Kay GottschalkAfD - Cum/Ex-Steuerskandal
Sehr verehrte Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Gäste und Zuschauer! Es ist schon ein starkes Stück, Herr Güntzler, dass Sie das alles hier mal so eben wegwischen. Ich muss Frau Paus zustimmen.
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Oh, oh!)
– Das kommt vor. Wir sind auch da sehr realistisch. Ich muss da wirklich zustimmen.
Wenn Sie hier sagen: „Das ist seit 2018 alles ausgestanden“, dann zitiere ich einfach einmal mit Erlaubnis der Präsidentin den Herrn Zickler, der den angesprochenen Prozess führt. Auch Frau Lambrecht, die vorher bei uns im Finanzausschuss zu Hause war und jetzt das Justizministerium führt, seien die Worte von Herrn Zickler einmal genannt. Der Wortlaut der entsprechenden Gesetze, so sagt er nämlich, verbiete eine andere Auslegung – es geht hier um die Verjährungsfrage –, die Strafgerichte seien gehalten, den Gesetzgeber beim Wort zu nehmen. Ihn zu korrigieren, sei ihm verwehrt, schreibt der BGH-Richter. Die Problematik sei bekannt, hieß es gestern auf Anfrage aus dem Bundesjustizministerium. Derzeit werde geprüft, ob gesetzgeberischer Handlungsbedarf bestehe.
Wenn nun dieser 1000 Seiten starke Bericht vorliegt, Herr Güntzler, wenn diese ganzen Tatbestände seit Jahrzehnten offen auf dem Tisch des Hauses liegen, dann bleibe ich bei meiner Behauptung: Das ist schon vom Finanzministerium oder vom Justizministerium begleiteter Steuerbetrug.
(Beifall bei der AfD)
Ich komme aber nun zum eigentlichen Teil. Sie können das doch nicht wegwischen. Cum/Ex, Cum/Cum, Cum-Fake, die Geschäfte, um die es geht, entstammen einer Familie. „ Mein Name ist Hase“ hilft an dieser Stelle nichts. Sie haben hier ganz nonchalant gesagt: Den Schaden können wir nicht beziffern. – Da muss ich sagen: Nur bei diesem einen Prozess in Frankfurt stehen über 400 Millionen Euro in Rede. Ich glaube, da werden noch viel, viel mehr auftauchen.
(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Sind die auch ausgezahlt?)
Auf der anderen Seite sind Sie als Union nicht in der Lage, alle Menschen hier vom Solidaritätszuschlag zu befreien.
(Beifall bei der AfD)
Da sollten Sie sich vielleicht einmal Fragen stellen, wenn Sie sich hierhinstellen und so überheblich sagen, das sei nur gering.
Wenn ich dann zu den Sozialabgaben komme, die auch aufgebracht werden müssen, weil solche Steuerhinterziehungen in großem Stile möglich sind, dann sage ich ganz einfach: Wir haben immerhin die zweitgrößten Steuereinnahmen und Sozialabgaben. Die Belgier liegen noch vor uns. Aber die gehen dann auch mit 60 in Rente und nicht, wie von Ihnen hier in Deutschland diskutiert, mit 70.
(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Wann kommt das Rentenkonzept der AfD?)
– Ja, das wird im April kommen. Darauf können Sie sich vorbereiten.
(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sind wir sehr gespannt! – Martin Reichardt [AfD], an die CDU/CSU gewandt: Ihr habt doch selber kein Konzept! Wo ist denn eures?)
Meine Damen und Herren, Sie schauen also wirklich seit Jahrzehnten zu, wie massenhaft Steuern hinterzogen werden, und lassen auf der anderen Seite den Verlust von Milliarden und Abermilliarden bei diesem Spielchen einfach zu. Genaue Zahlen können oder wollen Sie nicht vorlegen. Die Wahrheit könnte ja auch wehtun.
Wir als AfD begrüßen daher sehr, dass das Thema Cum/Ex noch einmal ausführlich im Finanzausschuss besprochen wird. Ich glaube, Herr Güntzler, das wird nicht das letzte Mal sein, so wie Sie sich in dieser Affäre anstellen. Trotz Untersuchungsausschuss und trotz eines immerhin über 1000 Seiten starken Berichts kommen immer noch viele, viele Fragen ans Tageslicht.
Offene Fragen – das muss ich sagen – gibt es allerdings auch beim Antrag der Grünen. Ich habe da auch schon bessere Anträge gesehen, aber auch schon schlechtere.
(Dr. h. c. [Univ Kyiv] Hans Michelbach [CDU/CSU]: Die der AfD!)
Auch hier zitiere ich mit Erlaubnis der Präsidentin eine Forderung, nämlich:
eine mit europaweiten Ermittlungsbefugnissen ausgestattete Behörde zu schaffen, die europaweit organisierte Kriminalität bekämpft …
Hier sind wir auf die Diskussion gespannt, vor allem auf Ihre Argumente; denn wie Sie sicherlich wissen, sind wir an diesem Punkte sehr skeptisch. Wir sollten hier im Hohen Hause erst einmal vor der eigenen Tür kehren – ich glaube, das ist belegt –, bevor wir nationale Hausaufgaben auf die internationale Ebene schieben.
Es treten weitere Fragen unter Punkt 7 auf. Ich zitiere nochmals eine Forderung:
die Steuerzuständigkeit für große Konzerne und reiche Bürgerinnen und Bürger von den Ländern auf den Bund zu übertragen, für eine bessere Vernetzung ... innerhalb der zuständigen Behörden ...
Hier bin ich insbesondere darauf gespannt: Wer sind denn diese „großen Konzerne“? Wer sind die „reichen Bürger“? Meine Damen und Herren, das klingt mir schon wieder ein wenig nach Klassenkampf. An dieser Stelle machen wir als AfD allerdings nicht mit.
(Beifall bei der AfD)
Der Einrichtung einer Einsatzgruppe beim Bundeszentralamt für Steuern könnte ich aber sehr wohl etwas abgewinnen. Das ist ein sehr vernünftiger Vorschlag.
Zum Antrag der Linken kann und will ich nichts sagen; denn wer einem Antrag noch nicht einmal eine Begründung beifügen kann, meine sehr verehrten Kollegen von der Linken, den kann ich in Gänze wirklich nicht ernst nehmen. Sie nehmen es bei uns auch so genau.
Aber am Ende des Tages – würde ich mir wünschen – werden wir im Finanzausschuss vielleicht wirklich einmal ermitteln: Waren es 6, waren es 12, waren es 30 Milliarden Euro – wer bietet am Ende vielleicht mehr? –, die aus dem Staatssäckel, also Ihnen, verehrte Bürgerinnen und Bürger,
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Uns auch!)
gestohlen wurden und dann vielleicht bei der Abschaffung des Solidaritätszuschlages fehlen?
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Nächster Redner in der Debatte: Michael Schrodi für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7424576 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 142 |
Tagesordnungspunkt | Cum/Ex-Steuerskandal |