Wiebke EsdarSPD - Steuerentlastungsgesetz 2020
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erstens. Ich will zunächst einmal klarstellen – im Gesetzentwurf der FDP heißt es, „im Portemonnaie“ der Menschen kommt nichts an –: Wir entlasten bereits um 10 Milliarden Euro durch die Abschaffung des Soli für 90 Prozent der Menschen, die ihn bis jetzt gezahlt haben.
(Christian Dürr [FDP]: Die Steuerquote steigt trotzdem, Frau Esdar!)
Wir entlasten um weitere 10 Milliarden Euro durch das Familienentlastungsgesetz. Durch die Wiederherstellung der Parität in der Krankenversicherung sowie durch die Senkung des Arbeitslosenbeitrages entlasten wir um weitere fast 6 plus fast 7 Milliarden Euro. Das wird spürbar bei den Menschen ankommen. Darum ist der Eindruck, den Sie in Ihrem Gesetzentwurf erwecken, falsch.
(Beifall bei der SPD – Christian Dürr [FDP]: Quatsch!)
Zweitens. Ich wünsche mir etwas mehr Ehrlichkeit in der Debatte. Herr Dürr, Sie haben darüber gesprochen, ab wann der Spitzensteuersatz einsetzt, und ihn mit dem aus den 60er- und 70er-Jahren verglichen. Für mehr Ehrlichkeit in der Debatte gehört es dazu, darauf hinzuweisen, dass wir zu der Zeit einen um 14 Prozentpunkte höheren Spitzensteuersatz gehabt haben.
(Christian Dürr [FDP]: Die Bemessungsgrundlage war eine andere, Frau Esdar! Die ganze Wahrheit!)
– Sie haben verschwiegen, dass es damals einen wesentlich höheren Spitzensteuersatz gab.
Wir müssen auch darüber sprechen, dass es nicht um den Grenzsteuersatz, sondern um den Durchschnittssteuersatz ging. Wenn wir uns anschauen, wie hoch die Einkommen derer sind, die den Spitzensteuersatz zahlen, dann stellen wir fest: Es betrifft die oberen 9 Prozent der Einkommen. An dieser Stelle muss man ehrlich sagen: Die zahlen wirklich den Spitzensteuersatz. Wir können darüber reden, ob es statt die oberen 9 Prozent vielleicht die oberen 5 Prozent sein sollen und in welcher Höhe wir sie belasten, aber den Eindruck zu erwecken, einfache Facharbeiter würden ständig den Spitzensteuersatz zahlen, ist einfach falsch.
(Beifall bei der SPD – Christian Dürr [FDP]: Natürlich!)
Zu einer soliden Finanzpolitik gehört drittens auch, dass wir die gesamten Aufgaben des Staates in den Blick nehmen und nicht nur von Steuersenkungen sprechen. Sie machen folgende Rechnung auf: Wir haben 13,5 Milliarden Euro Steuerüberschuss, darum können wir ab 2020 die Einnahmen um 21 Milliarden Euro senken. Sie sind hoffentlich darüber informiert, dass es einen Investitionsstau gibt und dass es Aufgaben gibt, die der Staat finanzieren muss. Wenn wir sagen – das können wir uns durchaus vorstellen, das hat Norbert Walter-Borjans bereits gesagt –,
(Karlheinz Busen [FDP]: Das ist genau der Richtige! Der kennt sich aus!)
der Spitzensteuersatz soll später greifen, dann müssen wir auch darüber sprechen, wie die wegfallenden Einnahmen kompensiert werden sollen oder wie viel wir finanzieren wollen. Wir müssen auch darüber sprechen, wie der Spitzensteuersatz erhöht oder wie besonders hohe Vermögen oder besonders hohe Erbschaften stärker besteuert werden können.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Genau! Das ist eine gute Idee!)
Wir müssen die gesamten Aufgaben des Staates in den Blick nehmen. Es geht auch um Familienfreundlichkeit. Ihr Ansatz von Familienfreundlichkeit ist Steuersenkung, unser Ansatz ist: Wir finanzieren einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. Wir sorgen für eine gute Kitabetreuung.
Wir werden die Aspekte abwägen. Ich freue mich auf die Beratungen, kann mir zu diesem Zeitpunkt aber nicht vorstellen, dass die SPD-Fraktion diesem halbgaren Gesetzentwurf zustimmen wird.
Danke schön.
(Beifall bei der SPD)
Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Fabio De Masi, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Dr. Wiebke Esdar [SPD])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7424852 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 144 |
Tagesordnungspunkt | Steuerentlastungsgesetz 2020 |