17.01.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 141 / Tagesordnungspunkt 17

Jürgen MartensFDP - Strafgesetzbuch - Cybergrooming

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Erläuterung: Das heute zur Abstimmung stehende Gesetzespaket muss eigentlich in zwei Teile zerlegt werden: Das eine ist die Änderung der Strafprozessordnung zum Thema der sogenannten Keuschheitsprüfung, das andere ist die Änderung des materiellen Strafrechts, die Erweiterung der Strafbarkeit beim Cybergrooming auch auf einen sogenannten untauglichen Versuch. Wir alle sind uns einig, dass Kinderpornografie als Dokumentation abscheulicher Straftaten, nämlich gegen das sexuelle Selbstbestimmungsrecht von Kindern, uns auffordert, die Täter mit allen Mitteln des Rechtsstaates zu verfolgen. Daran kann es überhaupt keinen Zweifel geben.

Wir müssen natürlich auch – das ist eigentlich noch wichtiger – alle Chancen ergreifen, solches Verhalten zu verhindern. Frau Högl hat dies bereits erwähnt. Diese Ansätze sind wichtig. Wir halten sie für sehr erfolgversprechend. Sie sollten auf jeden Fall weiterverfolgt werden.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Denn jede Tat, die verhindert wird, macht Strafverfolgung unnötig, und dies verhindert Leid bei den Tatopfern.

Die Änderung der Strafprozessordnung, nach der sich Ermittlungsbehörden unter Verwendung künstlichen, also synthetischen, Materials auf Internetplattformen bewegen können, die als Eintrittskarte die Vorlage von kinderpornografischem Material verlangen, halten wir für eine nicht erfreuliche, aber notwendige Maßnahme, die nicht problemfrei ist. Denn – darauf kommen wir noch – der Staat ist auch bei der Verfolgung von Straftaten an seine Gesetze gebunden. Das macht den Rechtsstaat aus.

(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Genau dieses Problem ist es, das uns als Liberale bei der Frage skeptisch sein lässt, ob die Ausweitung der Strafbarkeit des Cybergroomings auch auf solche Fälle sinnvoll ist, in denen der Betroffene gar keine Rechtsgutverletzung bewirken kann, sondern vielleicht nur meint, er könnte. Hier wird möglicherweise über das Ziel hinausgeschossen, insbesondere wenn man sich vor Augen hält, dass wir als Gesetzgeber gehalten sind, Strafrechtsänderungen als Ultima Ratio zu sehen und nachzuweisen, dass es keine anderen oder milderen Mittel gibt. Ich glaube, das ist hier ein wenig aus den Augen geraten. Natürlich ist es möglich, mit den Mitteln des Polizeirechts solche möglichen Täter zu identifizieren und ihnen klarzumachen: „Wir beobachten dich“,

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

um sie so davon abzuhalten, Taten überhaupt erst zu begehen.

(Beifall bei der FDP)

Schade, dass diese Chance hier nicht ergriffen worden ist. Auch aus den genannten weiteren Erwägungen haben wir Probleme, dieser Änderung des materiellen Strafrechts zuzustimmen. Der Änderung der Strafprozessordnung stimmen wir zu. Bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf insgesamt werden wir uns enthalten.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Niema Movassat, Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7414134
Wahlperiode 19
Sitzung 141
Tagesordnungspunkt Strafgesetzbuch - Cybergrooming
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