31.01.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 144 / Tagesordnungspunkt 22

Torsten HerbstFDP - Verkehrsinfrastruktur

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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Uns erstaunt schon etwas, dass die SPD den Verkehrsminister erst ab heute in die Pflicht nehmen will. Wir machen das schon länger. Darüber sollten Sie einmal nachdenken.

(Beifall bei der FDP)

Es gab Zeiten, da hat die Welt auf Deutschland geschaut. Wir waren absoluter Innovationspionier im Verkehrsbereich. Hier ist das erste Auto gerollt, hier fuhren die erste Straßenbahn, die erste Magnetschwebebahn. Und heute? Heute haben wir größte Mühe, Straßen und Schienenwege zu bauen; vom Flughafendrama etwas südlich von hier will ich gar nicht reden. Es gibt bei der Bahn Stellwerke aus der Kaiserzeit, die eigentlich ins Museum gehören und nicht mehr in den operativen Zugbetrieb. Unser Land ist international leider kein Vorbild mehr, sondern erregt eher Mitleid. Wir finden, das muss sich dringend ändern.

(Beifall bei der FDP – Marianne Schieder [SPD]: Das ist aber ein zu negatives Bild!)

Wir hatten ja auch schon andere Zeiten. Nach der Wiedervereinigung wurden hier im Bundestag die Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ beschlossen. Es ging um ein richtig hohes Volumen: 2 000 Kilometer Autobahn, 2 000 Kilometer Bahnstrecke, die neu ausgebaut werden mussten, 300 Kilometer Wasserstraßen. Damals haben wir gezeigt, dass es geht: Man kann beim Infrastrukturausbau schneller vorankommen. Daran sollten wir uns wieder orientieren.

(Beifall bei der FDP)

Wir schauen oft neidisch auf Großprojekte in Asien, nach Dänemark oder in die Schweiz. Jeder kennt Projekte bei sich vor Ort, die in der Luft hängen. Ein Beispiel aus Sachsen; es geht um die Elektrifizierung der Strecke von Chemnitz nach Leipzig. Es geht schlichtweg darum, dass man irgendwann mal wieder Fernverkehr in eine Stadt wie Chemnitz bekommt. Die Elektrifizierung gliedert sich in zwei Abschnitte. Der Abschnitt zwischen Chemnitz und Geithain umfasst gerade einmal 40 Kilometer. Bereits 2009 wurde intensiv über das Vorhaben diskutiert.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das ist eine Weile her!)

Es gab erste Anstöße zur Vorplanung. Jetzt haben wir 2020. Raten Sie mal, wie viele Kilometer bisher elektrifiziert wurden? Null. Und wann soll es fertig werden? Im Optimalfall, wenn es hervorragend läuft, im Jahr 2028. Über zwei Jahrzehnte für 40 Kilometer Elektrifizierung, meine Damen und Herren, das ist einfach zu viel. Das verstehen die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land nicht mehr.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wenn wir als Deutschland im globalen Wettbewerb unseren globalen Wohlstand verteidigen wollen, dann brauchen wir eine leistungsfähige Infrastruktur, dann brauchen wir den Beschleunigungsturbo. Ansonsten werden wir als Verkehrsmuseum Europas enden.

Die beiden Gesetzentwürfe, die das Bundesverkehrsministerium vorgelegt hat, sind kleine Schritte in die richtige Richtung. Wir hätten uns noch etwas mehr gewünscht, Stichwort: frühere Bürger- und Öffentlichkeitsbeteiligung, Stichtagsregelungen für Prüfungen, um das Verfahren nicht immer wieder öffnen zu müssen, schlankere Genehmigungsverfahren mit der Vermeidung von doppelten Umweltprüfungen, die materielle Präklusion und eine Mitwirkungspflicht für Umweltverbände, um die Zahl der Blockadeklagen zu verringern. Diese Punkte hätten für eine weitere Beschleunigung gesorgt. Wir bedauern, dass diese in den Gesetzentwürfen nicht enthalten sind.

(Beifall bei der FDP)

Wir reden hier sehr viel – auch der Verkehrsminister hat es getan – über das Thema Schiene und ÖPNV. Aber, wenn wir uns die Zahlen anschauen, stellen wir fest: Rund 80 Prozent des Personentransports in unserem Land findet über die Straße statt, über den motorisierten Individualverkehr, über das Auto. Deshalb reicht es nicht, wenn wir bei Beschleunigung nur an Schienenprojekte und Wasserstraßen denken, sondern es muss auch darum gehen, beim Straßenbau den Turbo einzuschalten.

(Beifall bei der FDP)

Für uns als Freie Demokraten sind die beiden vorliegenden Gesetzentwürfe in der Debatte um die Planungsbeschleunigung nicht die Endpunkte, sondern der Anfang. Wir können bei dieser nicht ganz so ambitionierten Koalition allerdings auch nicht zu wählerisch sein. Deshalb werden wir beiden Gesetzentwürfen zustimmen.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP – Marianne Schieder [SPD]: Wir waren viel mutiger als die FDP! Wir wollten regieren!)

Für die Fraktion Die Linke hat das Wort der Kollege Jörg Cezanne.

(Beifall bei der LINKEN)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7424816
Wahlperiode 19
Sitzung 144
Tagesordnungspunkt Verkehrsinfrastruktur
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