31.01.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 144 / Tagesordnungspunkt 20

Frank Müller-RosentrittFDP - Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Außenminister Heiko Maas! Liebe Gäste! Da, wo schwierige Verhandlungen stocken oder gar zu scheitern drohen, wo Konflikte die Diplomatie ausbremsen, lässt die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik Dialogfenster offen. Wir werben durch sie weltweit für Werte wie Demokratie, Freiheit und Menschenrechte.

Das kommende Jahrzehnt wird von einer Konfrontation der Gesellschaftssysteme gekennzeichnet sein. Wenn autokratische Staaten massiv versuchen, ihre Narrative zu verbreiten, sollten wir erst recht nicht nachlassen. Zeigen wir: Wir alle sind die Ansprechpartner, die für Freiheit und für diejenigen aufstehen, in deren Ländern die Freiheit bedroht ist, wie etwa in Hongkong, in Taiwan, dem Libanon, im Iran oder auch in Russland, um nur einige zu nennen.

(Beifall bei der FDP)

Die uns vorliegenden Berichte der Bundesregierung zeigen es: Die Auswärtige Kulturpolitik wandelt sich. Themen wie Fake News, Flucht, Frauenrechte, LGBTIQ-Rechte, Freiheit, Unfreiheit und auch der Klimawandel stellen uns vor neue Herausforderungen. Deswegen sollten wir in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik auch deutlich visionärer denken.

Wenn wir notwendigerweise in Europa über eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik nachdenken, plädiere ich entschieden dafür – da schließe ich mich gerne Heiko Maas an –, künftig die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik viel mehr unter ein europäisches Dach zu stellen. Die ausgezeichnete Kooperation des Goethe-Instituts mit dem Institut Français ist doch wirklich vorbildlich.

Wenn ich von einem gemeinsamen Dach spreche, meine ich keine Vereinheitlichung, sondern im Gegenteil: Ich denke dabei an unseren europäischen Leitspruch „in varietate concordia“, „in Vielfalt geeint“. Man stelle sich vor, wie großartig es wäre, wenn ein junger Mensch in Mumbai die Türen zu einem europäischen Institut öffnen und durch selbiges hindurchschreiten würde und Frankreich, Deutschland, Tschechien, Dänemark zugleich besuchen und damit Europa als echten Kontinent der vielfältigen Chancen erleben könnte – Chancen auch für diejenigen, deren Rechte in ihrem Land immer weiter eingeschränkt werden.

Wir begrüßen deshalb ausdrücklich, dass wir mit der Philipp-Schwartz- oder der Martin-Roth-Initiative eine helfende Hand für die Wissenschaftler und Journalisten ausgestreckt haben, die von zunehmender politischer Repression in ihren Ländern bedroht werden. Wir sollten aber unbedingt – da bin ich sehr froh über die Signale, die aus dem Auswärtigen Amt kommen – zukünftig auch Menschenrechtsaktivisten entsprechend unterstützen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Ziel der AKBP ist es, im Ausland maximal Leidenschaft für Deutschland zu wecken. Doch spätestens beim Versuch, in Deutschland zu studieren oder eine Arbeit aufzunehmen, sinkt die Lust auf Deutschland meist ganz dramatisch. Es darf nicht sein, dass hochmotivierte Menschen, die nach Deutschland kommen wollen, in einigen unserer Auslandsvertretungen ein Dreivierteljahr auf einen Termin in der Visumsstelle warten und schlimmstenfalls noch einmal so lange bis zur Visumsentscheidung. Liebe Kollegen, das Ausstellen eines Visums darf nicht fast so lange dauern wie ein Bachelorstudiengang in Deutschland.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Andere Länder machen das an einem Tag. Das ist Benchmark; daran sollten wir uns orientieren.

Wenn wir uns als Innovation Nation im Ausland präsentieren wollen, muss das auch vor Ort erlebbar sein. Mit digitalen Angeboten erreichen wir in der AKBP auch Menschen, die wir sonst nie erreichen würden. Die Anzahl der im Ausland Deutsch Lernenden wäre auch unendlich skalierbar.

Meine Damen und Herren, abschließend ein Thema, das mir ganz besonders am Herzen liegt: Das ist der Jugendaustausch. Wie prägend war für viele Menschen im Westdeutschland der Nachkriegszeit der Kontakt mit jungen Franzosen. Angesichts der aktuellen Herausforderungen des offener zutage tretenden Antisemitismus ist es von herausragender Bedeutung, den Austausch mit Israel zu stärken. Viel mehr junge Deutsche, auch Menschen, die hierher geflohen sind, sollten die Chance haben, den Hort der Freiheit am Mittelmeer zu besuchen. Ich denke, nach der Wahl in Israel wird es sicherlich eine neue Basis für gemeinsame Regierungsverhandlungen für ein deutsch-israelisches Jugendwerk geben.

(Beifall bei der FDP)

Die Freien Demokraten lehnen heute als Oppositionsfraktion den Antrag der Koalitionsfraktionen nicht ab, aber wir können ihm auch nicht uneingeschränkt zustimmen. Deshalb werden wir uns der Stimme enthalten. Es ist allerdings eine Enthaltung, die zu einer weiterhin so konstruktiven Zusammenarbeit bei diesem Thema die Hand reicht.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Brigitte Freihold, Die Linke, ist die nächste Rednerin.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7424789
Wahlperiode 19
Sitzung 144
Tagesordnungspunkt Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik
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