Pascal KoberFDP - Nachhaltige Arbeitsmarktpolitik
Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, Sie erwähnen in Ihrem Antrag,
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Guter Antrag!)
dass Sie die Themen Digitalisierung und Klimawandel als große Herausforderungen für unsere Gesellschaft ansehen. Das ist richtig, aber wie so oft nehmen Sie die Wirklichkeit doch recht selektiv wahr.
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Was?)
Deshalb muss ich mein Lob für Ihren Antrag schon an dieser Stelle beenden; denn zwei ganz wesentliche Faktoren haben Sie nicht in den Blick genommen.
Das ist einmal die Herausforderung, vor der unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft durch den demografischen Wandel stehen. Der demografische Wandel führt einerseits dazu, dass die Kosten unserer sozialen Sicherungssysteme steigen werden. Der demografische Wandel bedeutet aber auch, dass uns immer mehr Fachkräfte fehlen – gerade auch im sozialen Bereich, in der Pflege – und dass deshalb natürlich auch die Einnahmen der sozialen Sicherungssysteme zurückgehen werden.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wo ist da der Widerspruch zu unserem Antrag?)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das erwähnen Sie in Ihrem Antrag nicht, obwohl das ein ganz wichtiger Faktor ist.
(Susanne Ferschl [DIE LINKE]: Haben Sie die Begründung gelesen? – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sie müssen einmal die Begründung lesen!)
Das Zweite, was Sie nicht erwähnen, ist der sich verschärfende internationale Wettbewerb. Es ist ja gut, dass Menschen in anderen Regionen unserer Welt zunehmend am gesellschaftlichen Wohlstand partizipieren werden und das jetzt auch schon tun. Sie reden aber nicht darüber, dass der Wettbewerb schärfer wird und was das auch für unsere Unternehmen bedeuten wird.
Spannend wird es dann, wenn man sich Ihre Forderungen anschaut. Sie fangen damit an, die Schuldenbremse infrage zu stellen. Die schwarze Null soll nicht mehr gelten.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ja!)
Was bedeutet das? Das muss man den jungen Menschen, die heute dort oben eine ganze Tribüne füllen, auch mal in aller Deutlichkeit sagen.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Dann machen Sie es mal korrekt!)
Sie wollen Ihre Politik von heute auf Kosten dieser jungen Menschen finanzieren.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nein! Völliger Unsinn!)
Sie wollen die politischen Möglichkeiten dieser Generation einschränken. Das ist die Folge der Aufgabe der schwarzen Null, und das ist eine Politik, die wir nicht unterstützen werden. Generationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit müssen auch finanzpolitisch möglich sein.
(Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
– Lieber Klaus Ernst, ich lasse eine Zwischenfrage nicht zu.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was wir tatsächlich brauchen – Sie haben schon einen Punkt genannt – –
(Abg. Alexander Ulrich [DIE LINKE] begibt sich zum Präsidium)
Herr Kollege Kober, Sie können weiterreden. Er möchte nur eine Kurzintervention anmelden.
Was richtig ist, ist, dass wir mehr Investitionen in Bildung brauchen, dass wir mehr Investitionen in die Infrastruktur brauchen und dass wir mehr Investitionen in die Forschung brauchen. Ihnen kann aber doch nicht entgangen sein, dass wir im Moment im Geld schwimmen. Die Große Koalition wird in den Jahren 2013 bis 2021 insgesamt 380 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung gehabt haben. Allein im letzten Jahr gab es zusätzliche Steuereinnahmen in Höhe von 50 Milliarden Euro auf den Ebenen von Bund, Ländern und Gemeinden.
Gleichzeitig erleben wir beispielsweise, dass 15 Milliarden Euro – das beklagt übrigens auch der Finanzminister Olaf Scholz – gar nicht abgerufen werden. Warum ist das so? Weil bei uns die Planungsverfahren so kompliziert sind, dass Infrastrukturprojekte nicht geplant werden können, dass das Geld nicht abfließen kann. Warum ist das so? Weil uns Fachkräfte fehlen – von der Pflege bis zu den Baustellen. Deshalb können die Mittel, die jetzt schon zur Verfügung stehen, nicht abgerufen werden, und deshalb macht es überhaupt keinen Sinn, den jungen Menschen ihre Zukunft zu rauben.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ach! Viel Chuzpe, Herr Kollege! Völliger Unsinn!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bescheiden Sie sich mit dem, was diese Generation im Moment an Einnahmen generieren kann, und machen Sie Schluss mit dieser generationenfeindlichen Politik!
(Beifall bei der FDP – Grigorios Aggelidis [FDP]: Ungedeckte Wechsel ausstellen: die Linke!)
Auch an einer anderen Stelle springen Sie zu kurz. Wenn man Ihren Antrag genau liest, dann stellt man fest, dass das Thema Bildung nur in zwei Unterpunkten vorkommt und dass Bildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Ihnen nur dann einen Wert hat, wenn der Betriebsrat das entsprechend entschieden und in Auftrag gegeben hat.
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Sogar Sie haben schon bessere Reden gehalten!)
Wo ist aber die selbstbestimmte Bildung? Wo ist die Freiheit der Menschen, vielleicht auch eine Bildung zu erwerben, die ihnen einen Job in einem anderen Unternehmen ermöglicht? Davon steht in Ihrem Antrag nichts, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Aber auch nichts Gegenteiliges!)
Deshalb werden wir ihn ablehnen. Das ist eine falsche Politik. Sie ist nicht nachhaltig und nicht generationengerecht.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Kober. – Bevor ich die nächste Rednerin aufrufe: Die Fraktion Die Linke hat eine Kurzintervention für den Kollegen Ernst beantragt. Dem gebe ich statt. – Herr Kollege Ernst, Sie haben das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7424836 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 144 |
Tagesordnungspunkt | Nachhaltige Arbeitsmarktpolitik |