Katrin StafflerCDU/CSU - Deutsche EU-Ratspräsidentschaft 2020
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon angeklungen in der Debatte: Um den vorliegenden Antrag zu lesen, hat man durchaus ein wenig Zeit mitbringen müssen. Der ist ja durchaus umfangreich: von Klimaschutz über soziale Themen, Digitalisierung, Finanzen bis hin zu Demokratie und Menschenrechten. Das ist praktisch ein wild zusammengewürfeltes Potpourri aus unterschiedlichsten Themen. Aber um ehrlich zu sein: Allein die Masse macht jetzt auch kein gutes Programm für eine Ratspräsidentschaft.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deswegen steht da Qualität drin!)
– Regen Sie sich nicht auf.
Was das Ziel angeht, sind wir uns ja einig, nämlich dass durch die deutsche Ratspräsidentschaft neuer Elan in der Europäischen Union entfacht werden soll, sodass jede Europäerin und jeder Europäer merkt: Ja, die EU ist handlungsfähig, und ja, sie will auch handeln.
Genau das ist doch die richtige Botschaft. Europa muss die großen Themen jetzt anpacken, und Europa packt diese Themen an. Dabei halte ich es für wichtig, dass wir mit der Umsetzung zeigen, dass die Europäische Union als Ganzes Vorteile für die Bürgerinnen und Bürger in Europa bringt. Ich glaube, dass die deutsche Ratspräsidentschaft durchaus eine Art Brückenbauer sein kann, um das Verständnis für die Union und die Sichtbarkeit der Union bei den Bürgerinnen und Bürgern zu verbessern. Deswegen müssen wir in unserer Präsidentschaft auch all diejenigen Themen in den Blick nehmen, die die Menschen bewegen, die die Menschen umtreiben und für die wir deshalb auch Lösungen finden müssen.
Den einen oder anderen Ansatz dafür liefern Sie ja tatsächlich in Ihrem Antrag. Sie schreiben zum Beispiel, dass die Union als innovativer, kreativer, chancengerechter und forschender Kontinent bestehen muss. Richtig. Aber ehrlich gesagt, auch nichts Neues. Wir haben heute schon zahlreiche gute Programme, die dieses Ziel in den Blick nehmen. Denken wir zum Beispiel an „Horizon Europe“, also das Nachfolgeprogramm von Horizon 2020. Das ist voraussichtlich eines der größten Förderprogramme für Forschung und Innovation weltweit. Wenn man sich die Inhalte dieses Programms anschaut, sieht man, dass es sich wirklich an den gesellschaftlichen Fragestellungen wie zum Beispiel Gesundheit, Umwelt, Verkehr orientiert. Das sind alles Themen, die die Menschen bewegen und die in diesem Programm enthalten sind.
Denken wir zum Beispiel an Erasmus und das Nachfolgeprogramm Erasmus+, EU-Förderprogramme für allgemeine und berufliche Bildung. All das sind Programme, die sehr gut sind, die einerseits die Forschungslandschaft der EU in die Zukunft führen und andererseits die EU näher zu den Menschen bringen werden. So weit, so gut.
Jetzt komme ich zum Kernthema Ihres Antrags, dem Klimaschutz. Der Klimawandel ist eine globale Herausforderung. Die Antwort auf die Frage, wie wir dem Klimawandel entgegentreten, wird auch von anderen Ländern und auf anderen Kontinenten ziemlich genau beobachtet. Deswegen haben wir als Europäer hier auch eine große Verantwortung. Die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen – das ist angesprochen worden – hat ihren Vorschlag vorgelegt, den Green Deal. Damit soll die Klimaneutralität bis 2050 erreicht werden. Aber Klimaneutralität darf halt auch nicht das einzige Ziel werden, was wir erreichen wollen. Der Deal muss auch wirtschaftlich erfolgreich sein, und natürlich müssen wir in Deutschland als Industrie- und Handelsnation auch darauf achten, dass dieser Deal nicht zu einem schlechten Deal für uns wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, beim Klimaschutz müssen wir eine Politik machen, die Ökonomie und Ökologie, Prosperität und Nachhaltigkeit, sozialen Ausgleich und ökologischen Fortschritt zusammen denkt und auch zusammen macht. Jetzt kommen Sie in Ihrem Antrag zu der Quintessenz, dass die deutsche Ratspräsidentschaft eine Klimapräsidentschaft werden soll.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
Ja, sicherlich wird es wahrscheinlich auch eine Klimapräsidentschaft werden. Aber das ist doch nicht das einzige Thema, das relevant ist in dieser Frage.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], an die CDU/CSU gewandt: War das jetzt zu viel oder zu wenig für euch?)
Beispielsweise plant die Europäische Kommission, einen neuen Anlauf zu einem europäischen Asylsystem zu nehmen. Da gibt es Vorschläge aus dem Bundesinnenministerium, die zu einer möglichen EU-Asylreform führen können und die dafür eine gute Basis sind.
Aller Voraussicht nach – wir haben es schon gehört – werden auch der Abschluss der schwierigen Verhandlungen zum MFR in unsere Ratspräsidentschaft fallen und natürlich auch die Abschlüsse der Verhandlungen zu den zukünftigen Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union. Mit alldem werden wir in unserer Ratspräsidentschaft auch zu tun haben.
Wie Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, können wir aus der Ratspräsidentschaft vieles machen: Wir können eine Asylreform-Präsidentschaft daraus machen, eine MFR-Präsidentschaft, eine Forschungs- und Innovationspräsidentschaft. Wir können daraus eine Erweiterungspräsidentschaft machen. Mir würde noch ziemlich viel einfallen. Wir können es aber auch ambitioniert machen. Wir können aus dieser deutschen Ratspräsidentschaft auch eine Zukunftspräsidentschaft machen.
(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
Eines ist auf jeden Fall sicher: dass wir in der deutschen Ratspräsidentschaft thematisch ausgewogen sein werden. Wir werden alle relevanten Themen abdecken, und es wird kein Thema zu kurz kommen. Insofern bin ich überzeugt davon, dass es eine gute Präsidentschaft wird, und freue mich auf das zweite Halbjahr 2020.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das Wort hat der Kollege Dr. Diether Dehm für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7414186 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 141 |
Tagesordnungspunkt | Deutsche EU-Ratspräsidentschaft 2020 |