16.01.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 140 / Tagesordnungspunkt 15

Jens BeeckFDP - Menschenrecht auf Barrierefreiheit

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Pellmann, zehn Anträge zu zehn Jahren UN-Behindertenrechtskonvention, das hat Charme. Wir teilen viele der Aspekte, die Sie dort aufgeworfen haben. Das gilt insbesondere – Herr Kollege Oellers, das muss man immer wieder betonen – für das inklusive Wahlrecht, das Abgeordnete der FDP-Fraktion, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen die Regierungskoalition haben in Karlsruhe erstreiten müssen,

(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und das gilt insbesondere für die Barrierefreiheit im öffentlichen Personennahverkehr; da sind unsere Anträge ja relativ übereinstimmend.

Was läuft alles falsch, wenn in der viertgrößten Volkswirtschaft der Welt es beim Staatsunternehmen Deutsche Bahn nicht möglich ist, im Rollstuhl von Berlin nach Dresden zu fahren und sicher anzukommen? Was läuft falsch, wenn Mitarbeiter der Deutschen Bahn Reisenden mit Rollstuhl oder mit Kinderwagen in die Wagen helfen, dabei aber nicht versichert sind? Oder eben auch doch. Die Deutsche Bahn weiß es gerade nicht so genau, twittert das jedenfalls sehr unterschiedlich. Und aus welchem Grund gibt eigentlich die Deutsche Bahn, Herr Kollege Oellers, zwar sehr viel Geld aus, aber investiert unter anderem Hunderte Millionen Euro in eine Vielzahl von Doppelstockwagen, die innen so gut wie nicht barrierefrei sind, wo man zum Teil nicht einmal die Toilette im Rollstuhl erreichen kann. Das alles hat nichts mit Umsetzung von Barrierefreiheit zu tun, sondern geht in die falsche Richtung.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Freien Demokraten sprechen sich für barrierefreie Mobilität aus; das haben wir in unserem Antrag formuliert.

Mich – ich hoffe, genauso den Kollegen Aumer, den Kollegen Oellers und die Kollegin Lezius – schmerzt es besonders, wenn wir wissen, dass die unter Schwarz-Gelb im Jahr 2012 beschlossene Regelung, ab dem 1. Januar 2020 Barrierefreiheit vollständig hergestellt zu haben, in der Lebenswirklichkeit reine Illusion ist und wir das mit Sicherheit nicht erreichen werden. Das ist bizarr, und andere Länder lachen darüber, wie weit wir an dieser Stelle eben nicht gekommen sind. Das ist nicht hinnehmbar.

(Beifall bei der FDP)

Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von den Linken, das Antragssammelsurium geht an der Lebenswirklichkeit der Menschen im Moment vorbei. Mit dem Inkrafttreten der Stufe zum 1. Januar 2020 des Bundesteilhabegesetzes haben wir derzeit ganz andere Sorgen. Es wurden so viele Fragen aufgeworfen, dass viele der Betroffenen das Bundesteilhabegesetz liebevoll „Bundestelefonhörergesetz“ nennen; denn so viele ungeklärte Fragen haben einen Riesenverwaltungsaufwand hervorgerufen.

(Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit Inklusion hat beides nichts zu tun!)

Die wirklichen Fragen, die sich derzeit stellen, steuerrechtliche Vorschriften und ein Urteil des Bundesfinanzhofs, die die Inklusionsfirmen an den Rand ihrer Existenzfähigkeit bringen, sind gar nicht adressiert. Die komplizierten Regeln des Bundesteilhabegesetzes, die an der Lebenswirklichkeit vorbeigehen, schaffen Riesenprobleme. Allein hier in Berlin-Pankow sollen über 300 ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer ihre Betreuungstätigkeit aufgegeben haben – hauptberuflicher Ersatz ist kaum zu finden –, weil die Bundesregierung auch die Betreuerinnen und Betreuer in dieser komplizierten Lage alleinlässt. Erste Sozialämter fordern vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtslage von Betreuern Abwesenheitsnachweise, wenn die Betreuten nicht in der Einrichtung sind. Und bis zu 50 000 Seiten Verträge sind neu ausgedruckt worden in einer mittleren Einrichtung mit 500 Bewohnern, um die neuen Vorschriften abzudecken. Das alles ist ein Bürokratiewahnsinn, der den Menschen wenig bringt und der teilweise sogar zu Verschlechterungen geführt hat.

Kümmern wir uns um das –

Herr Kollege.

– Herr Präsident, ich komme zum Ende –, was die Menschen derzeit wirklich bewegt! Setzen wir in der Lebenswirklichkeit durch, was in den Gesetzen steht! Dafür streiten die Freien Demokraten.

Allerletzter Satz: Herr Kollege Dr. Bartke, im Sinne eines Miteinanders herzlichen Glückwunsch zu Ihrem heutigen Geburtstag! Feiern Sie schön! Ab morgen fangen Sie bitte an zu arbeiten.

(Beifall bei der FDP – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort die Kollegin Corinna Rüffer.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7414106
Wahlperiode 19
Sitzung 140
Tagesordnungspunkt Menschenrecht auf Barrierefreiheit
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