Christoph de VriesCDU/CSU - Islamismus in Deutschland
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD widmet sich mit diesem Antrag einmal mehr einem ihrer Lieblingsthemen,
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Dem einzigen Thema!)
nämlich der vermeintlichen Islamisierung und dem Schutz des Abendlandes davor. Herr Hess, auch wenn Sie hier versucht haben, Sachthemen in den Vordergrund zu rücken, wissen wir doch, worum es Ihnen geht: Sie wollen Ängste wecken vor den sogenannten Messermännern und Kopftuchmädchen, wie Frau Weidel und andere Ihrer Kollegen Muslime in Deutschland in diesem Parlament grundsätzlich verunglimpfen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Martin Hess [AfD])
Ich finde es sehr befremdlich, dass ausgerechnet die AfD in ihrem Antrag eine engere Sicherheitskooperation mit Israel fordert. Wir müssen uns wahrlich nicht von einer Partei belehren lassen, deren Mandatsträger in Yad Vashem und bei offiziellen Gesprächen in Israel ausdrücklich nicht willkommen sind.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang den israelischen Botschafter Jeremy Issacharoff zitieren, der mitteilte, wegen der Haltung der AfD zum Holocaust jeden Kontakt zur Partei zu meiden.
(Zurufe von der AfD)
Er sagte:
Mehrere Male hat ihr Führungspersonal Dinge gesagt, die ich als hochgradig beleidigend für Juden, für Israel und für das ganze Thema des Holocaust empfinde.
Das sollte Ihnen mal zu denken geben, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP und des Abg. Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE])
Ihr Problem ist, dass Sie regelmäßig Islam mit Islamismus verwechseln, also mit dem politischen Islam, dass Sie alle Muslime zu Islamisten machen.
(Martin Hess [AfD]: Sie müssen mal zuhören!)
Ich sage Ihnen: Das ist Unsinn. Die große Mehrheit der rund 4,5 Millionen Muslime in Deutschland lebt hier in Frieden und Freundschaft unter uns. Das sollten Sie auf dieser Seite des Hauses endlich mal zur Kenntnis nehmen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)
Wahr ist aber auch – das sprechen Sie an –: Wir haben in Deutschland eine Bedrohungslage durch islamistischen Terrorismus, dessen Nährboden der Islamismus ist. Das belegen die Zahlen: 600 Straftaten im Jahr 2018, 700 Gefährder, 500 sogenannte relevante Personen in Deutschland. Der Verfassungsschutz spricht deshalb von einer anhaltend hohen Gefährdung durch islamistisch motivierte Anschläge. Aber es ist anders, als Sie sagen: Wir begegnen dieser Gefahr ganz entschieden und auf vielfältige Weise. Dazu zählt der erhebliche Stellenaufwuchs bei den Sicherheitsbehörden. Allein beim BKA haben wir 1 000 Stellen geschaffen.
(Beatrix von Storch [AfD]: Ja, gegen Rechtsextremismus!)
Im letzten November erst wurde eine neue Abteilung „Islamistisch motivierter Terrorismus/Extremismus“ geschaffen. Allein in den letzten zehn Jahren sind neun islamistische Organisationen und Vereine verboten worden. Sie sehen also: Die Koalition ist bei der Bekämpfung des Islamismus hellwach und handelt konsequent, meine Damen und Herren, und dafür brauchen wir Ihre Anträge hier nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Auch im Bereich der Prävention tut sich einiges, aber längst nicht genug. Das hat auch damit zu tun, dass die Parteien des linken Spektrums vielfach eine viel zu große Nachsichtigkeit gegenüber den Vertretern des politischen Islam üben.
(Zuruf von der AfD: Das tun Sie doch selbst auch!)
Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren: Das ist grundfalsch. Das Motto aller Demokraten muss, ob bei religiösem Extremismus oder politischem Extremismus, immer dasselbe sein: Keine Toleranz für Intoleranz. Jeder Extremist ist Mist, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Denn natürlich ist es so: Der religiöse Fundamentalismus führt zu Parallelgesellschaften, zur Ablehnung unserer Grundwerte, und er gefährdet auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Deswegen müssen wir ihn gemeinsam bekämpfen.
Lassen Sie mich dazu etwas auf meine Heimatstadt Hamburg bezogen sagen: Hier werden die Vertreter des politischen Islam nicht nur toleriert, hier werden sie von Rot-Grün
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Hofiert!)
auch noch hofiert.
(Aydan Özoğuz [SPD]: Was für ein Unsinn!)
Das zeigen die Islamverträge, die durch den Senat mit sehr problematischen Verbänden geschlossen wurden. An diesen Verträgen hält der Senat seit Jahren trotz eklatanter Verstöße auch noch unbeirrt fest, obwohl es breite Kritik aus der Politik und aus der Gesellschaft, zum Beispiel von Frauenverbänden und Menschenrechtlern, gibt.
Auch im Bund agiert man – das muss man sagen – zuweilen blauäugig. Ich denke da zum Beispiel an die Kampagne des BMJV „Wir sind Rechtsstaat“. Das ist eine gute Kampagne; aber man sollte nicht ausgerechnet mit dem Präsidenten des Zentralrats der Muslime werben, dessen größte Mitgliedsverbände mit ATIB die Vertretung der türkischen Ultranationalisten ist und mit den Muslimbrüdern eine Vereinigung, die laut Verfassungsschutz die Errichtung eines islamischen Gottesstaates will. Wenn man so was macht, macht man den Bock zum Gärtner. Das sollte nicht sein.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Deshalb ist es wichtig, den Fehlentwicklungen entgegenzusteuern. Die Bundesregierung macht das; ich habe es angesprochen. Wir machen das auch schon im Vorfeld. Wir haben die Fördermittel für DITIB aus dem Programm „Demokratie leben!“ gestoppt nach all den Verfehlungen, die wir dort entdecken mussten. Wir haben die Fördermittel gestoppt für den schiitischen Dachverband IGS, dessen Mitglied das Islamische Zentrum Hamburg ist, die Blaue Moschee des Mullahregimes. Das Bundesinnenministerium hat zuletzt Sprachkenntnisse verpflichtend gemacht für die Einreise-, Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung für Auslandsimame.
Ich sage aber auch: Wir müssen den säkularen, liberalen Muslimen in Deutschland insgesamt mehr den Rücken stärken.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Es darf nicht sein, dass Mädchen hier in unserem Land gehänselt werden, weil sie kein Kopftuch tragen, oder dass säkulare Muslime bedroht und als Ungläubige beschimpft werden; denn das sind doch genau die Menschen, die sich hier gut integriert haben und auch Vorbilder sind.
Was wir uns wünschen und brauchen, ist ein moderner, ein liberaler Islam, der sich Deutschland zugehörig fühlt, der sich dem Einfluss ausländischer Regierungen konsequent entzieht und der die Identifikation seiner Gläubigen mit unserem Land fördert. Ich bin sicher: Wenn das gelingt, dann wird auch dem Islamismus der Nährboden in unserem Land entzogen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Stephan Thomae, FDP.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7427501 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 146 |
Tagesordnungspunkt | Islamismus in Deutschland |