17.01.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 141 / Tagesordnungspunkt 20

Konstantin KuhleFDP - Deutsche EU-Ratspräsidentschaft 2020

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte 2020 darf den Deutschen Bundestag nicht kaltlassen. Vielmehr muss die Bundesregierung hier über ihre Prioritäten informieren, und dann müssen die Abgeordneten, die Vertreterinnen und Vertreter, über die Prioritäten der deutschen EU-Ratspräsidentschaft miteinander debattieren. Deswegen unternehmen die Grünen den verdienstvollen Versuch, hier über verschiedene Prioritäten der deutschen EU-Ratspräsidentschaft zu diskutieren.

(Beifall der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Man muss allerdings sagen, dass dieser Versuch nur in Teilen gelingt und in Teilen leider ein bisschen nach hinten losgeht; denn man kann diesem Antrag ansehen, wie er zustande gekommen ist. Da durfte wahrscheinlich jede Arbeitsgruppe, jeder Arbeitskreis in der Grünenfraktion zuliefern,

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Falsch!)

und am Ende ist dabei ein umfangreiches, 16-seitiges Papier mit vielen Dopplungen herausgekommen, mit viel Klein-Klein, mit vielen Aspekten, die so scheinen, als gebe es keine große Linie. Da muss man ganz klar sagen: Darauf können die Prioritäten der deutschen EU-Ratspräsidentschaft jedenfalls nicht aufgebaut sein.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Meine Damen und Herren, wir müssen uns schon vergegenwärtigen, in welcher existenziellen Krise sich die Europäische Union befindet. Sie erwähnen den Brexit mit keinem Wort.

(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht! Haben Sie nicht gelesen? Steht drin! Sogar als Erstes!)

Sie erwähnen die institutionellen Reformen der Europäischen Union mit keinem Wort. Auch die Diskussion über eine Weiterentwicklung der europäischen Institutionen werden nur am Rande gestriffen. Wir müssen uns immer vergegenwärtigen, dass die letzte Reform der europäischen Verträge über zehn Jahre her ist. Vor der Diskussion über den Klimawandel in dieser Form, vor der Migrationskrise, vor der Wirtschafts- und Finanzkrise sind die europäischen Verträge das letzte Mal angefasst worden. Deswegen braucht die Europäische Union bei der deutschen Ratspräsidentschaft klare Prioritäten.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Wenn wir über das Thema „mittelfristige Finanzplanung“ sprechen, dann vermissen wir in Ihrem Antrag ganz klar das Kriterium, worum es beim MFR eigentlich gehen soll. Das muss der europäische Mehrwert sein. Wenn es einen Sinn macht, dass die Europäische Union tätig wird, dann macht es auch Sinn, dafür Geld – und zwar auch mehr Geld – auszugeben. Wenn die Europäische Union aber keinen Mehrwert bringt, dann muss sie auch nicht tätig werden und braucht dafür auch keine finanziellen Mittel. Dieses Kriterium geht Ihrem Antrag völlig ab, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben es inhaltlich definiert! Klimaschutz! Digitalisierung!)

Der europäische Mehrwert wäre übrigens gerade im Bereich der Sicherheitspolitik, im Bereich der Migrationspolitik zu suchen. Es ist Ihnen nicht mal wert, aus dem Bereich der Migrationspolitik, der ein weiterer Schwerpunkt der deutschen EU-Ratspräsidentschaft sein sollte, einen eigenen Unterpunkt zu machen. Sie stellen fünf Unterpunkte dar; Migration ist keiner davon. Ich glaube, Sie unterschätzen, zu welchen Zerwürfnissen die Migrationspolitik in Europa geführt hat. Die Migrationspolitik muss ein Schwerpunkt der deutschen Ratspräsidentschaft und übrigens auch der Kommissionspräsidentschaft von Ursula von der Leyen sein. Wer sich mit den Stimmen aus Osteuropa wählen lässt, der muss es auch hinkriegen, ein Konzept zur Migrationspolitik auf den Tisch zu legen, das alle Stimmen miteinander vereinbart, auch die der Kolleginnen und Kollegen aus Osteuropa.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Was außerdem zu kurz kommt, ist das Thema Klimapolitik. Hier werden einige Punkte angesprochen, darunter sehr viel Sektorspezifisches. Aber Sie vermeiden völlig den Einstieg in einen europäischen Emissionshandel. Was im Bereich der Bürgerrechte zu kurz kommt, ist das Thema „digitale Freiheit“. Hier wird über Innovation gesprochen; aber die digitale Freiheit im Netz kommt so gut wie nicht vor.

Deswegen ist dieser Antrag bestenfalls eine erste Grundlage. Wir warten nun ab, was von der Bundesregierung kommt, und freuen uns auf die Diskussionen im Ausschuss.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sind wir jetzt gespannt auf Herrn Lindners Antrag! – Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir warten Ihren Antrag ab! – Gegenruf des Abg. Konstantin Kuhle [FDP]: Machen wir! – Gegenruf der Abg. Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nee, nee! Den von Herrn Lindner wollen wir sehen!)

Das Wort hat die Kollegin Katrin Staffler für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7414185
Wahlperiode 19
Sitzung 141
Tagesordnungspunkt Deutsche EU-Ratspräsidentschaft 2020
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