Karl-Heinz BrunnerSPD - Ächtung autonomer Waffensysteme
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Heute debattieren wir einmal mehr über Abrüstung, über Menschlichkeit, über Frieden und Sicherheit. Dies ist zu begrüßen, ausgesprochen zu begrüßen; denn es gibt kein wichtigeres, kein zentraleres Thema, das wir bearbeiten können.
Ich freue mich, dass Sie, die Kolleginnen und Kollegen von Grünen und Linken, mit dem Konvolut an Anträgen, das wir heute zur Beratung haben, mit uns das Ziel teilen, unsere Welt menschlicher, unsere Welt friedlicher, unsere Welt sicherer zu machen, indem Sie zum Ersten die Vermeidung von Explosivwaffeneinsätzen in bevölkerten Gebieten vorantreiben möchten und zum Zweiten – das haben wir bereits im Koalitionsvertrag konkretisiert und festgeschrieben – eine weltweite Ächtung von autonomen Waffen anstreben.
Explosivwaffen in bevölkerten Gebieten stellen immer eine enorme Gefahr für Leib und Leben von unbeteiligten Menschen dar. Es ist richtig, ausgesprochen richtig, dass der UN-Generalsekretär Guterres die Welt dazu auffordert, solche Angriffe verbindlich zu vermeiden; denn sie verursachen unermessliches Leid.
Ebenso furchterregend ist es, was letale autonome Waffensysteme – wir sagen zu Deutsch „Killerroboter“, auch wenn dies ebenfalls kein deutsches Wort ist – anrichten können, wenn sie erst einmal zum Einsatz gebracht sind.
(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Deshalb muss man sie erforschen?)
Ja, sie sind keine Science-Fiction mehr, sondern so gut wie Realität. Die Vorstellung, dass irgendeine Maschine ein Todesurteil über einen Menschen ausspricht oder gar vollstreckt, ohne dass ein anderer Mensch darauf Einfluss hat oder dafür verantwortlich gemacht werden könnte, ist für mich eine perverse Vorstellung. Es muss uns gelingen, diese Waffen zu ächten,
(Beifall bei der SPD)
und zwar schon, bevor sie eingesetzt werden.
Da muss ich sagen: Der Weg, den Sie mit Ihren Anträgen dafür vorschlagen, ist nicht zielführend. Offen gestanden: Für mich ist es erstaunlich, mit welch beharrlicher Ignoranz Sie hier so tun, als würde sich niemand um diese drängenden Probleme kümmern. Das stimmt nämlich gar nicht, und das wissen Sie auch.
Die deutsche Außenpolitik unter Außenminister Heiko Maas unternimmt nämlich alle Anstrengungen, hier Fortschritte zu erzielen. Deutschland nimmt nicht nur an Verhandlungen teil. Wir sind federführend an vielen Verhandlungsrunden beteiligt, die von Deutschland, von Heiko Maas initiiert sind.
(Zuruf der Abg. Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Der Außenminister hat vollkommen zu Recht die Abrüstung zur großen Maxime dieser Legislatur und deutscher Außenpolitik gemacht. Sie ignorieren die Initiative New START, die Technologiekonferenzen, Missile Dialogue Initiative, die Stärkung des NVVs, die Stockholm-Initiative, um nur einige zu nennen.
Aber Außenpolitik heißt, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, sich mit anderen Menschen, mit anderen Ländern, mit anderen Vorstellungen auseinanderzusetzen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Es ist schlimm, wie viel Rowdytum, wie viel Nationalismus, wie viel Egoismus und Kurzsichtigkeit hier mittlerweile herrschen. Umso trauriger ist es, dass ausgerechnet Grüne und Linke uns offensichtlich in der gleichen Rolle sehen wollen. Sie fordern, dass wir ohne Einbeziehung unserer Verbündeten, ohne unsere langjährigen Partner, eigenmächtig voranpreschen, quasi: German first.
(Lachen des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE] – Heike Hänsel [DIE LINKE]: Das wird absurd jetzt, die Argumentation! Absurd!)
Sie wollen nicht, dass wir beim Thema Explosivwaffeneinsatz Kompromisse mit unseren französischen Freunden eingehen. Sie wollen nicht, dass wir gemeinsam vorankommen. Sie wollen nicht, dass wir beim Thema Killerroboter erst einmal daran arbeiten, überhaupt einen internationalen Konsens darüber herzustellen, dass Regeln für sie gelten müssen.
(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Wann? In den nächsten zehn Jahren?)
Einen solchen Konsens haben wir 2019 erreicht; auch das ignorieren Sie. Auf diesen Konsens sollten wir nun weiter aufbauen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Sie hingegen wollen direkt einen Verbotsvertrag, bei dem auch zweifellos alle Staaten mitmachen, die sowieso nie autonome Waffensysteme haben wollen, also quasi einen Vertrag der Blinden gegenüber den Sehenden.
(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Was für ein schlimmer Vergleich!)
Leider stehen dann aber all die Staaten, die gerne autonome Waffen hätten oder bereits schon haben, daneben und machen, was sie wollen.
(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Machen sie jetzt auch schon!)
Das ist keine kluge Außenpolitik, das ist keine kluge Sicherheitspolitik Deutschlands. Wir halten das für keinen guten Weg; denn diese Staaten gibt es.
(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Sehr dünne Argumentation!)
Diese Staaten müssen wir überzeugen, nicht diejenigen, die keine Systeme haben;
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
wir dürfen nicht an ihnen vorbei irgendwelche Vereinbarungen treffen, die an der Realität überhaupt nichts ändern. Uns reicht es nicht, unsere Hände in Unschuld zu waschen,
(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche Unschuld?)
uns als Moralapostel aufzuspielen, während nebenan Dinge passieren, die wir eigentlich ablehnen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: German first!)
Wir wollen nämlich, dass sich wirklich etwas verbessert. Wir wollen uns dafür einsetzen, andere zu überzeugen. Denn Deutschland hat dazu das Potenzial: Wir sind international als Verhandlungspartner, als Moderator und Mediator geschätzt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der LINKEN)
Diese Position haben wir nicht einfach so bekommen. Sie ist nämlich das Ergebnis unserer Zurückhaltung. Sie ist das Ergebnis unserer Mäßigung.
(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Bei unseren Rüstungsexporten vor allem! – Zuruf der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Genau deshalb stehen uns die Türen offen, auch mit Akteuren entgegengesetzter Meinungen ins Gespräch zu kommen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wenn wir uns nun aus dieser Mitte an den Rand der Positionierung bewegen, werden wir am anderen Rand die Türen zuschlagen, und das dürfen wir nicht.
Kommen Sie doch mal zu uns in die Realität! Diplomatie ist keine Zauberei. Diplomatie ist harte, schrittweise Arbeit.
(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer war denn bei den Verhandlungen?)
Fragen Sie mal Ihr Parteimitglied Joschka Fischer; der war Außenminister, der kann es Ihnen erklären. Lassen Sie unsere Diplomatinnen und Diplomaten und Heiko Maas, unseren Außenminister, ihren schwierigen Job anständig machen.
(Zuruf der Abg. Heike Hänsel [DIE LINKE])
Überziehen Sie sie nicht ständig mit Misstrauen. Das wäre mal ein Anfang. Denn wer sich die Mühe macht, hinzuschauen, einfach hinzuschauen, sieht, wo Fortschritte erzielt werden – nicht einfach über Nacht, nicht mit dem großen Getöse und mit Feuerwerk, aber stabil, zukunftsfähig und vernünftig. Das ist deutsche und sozialdemokratische Außenpolitik.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Nächster Redner ist der Kollege Dr. Marcus Faber, FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7424865 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 144 |
Tagesordnungspunkt | Ächtung autonomer Waffensysteme |