17.01.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 141 / Tagesordnungspunkt 19

Alois GerigCDU/CSU - Agrarpolitischer Bericht 2019

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Immer zur Grünen Woche führen wir Agrarpolitiker Gespräche mit Kollegen aus der ganzen Welt. Immer zur Grünen Woche gibt es, ja, auch diese Agrardebatte mit einem gewissen Schlagabtausch. Aber ich stelle mit einiger Freude fest: Die Tonlage gegenüber unseren Bauern hat sich hier quer durch alle Fraktionen, wenn es auch einzelne Ausnahmen gibt, wesentlich verändert. Das ist gut so, und das ist wichtig.

Diese neue Aufmerksamkeit in den Medien, in der Politik und in der ganzen Gesellschaft haben, wenn man fair ist, drei Wörter erzeugt: Land schafft Verbindung. – Gemeinsam haben sich junge, dynamische Bauern – keine Auslaufmodelle, wie sie der Kollege Ostendorff hier bezeichnet hat – zusammengerauft und für ihre Zukunft gekämpft, und sie werden dies auch weiterhin tun. Wir müssen diese Leute sehr ernst nehmen; denn sie haben sehr gute Argumente.

Es ist eine Chance für uns Agrarpolitiker, diesen Schwung aufzugreifen. Reden, ja, ist wichtig. Aber ich sage auch: Wir müssen handeln. Das ist wichtiger denn je; sonst läuft vieles aus dem Ruder.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Und wir brauchen, wenn es nach mir geht, eine einzige Demo für die Bauern und nicht zwei verschiedene, von denen eine gegen die Bauern gerichtet und mit Schuldzuweisungen behaftet ist. Nein, eine Demonstration für einen Berufsstand, der immer schwächer wird und der das Wichtigste macht, was es auf dieser Welt gibt: Mittel zum Leben produzieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zu viel Ordnungspolitik schafft Bürokratie, schafft Frust, schafft verständlicherweise Ärger. Das ist kein Thema ausschließlich zwischen Bauern und Politik; das will ich hier auch ohne Schuldzuweisungen sagen. Wir brauchen Mitspieler. Alle Marktbeteiligten im Handel und alle Menschen draußen in Deutschland müssen ihren Teil dazu beitragen. Mahatma Gandhi hat einen sehr klugen Satz gesagt, den ich zitieren möchte: „Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.“ Das heißt, es hilft gar nichts, am Wochenende für Klimaschutz zu protestieren und Schuldzuweisungen vorzunehmen, wenn man am Montag im Großhandel die billigsten Lebensmittel kauft, die es auf der Welt gibt, und dann beim Rausgehen vielleicht noch drei Tage Flugreise nach Malle bucht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Darüber müssen sich alle Menschen Gedanken machen.

Ich frage auch ganz offen: Brauchen wir Wein aus Chile? Brauchen wir Rindfleisch aus Argentinien? Brauchen wir im Winter Erdbeeren und Spargel aus Übersee? Ökologisch gesehen ist das ein großer Unsinn. Wir brauchen das nicht. Wenn wir das in den Köpfen der Menschen verankern, dann tun wir Gutes.

Herr Gerig.

Ja, bitte.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von der AfD?

(Zurufe von der SPD: Nein!)

Ja.

Danke, Herr Kollege Gerig. – Ich frage Sie: Habe ich eine andere Wahrnehmung, wenn ich jetzt sehe, dass die Bauern einen Sternmarsch machen, dass Traktoren tausendfach nach Berlin kommen, dass heute in Magdeburg und in meiner Heimatstadt Dessau vor dem Umweltbundesamt demonstriert wird, obwohl Sie so eine gute Politik für die Bauern machen?

Ich habe in meiner Rede sehr deutlich gesagt, dass es ihre Unzufriedenheit ist, die unsere Bauern mit ihren Demonstrationen in die Städte und auch nach Berlin trägt. Wir müssen handeln; auch das habe ich in meiner Rede bereits gesagt. Das wissen Sie, wenn Sie mir gut zugehört haben. Gemeinsam erreicht man nur etwas, wenn man miteinander in den Dialog tritt: Handel, Menschen, Politik und Bauern. Dann haben wir eine Chance, diesen immensen Strukturwandel ein Stück weit einzudämmen. Dann haben wir die Chance, den Bauern die Wertschätzung, die sie brauchen und die sie verdienen, zurückzugeben. Dann haben wir eine Chance, dass junge Menschen bereit sind, den Hof der Eltern zu übernehmen. Das ist das, was wir alle wollen: eine flächendeckende Landwirtschaft mit möglichst vielen familiengeführten Betrieben. Die Politik muss und wird ihren Beitrag dazu leisten. Das ist nicht immer einfach; das will ich hier auch überhaupt nicht schönreden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ja, mit dem Griff ins richtige Regal haben die Verbraucher die Chance, für alle etwas zu tun, für die Ökologie und für die Ökonomie unserer Bauern. Marketing ist wichtiger geworden; das ist auch Thema auf der Grünen Woche. Das ist gut so. Da können wir noch viel besser werden. Die Lebensmittelkennzeichnung – unsere Bundesministerin Julia Klöckner hat hart daran gearbeitet – ist ein guter Weg, den Verbrauchern die Chance zu geben, zu sehen, wo die Produkte herkommen. Wir brauchen dabei eine Umsetzung mit Augenmaß; dann haben alle etwas davon.

Lassen Sie uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, zusammenstehen – im Sinne der Erzeugung im eigenen Land. Wir verlieren permanent Marktanteile. Das soll so nicht bleiben. Bei uns gibt es die besten Lebensmittel, die es jemals gegeben hat, und die sichersten dazu. Dass sie so günstig sind, ist okay für die Verbraucher; aber ein paar Cent mehr wären manchmal sehr hilfreich, auch für die Kulturlandschaft in unserem Land, für den Tourismus und alles, was dazugehört. Gemeinsam schaffen wir diese Herausforderungen.

In diesem Sinne: Eine gute Grüne Woche für alle Beteiligten und für Sie alle, liebe Kollegen, ein schönes Wochenende!

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dirk Wiese [SPD])

Vielen Dank. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Deshalb schließe ich die Aussprache.

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7414171
Wahlperiode 19
Sitzung 141
Tagesordnungspunkt Agrarpolitischer Bericht 2019
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