Marc HenrichmannCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Schutz von Kommunalpolitikern, Polizei und Rettungskräften
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Diese Aktuelle Stunde ist ein schöner Anlass, einmal mit denen zu sprechen, die es betrifft, nämlich Kommunalpolitiker, aber auch Rettungskräfte, Polizisten und Feuerwehrleute. Ich habe das in meinem Wahlkreis getan, und letzten Endes bilden sich zwei Handlungsfelder heraus.
Zum einen haben wir – alle wissen das – eine Verrohung der Sprache, fehlenden Respekt und steigende Gewaltbereitschaft zu beklagen. Das ist mehr als eine Prügelattacke. Es geht schon in Facebook-Gruppen los, wenn es nur um Ankündigungen von Blitzerstationen der Polizei geht – entsprechende Beispiele habe ich zuletzt zugespielt und geschickt bekommen –, da heißt es dann: „Die Affen stehen da“, „die Bullen“, „die Schweine“. Was sollte uns das sagen? Vielleicht sollten wir darauf auch einmal ein Auge haben; denn im Kleinen fängt es an.
Zum anderen müssen wir die Frage stellen, ob wir als Gesellschaft insgesamt genug tun, diejenigen, die uns jeden Tag helfen und schützen, nicht alleine zu lassen. Aber der Reihe nach: Ein Rettungsdienst schildert mir, dass auf der A 43 ein Rettungswagen mit Blaulicht auf dem Weg zum Einsatz über viele Kilometer blockiert und ausgebremst wird. Retter der Feuerwehr erzählen mir, dass sie beschimpft und angespuckt werden. Sie wünschen sich nichts mehr als eine zeitnahe und wirkungsvolle, schnelle, effektive Bestrafung. Ein Polizist einer Einsatzhundertschaft erzählt mir, dass Verstöße gegen das Vermummungsverbot nicht verfolgt, Steinwürfe nicht sanktioniert werden. Er beklagt fehlenden Rückhalt – auch politischen – in seinem Bundesland und sagt, es gebe auch in diesem Bereich erhebliche Unterschiede zwischen den Bundesländern. Deswegen ist für den polizeilichen Bereich ganz klar: Wir brauchen ein Musterpolizeigesetz mit gleichen Maßstäben und Rückendeckung für unsere Beamten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Unterstützen wir genug? Wenn wir zurückblicken, sehen wir: Wir haben gesetzlich viel auf den Weg gebracht. Letzten Endes bleibt eines immer der Auftrag: Polizeibeamte, Feuerwehrleute, Sanitäter gehören auf die Straße, nicht an den Schreibtisch. Wir müssen im Hinblick auf Bürokratie und Datenschutz alles im Blick behalten und auch bei Software und anderer technischer Ausstattung schauen, dass wir auf dem neuesten Stand sind. Wir brauchen Anlaufstellen für die Opfer von Übergriffen. Wir brauchen psychologische Betreuung, Fortbildung etc.
Wir müssen aber auch die Familien schützen. Wenn mir berichtet wird, dass Polizeibeamten, nachdem ein Täter wieder auf freien Fuß gesetzt wurde, beispielsweise gesagt wird: „Wir wissen, wo deine Familie wohnt“, oder im Supermarkt Beamten hinterherspioniert wird und der Familie Angst gemacht wird, dann ist das nicht zu dulden. Auch die Dienstherren dieser Beamten, der Rettungskräfte müssen da, wo es möglich ist, konsequent Strafanträge stellen, und die Justiz muss schnell und effektiv urteilen.
Zum Thema Rückendeckung. Diese zu stärken, ist, glaube ich, das Signal, das wir heute mit dieser Aktuellen Stunde senden wollen. Herr Hess, Sie haben eingangs mit dem Blick nach links und dem etwas zugekniffenen rechten Auge gesagt, das alles sei ein linkes Phänomen. Ich habe mir gerade den Spaß gemacht und kurz gegoogelt. Ich habe „Polizei, AfD, Verletzung“ bei Google eingegeben. Der erste Treffer war ein Vorfall vom letzten Sonntag in Dresden: Ein Kabarett wurde gestürmt, Rechtsextreme haben ein Bierglas als Waffe verwendet und „Scheiß Asylanten“ gebrüllt und „Wählt doch die AfD!“ gerufen. Sie glauben, das alles habe nichts mit Ihrer Arbeit hier und der Hetze vonseiten der entsprechenden Zeitungen und Portale zu tun. Ich glaube, schon.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aber es gibt auch die andere Seite. Natürlich haben wir ein Linksextremismusproblem. Schauen wir nach Connewitz. Mir schwillt der Kamm – ich sage das ganz offen –, wenn ich lese, dass von einigen zuerst einmal die Taktik der Polizei infrage gestellt wird. Dann frage ich mich schon: Ist das Rechtsstaat, denjenigen in den Rücken zu fallen, die uns schützen,
(Martin Reichardt [AfD]: Schauen Sie doch mal, wer da regiert! Das ist Ihr Koalitionspartner! Er sitzt da drüben!)
und die bloße Anwesenheit der Polizei als Fehler zu bezeichnen? Ich glaube, auch darüber sollte man schleunigst nachdenken.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf der Abg. Ulla Jelpke [DIE LINKE])
Der Rechtsstaat braucht Sicherheitskräfte. Die meisten kommen ihrer Arbeit mit großer Leidenschaft nach, wie ich in den vielen Zuschriften lesen konnte. Wir brauchen Regeln, die für jedermann gelten. Es ist ein Erfolg der Demokratie in Deutschland, dass jeder, der sie nicht akzeptieren will, rechtliche Einspruchsmöglichkeiten und Klagemöglichkeiten hat. Aber es muss einen gesellschaftlichen Konsens geben, dass es keine gute Gewalt gibt und dass es Gewalt gegen Polizei und Rettungskräfte erst recht nicht geben darf.
Das ist auch eine Aufforderung an die Politik: Wir müssen schützen, wer uns schützt, wer sich für uns mit Leidenschaft einsetzt. Es ist richtig, den Strafrahmen für Übergriffe auf Rettungskräfte zu verschärfen und zu erweitern. Es ist auch richtig, gegen Beleidigungen im Netz vorzugehen. Aber: Ich habe eine dringende Bitte an die Rettungskräfte, an die Feuerwehrleute, an die Polizisten, die mir ihre Erlebnisse erzählt haben: Erzählen Sie Ihre Geschichte bitte auch allen Menschen da draußen. Erzählen Sie es den politischen Vertretern. – Wir müssen dahin kommen, dass wir über solche Vorfälle offen reden, dass niemand schmollt, dass wir miteinander in den Dialog treten. Die Gesprächskultur in diesem Land muss sich wieder ändern, auch in Bezug auf Rettungskräfte.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Vielen Dank. – Letzter Redner in der Aktuellen Stunde ist der Kollege Alois Karl, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7414050 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 140 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Schutz von Kommunalpolitikern, Polizei und Rettungskräften |