Martin HebnerAfD - Partnerschaft EU - Vereinigtes Königreich
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beginne nicht wie mein Vorredner damit, von einer Midlife-Crisis zu berichten, sondern ich berichte von einer Feier; einer Feier in London auf dem Parliament Square am 31. Januar. Dort haben britische Bürger zu Zehntausenden ihre Freiheit gefeiert;
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Danach kamen die, die in der EU bleiben wollen! Die waren aber mehr!)
die Freiheit und die Unabhängigkeit von der EU. Ich war mit dabei. Es war eine tolle Feier.
Jetzt bekommen wir von Ihnen hier einen Antrag vorgelegt, mit dem Sie glauben den Briten die Einhaltung der EU-Vorschriften wieder aufzwingen zu können. In Ihrem Antrag steht das Ziel einer vertrauensvollen Zusammenarbeit unter Einhaltung der Regeln der EU. Meine Damen und Herren, glauben Sie tatsächlich, dass Sie den Briten diese wieder oktroyieren können? Ich weiß nicht, ob Sie von den Ergebnissen der Unterhauswahlen im Dezember gehört haben.
(Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Ja!)
Das war ein glatter Erfolg. Es war eine klare Aussage: Die Briten wollen ihre Freiheit zurück. – Das passiert jetzt auch.
(Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. Jürgen Hardt [CDU/CSU])
Zu Beginn ein Zitat von 2018. Ich zitiere jetzt Herrn Schrader: „Der Brexit sollte ... Anlass für eine Grundsatzdiskussion sein“, ob die EU sich nicht „auf Kernkompetenzen nach einem strengen Subsidiaritätsprinzip“ beschränken sollte. Sie sollte „es den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen“, „über ihre Integrationsschritte in eigener Souveränität zu entscheiden“. Dies würde einer „gesellschaftlichen Spaltung“ entgegenwirken. – Wie gesagt, das ist einige Jahre her.
Aber wissen Sie, was die EU macht? Das genaue Gegenteil! Schauen Sie sich mal Guy Verhofstadt an, übrigens der Verhandlungsführer der EU für den Brexit.
(Widerspruch des Abg. Alexander Graf Lambsdorff [FDP])
Er riet dazu, die Möglichkeit zum Ausscheiden aus der EU künftig zu unterbinden. Und weiter sagte er ganz richtig, dass der Brexit das Scheitern der EU markiert. Doch er zieht daraus die komplett falschen Schlussfolgerungen. Er sagte nämlich, daraus müsse man ganz klar die Schlussfolgerung ziehen, diesen Club als geschlossenen Club zu definieren. Das ist die komplett falsche Richtung. Die Mitgliedschaft in diesem Fall als Zwang zu etablieren, ist ein Unding.
(Zuruf der Abg. Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Die Briten werden nicht auf die zunehmenden Forderungen nach Einhaltung der EU-Regeln reagieren. Sie werden in dem Falle die EU-Vorschriften nicht weiter akzeptieren. Ich muss Ihnen ganz klar sagen: Diese waren mit ein Grund für den Brexit.
Der Antrag der grünen Regierung, das heißt von CDU, SPD und Grünen, läuft auf die vollumfängliche Übertragung des Verhandlungsmandats auf die Europäische Kommission hinaus und damit auch auf einen Souveränitätsverlust Deutschlands. Genau das wollen wir nicht.
(Beifall bei der AfD)
Dass sich die CDU und die SPD derzeit nach Thüringen nicht viel zutrauen, ist nachvollziehbar.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist doch Unfug!)
Aber dass Sie die deutschen Verhandlungskompetenzen in die Hände einer ehemaligen deutschen Bundesministerin legen –
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist ja schlimm: eine Deutsche, die mitentscheidet! Wie schrecklich!)
man muss sich klarmachen: sie war in diesem Bundeskabinett ohnehin nicht sehr erfolgreich; aufgefallen durch „besondere Kompetenzen“,
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ich dachte, Sie jubeln!)
weswegen sie dann auch weggelobt werden musste –, zeugt schon von einer Selbstaufgabe der eigenen Interessen.
(Beifall bei der AfD – Widerspruch bei der SPD)
Doch, meine Damen und Herren, es sind nicht Ihre Interessen, die Sie verfolgen sollten, sondern die Interessen der deutschen Bürger. Es sind in dem Falle – das muss man auch ganz klar sagen – Aufgaben, die einer dringenden Notwendigkeit unterliegen. Eine zentrale Erfahrung aus dem Brexit ist: Es muss jetzt sukzessive eine Regelung für den Fall weiterer Austritte geschaffen werden. Wahrscheinlich sind das Polen, Dänemark und Ungarn.
(Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Ach, i wo! Sie sind genauso altmodisch wie Ihre Krawatte!)
Kommen wir zurück zu Herrn Verhofstadt. Der Chefunterhändler der Austrittsverhandlungen zum Brexit sagte erst vor wenigen Tagen – ich zitiere –: Was bedeutet nationale Souveränität heute noch? Weiter: Die EU-Mitgliedstaaten haben ihre Souveränität schon lange verloren. – Das muss man sich mal vor Augen führen. So jemand soll dann die weiteren Verhandlungen zum Brexit vertrauensvoll führen? Meine Damen und Herren, das schafft nur weitere Probleme in den gerade genannten Ländern Polen, Dänemark und Ungarn.
(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die fordern die meisten Standards! Sie haben ja keine Ahnung!)
Wir als AfD sind im Europarat in einer gemeinsamen Fraktion mit den britischen Konservativen, den Tories. Wir sind in der Fraktion der Europäischen Konservativen, der demokratischen Allianz. Was, glauben Sie, habe ich in den letzten Tagen in den Sitzungswochen im Januar von den britischen Kollegen zum Thema EU gehört? Glauben Sie tatsächlich, dass hier eine freundliche Zusammenarbeit mit einem Herrn Verhofstadt und im Übrigen auch mit einem Herrn Barnier noch möglich ist? Es ist nicht im Interesse der deutschen Bürger und des deutschen Staates, die Verhandlungen weiter in deren Hände zu legen.
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat Ihnen denn diesen Quatsch wieder aufgeschrieben?)
Wir wissen, dass Boris Johnson im Moment ein sehr starkes Verhandlungsteam aufbaut und einen enormen Zeitdruck macht. Im Übrigen ist es eine Katastrophe, dass die EU daran denkt, die Verhandlungen erst im nächsten Monat überhaupt zu starten. Vollkommen widersinnig! Sie wollen auf dem Altar der Einheitlichkeit der EU unsere Interessen komplett opfern?
(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Schwachsinn!)
Meine Damen und Herren, wenn Sie für die Erhaltung des Euros schon Hunderte Milliarden der deutschen Steuerzahler opfern,
(Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Keinen Pfennig!)
sage ich Ihnen: Das geht so nicht. Das kann so nicht weitergehen. Das ist unakzeptabel.
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Da klatscht nicht einmal Ihre eigene Fraktion! – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Sie rechnen!)
Die anderen Länder werden ihre nationalen Forderungen sehr konkret einbringen, nur Sie für Deutschland mal wieder nicht. Ich möchte auch ganz klar darauf hinweisen: Das ist genauso wie bei den Verhandlungen zum Mercosur-Abkommen, sprich: der Agrarpolitik, bei der die offensichtlichen Interessen der deutschen Landwirtschaft schon seit Längerem auf der Strecke bleiben. Noch immer ignorieren Sie die Interessen und die berechtigten Anliegen unserer Landwirtschaft, geopfert auf dem Altar des EU-Zusammenhalts, finanziert allein vom deutschen Steuerzahler und zelebriert auf Kosten unserer Landwirte.
Meine Damen und Herren, wir wissen heute schon: Die EU hängt nur noch am deutschen Steuerzahler. Jetzt sollen die britischen Nettozahlungen von Deutschland noch zusätzlich geschultert werden plus unsinniger Zukunftsprojekte wie dem Green Deal zum Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft. Nicht mit uns; ganz klar. Mit uns wird es keine solch sozialistischen Hirngespinste geben.
(Beifall bei der AfD – Sonja Amalie Steffen [SPD]: Wir wollen auch nicht mit euch!] – Jan Korte [DIE LINKE]: Meine Güte!
Im Interesse Deutschlands können wir nur klar darauf hinweisen: Machen wir den Brexit zu einem Erfolg! Das liegt auch in unserem Interesse.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD – Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Das ist ja echt düster!)
Jetzt erteile ich das Wort der Kollegin Dr. Katja Leikert, CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7427482 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 146 |
Tagesordnungspunkt | Partnerschaft EU - Vereinigtes Königreich |