30.01.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 143 / Zusatzpunkt 5

Michael KufferCDU/CSU - Wiedergutmachung im Staatsangehörigkeitsrecht

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Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Dieser Tage befinden wir uns in Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. Das NS-Regime hat unaussprechliches Leid über die Menschheit gebracht. Es hat verfolgt, entrechtet, gemordet. Die Gedenkstunde in dieser Woche hat uns dieses Verbrechen wieder einmal in aller Deutlichkeit vor Augen geführt. Wir sind uns jeden Tag der Verantwortung bewusst, dafür Sorge zu tragen, dass sich das Geschehene nicht wiederholt, dass es nicht in Vergessenheit gerät und, ja, dass den Betroffenen Wiedergutmachung zuteilwird. Diese Verantwortung leitet uns; sie leitet uns in den verschiedenen Bereichen unserer Arbeit und natürlich auch in diesem Fall.

Ich möchte Ihnen als Berichterstatter der Unionsfraktion für das Staatsangehörigkeitsrecht im Namen der ganzen Fraktion in aller Deutlichkeit sagen: Deutschland muss und wird seiner historischen Verantwortung gegenüber denjenigen gerecht werden, die als Nachfahren deutscher Verfolgter des NS-Regimes staatsangehörigkeitsrechtliche Nachteile und zum Teil himmelschreiendes staatsangehörigkeitsrechtliches Unrecht erlitten haben. Das steht außer Frage. Das gilt auch und besonders für Menschen, deren Eltern oder Großeltern aus Deutschland flüchten mussten.

Da es in der Vergangenheit Fälle gab, in denen nicht alle Betroffenen – es sind ja hier eine Reihe von Fällen aus der Praxis genannt worden – von der in Artikel 116 Absatz 2 Grundgesetz vorgesehenen Regelung umfasst wurden, wonach frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 durch NS-Unrecht die Staatsangehörigkeit entzogen wurde, auf Antrag wieder einzubürgern sind, hat das Bundesinnenministerium bereits im August vergangenen Jahres mittels einer Erlassregelung eine Regelung geschaffen, um den Betroffenen schnell, unmittelbar geltend und vor allem unbürokratisch helfen zu können. Der Bedarf war unstrittig; er wurde erkannt, und er wurde aus unserer Sicht behoben.

Nun ist eine Debatte um die rechtstechnische Umsetzung dieser Lösung – Erlass oder Gesetz? – entstanden. Ich will noch mal sagen: Im Hinblick auf die inhaltlichen Folgen ist klar – das haben uns auch die Experten in der Anhörung im Oktober vergangenen Jahres so bestätigt –, dass dies keine Frage der Rechtsstellung ist. Die Rechtsstellung der Betroffenen, die die notwendigen Voraussetzungen erfüllen, wird durch die Frage „Erlass oder Gesetz?“ in keiner Weise berührt.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht doch um ein politisches Signal!)

Im Gegenteil: Dazu bietet die Verwaltungsvorschrift Flexibilität, konkrete Fallkonstellationen zu formulieren, und schafft dadurch aus unserer Sicht letztlich mehr Rechtssicherheit. Wenn hier immer wieder davon gesprochen wird, dass ein Gesetz eine höhere Rechtssicherheit schafft, weil man Verwaltungsregelungen jederzeit wieder zurücknehmen kann, dann kann ich nur noch mal an das erinnern, was Kollege Middelberg hier vorgetragen hat: Sie übersehen dabei den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung. In den Fällen, in denen das Ermessen auf null reduziert wird, ist eine stabile Bindung an diese Regelung gegeben.

Es ist ebenfalls zu Recht darauf hingewiesen worden, dass, wenn wir jetzt einen unbestimmten Rechtsbegriff einführen, indem wir ein Wiedergutmachungsinteresse als Tatbestandsvoraussetzung normieren, dieser ganze Bereich natürlich von den Verwaltungsgerichten ausgelegt werden müsste. Die nähere Ausgestaltung müsste trotzdem in einer Rechtsverordnung erfolgen. Insofern glauben wir, dass durch eine gesetzliche Regelung anstelle des Status quo keine Verbesserung erreicht werden würde, sondern eher eine Verzögerung und vielleicht auch zunächst eine Erschwerung. Insofern sind wir der Meinung, dass hier kein Regelungsbedarf besteht.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Wort hat Dr. Lars Castellucci für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7424671
Wahlperiode 19
Sitzung 143
Tagesordnungspunkt Wiedergutmachung im Staatsangehörigkeitsrecht
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