Katja LeikertCDU/CSU - Deutsche EU-Ratspräsidentschaft 2020
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen vor einem europäischen Superjahr. Das neue Jahr hat kaum begonnen, und schon ist klar: Die Welt wartet nicht auf uns Europäer. Wenn wir uns in der Welt umschauen – Iran, Irak, Libyen –, dann wird immer deutlicher, dass wir unsere Rolle in der Welt ausfüllen müssen.
In der zweiten Jahreshälfte wird Deutschland die Ratspräsidentschaft übernehmen. Es ist längst klar: Die Europäische Union ist mehr als ein funktionstüchtiger Binnenmarkt. Deshalb ist es richtig, dass die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihre Kommission ausdrücklich als eine geopolitische Kommission gestalten will. Es geht um Handlungsfähigkeit in einer sehr dynamisch gewordenen Welt. Das ist der richtige Fokus; meine Fraktion unterstützt das.
Die EU-Kommission ist ambitioniert – das hat sie gezeigt – mit dem Green Deal. 50 Einzelmaßnahmen sollen dazu führen, dass die Europäische Union 2050 klimaneutral ist. Wenn wir es richtig angehen, liebe Frau Brantner, dann verstehen wir darin einen Weg hin zu einer echten Wachstumsstrategie. Wir halten nichts von unrealistischen Zielen. In Ihrem Antrag wird ein Reduktionsziel von 65 Prozent bis 2030 festgeschrieben. Das ist nicht mal das, was im Pariser Abkommen steht, und es ist in diesem Sinne ein Alleingang.
(Zuruf der Abg. Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir wollen echte Nachhaltigkeit, liebe Frau Brantner. Das bedeutet für uns, dass wir diese Ziele mit einem vernünftigen Wirtschaften erreichen wollen, mit unserer Technologieführerschaft vereinbaren wollen. Wir wollen weder Wirtschaftswachstum abwürgen noch ganze Gegenden oder Menschen abhängen, die sich eben nicht mal schnell ein E-Auto kaufen können.
(Beifall bei der CDU/CSU – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wollen wir auch nicht!)
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, während unserer Ratspräsidentschaft wird auch die Handelspolitik und auch das Abkommen mit den Mercosur-Staaten eine zentrale Rolle spielen. In Ihrem Antrag verkünden Sie die Ablehnung eines Abkommens, das 20 Jahre lang ausverhandelt wurde. Mit diesem Abkommen hat man es sich nicht leicht gemacht. Auch hier setzt Ihr Antrag auf diesen neuen rigorosen Unilateralismus. Bereits bei TTIP und CETA haben Sie die europäische Handelspolitik immer wieder bekämpft. Wenn wir uns in der Welt umschauen, dann sehen wir: In den nächsten zehn Jahren wird 90 Prozent des Wachstums außerhalb der Europäischen Union generiert.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Toller Erfolg der EU-Politik!)
Wir können uns natürlich davon abkoppeln.
(Dr. Harald Weyel [AfD]: Lissabon-Strategie!)
Es ist aber viel besser, wenn wir weltoffen bleiben. Wir wollen hier keinen neuen Protektionismus.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es ist immer das gleiche Muster: Von Ihrer Seite werden Ängste geschürt und Falschbehauptungen getätigt.
(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Genau!)
Für Sie besteht das ganze Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten aus Soja, Ethanol und Rindfleisch. Dazu möchte ich Ihnen mal einige Informationen mit auf den Weg geben. Bei Ethanol sprechen wir von 2 bis 3 Prozent der gesamten brasilianischen Produktion, die in die Europäische Union importiert werden. Bei Rindfleisch sind es gerade einmal 1,2 Prozent des europäischen Rindfleischkonsums, der zollvergünstigt in die EU eingeführt würde. Dieses Fleisch wird schon jetzt eingeführt. Das heißt, es würde nicht mehr eingeführt, sondern die Einfuhr wäre an dieser Stelle einfach nur zollvergünstigt. Beim Thema Soja beißen Sie sich immer wieder fest. Soja kommt in dem Mercosur-Abkommen überhaupt nicht vor. Dafür gibt es gar keine Zollquoten, keine Zollsätze, weil sie bereits heute bei null liegen. Das heißt, viele Ihrer Punkte haben gar nichts mit dem Mercosur-Abkommen zu tun.
Es ist vielmehr so: Es ist das erste Abkommen, das die Mercosur-Staaten mit der Europäischen Union schließen, mit hohen Standards, die wir in diesem Abkommen voraussetzen. Das Handelsabkommen beinhaltet ganz explizit ein Nachhaltigkeitskapitel zu Sozial- und Umweltstandards.
(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht sanktionsfähig!)
Es regelt ganz explizit Umsetzungsfragen des Pariser Abkommens zum Klimaschutz, auch zum Kampf gegen illegale Abholzung. Es hat rechtliche Bindungswirkung. Wenn Sie also ganz konkret Brasilien unter Präsident Bolsonaro an das Pariser Abkommen binden wollen, dann ist das beste Mittel dazu ein solches Handelsabkommen. Wenn Sie internationale Stabilität, Multilateralismus, regelbasierten Handel wollen und wenn die Europäische Union ein einflussreicher Akteur sein möchte, dann brauchen wir genau solche Abkommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist so, wie ich es zu Beginn gesagt habe: Die Welt wartet nicht auf die Europäische Union. Nutzen wir unsere Ratspräsidentschaft für kluge Entscheidungen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7414176 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 141 |
Tagesordnungspunkt | Deutsche EU-Ratspräsidentschaft 2020 |