgung gebündelt sind, damit effektive bereichsübergreifende Maßnahmen ergriffen werden können.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Es macht Sinn, dass § 188 Strafgesetzbuch, der üble Nachrede und Verleumdung unter Strafe stellt, auch bei ehrenamtlich tätigen Politikerinnen und Politikern und nicht nur bei Bundestagsabgeordneten und Landtagsabgeordneten Anwendung findet.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, zum Schluss. Es wurde Zeit, dass wir hier diese Debatte führen, nicht nur weil viele Mitglieder des Deutschen Bundestages ein kommunales Mandat haben. Es wurde Zeit, weil es nicht hinnehmbar ist, dass die Menschen, die anderen helfen – Polizei und Rettungskräfte –, angegriffen werden. Und, meine Damen und Herren, es wird Zeit: Jeder Hetzer, jeder dumpfe Heini in diesem Land und im Netz muss sich klar sein, dass wir alle, losgelöst von der jeweiligen politischen Meinung, so etwas nicht länger dulden und uns gemeinsam entschieden vor unser Wertesystem stellen und es verteidigen. Es ist Zeit, dass der Deutsche Bundestag gemeinsam aufsteht und sich dies nicht mehr gefallen lässt.
(Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)
Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist für die Fraktion Die Linke die Kollegin Petra Pau.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7414042 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 140 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Schutz von Kommunalpolitikern, Polizei und Rettungskräften |