Lothar BindingSPD - Aktien- und Europäische Finanztransaktionsteuer
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lisa Paus hat die Geschichte der Finanztransaktionsteuer schön geschildert. Wenn man Attac noch mit dazunimmt, ist es sogar eine 20-jährige Geschichte. Du hast gesagt, Scholz hätte die Möglichkeit gehabt, das Projekt zu beerdigen oder ein ganz neues Projekt im großen Stil aufzulegen. Nur hast du vergessen, die dritte Alternative zu erwähnen: Weil es manchmal total wichtig ist, einen Fuß in die Tür zu bekommen, ist ein erster Schritt, wenn er in die richtige Richtung geht – oft ist der erste Schritt der schwierigste –, etwas sehr Gutes, auch wenn er klein sein mag.
(Beifall bei der SPD)
Ich glaube, Frau Stark-Watzinger, über eine Sache müssen wir noch mal reden: Sie nutzen oft den Begriff „Mitte der Gesellschaft“. Jetzt frage ich mich, wo Sie diese Mitte ansiedeln.
(Zuruf der Abg. Bettina Stark-Watzinger [FDP])
Alles, was Sie in Ihrem Antrag schreiben – da steht es zehnmal drin –, dreht sich um Kleinanleger, Kleinaktionäre, Jedermannssteuer. Jetzt frage ich mich, ob nicht Folgendes wahr ist: Die meisten kleinen Leute haben ein Sparbuch
(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Das ist schlecht!)
und kein Aktiendepot. – Ich glaube, das ist die Wahrheit.
(Zuruf des Abg. Dr. Florian Toncar [FDP])
Also denken Sie bei der Mitte der Gesellschaft an die obersten 10 Prozent der Einkommen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Sie haben sich dann noch gewundert, dass die Steuer der Einnahmeseite des Staates dient.
(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Nein, gewundert nicht!)
Da war ich froh, dass Antje Tillmann Ihnen erklärt hat: Es ist die traditionelle Aufgabe von Steuern, die Einnahmeseite des Staates zu bedienen. – Vorhin hat jemand gesagt, wir bäten die Leute zur Kasse. Ganz klar: Wir bitten alle zur Kasse, und alle bekommen alles wieder zurück.
(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Oh!)
– Ja! – Das ist die Idee der Steuer. Es gibt ja keine Steuereinnahmen, die nicht wieder ausgegeben werden. Ja gut, unseren Lohn ziehen wir ab – das stimmt –; aber ansonsten ist es so.
Laut der „Rheinischen Post“ hat das Kieler Institut für Weltwirtschaft, nicht direkt ein SPD-Institut – das ist schon richtig –, gesagt: Nicht der Kleinanleger, sondern der Großanleger
(Zuruf von der SPD: Ah!)
trägt die Hauptlast.
(Zuruf der Abg. Bettina Stark-Watzinger [FDP])
Das ist auch die Wahrheit. Beauftragt hat dieses Gutachten übrigens ein CSU-Minister, Gerd Müller. Die Forscher unterstützen die Einführung der Finanztransaktionsteuer, weil die meisten Anlagen in die von dieser Steuer betroffenen Papiere von Großinvestoren kommen,
(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Wer gibt ihnen das Geld?)
von Investoren aus dem Ausland, zum Beispiel von privaten US-Fonds – da können wir ruhig eine kleine Steuer nehmen;
(Beifall bei der SPD – Zurufe von der FDP)
von der Krise wurde ja vorhin schon gesprochen – oder von Staatsfonds. Und wie kommt das? Weil diese die meisten DAX-Aktien halten oder handeln. Das zitiert die „Rheinische Post“ aus diesem Gutachten.
Insofern ist klar: Dass es bei der Finanztransaktionsteuer um Privathaushalte und Kleinanleger geht, ist, offen gestanden, nur bei einer von der FDP erfundenen Finanztransaktionsteuer so. Das trifft aber nicht auf die Steuer zu, die wir im Moment planen einzuführen.
(Beifall bei der SPD)
Übrigens, eine Aktiensteuer ist international und historisch bewährt.
(Zuruf der Abg. Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Als Stempelsteuer!)
– Ja, Stempelsteuern gibt es schon einige Hundert Jahre. – Da können wir gleich weitermachen: Belgien hat eine Börsenumsatzsteuer, Finnland eine Kapitalverkehrsteuer, Frankreich eine Finanztransaktionsteuer, Irland eine Stempelsteuer, Italien eine Finanztransaktionsteuer usf. Ringsum sind wir von Ländern mit Steuern dieser Art umgeben.
Kurz noch etwas zum Hochfrequenzhandel – ich will die eine fachliche Information noch geben –: Die Idee von Olaf Scholz ist, sich an Frankreich anzulehnen. Da ist es so, dass die Scheinorder im Hochfrequenzhandel extra besteuert werden. Die Scheinorder sollen eingestellt werden.
Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.
Das dämmt schon einen großen Teil des Hochfrequenzhandels ein. Sie sehen: Das ist eine tolle Idee, und Ihre Kritik geht leer.
Schönen Dank.
(Beifall bei der SPD)
So interessant Ihre Ausführungen sind: Vielen Dank, dass Sie zum Ende gekommen sind, Herr Binding. – Damit schließe ich die Aussprache.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7424764 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 143 |
Tagesordnungspunkt | Aktien- und Europäische Finanztransaktionsteuer |