Lars CastellucciSPD - Integrationsbericht
Herzlichen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will zunächst danken für die Vorlage dieses Berichtes und auch Ihnen, Frau Staatsministerin Widmann-Mauz, ganz herzlich. Nach meinem Eindruck haben Sie sich mit Offenheit, Neugier und viel Fleiß an die Arbeit gemacht. Ich möchte Ihnen im Namen der SPD-Fraktion für die gute Zusammenarbeit danken.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
In meiner Heimatstadt, meine sehr verehrten Damen und Herren, befindet sich eine große psychiatrische Klinik.
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Die kennen Sie gut! – Gegenruf der Abg. Marianne Schieder [SPD]: Also, das ist jetzt ja – –)
– Sie verhöhnen jetzt gerade. Jetzt hören Sie mal weiter zu, dann könnten Sie was lernen.
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Von Ihnen nicht, Herr Castellucci!)
Es gibt dort ein Mahnmal zur Erinnerung daran, dass Patienten während der Nazizeit als „nicht lebenswert“ misshandelt und getötet wurden. Es ist eine Skulptur, die einen Kreis darstellt. Doch diesem Kreis fehlt ein Teil; er ist herausgebrochen und liegt abseits. Das, meine Damen und Herren, ist das entsetzliche Gegenteil von Integration. Und nach der Rede von Herrn Curio lohnt es sich, zu fragen, wie es dazu kommen konnte.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Denn wo beginnt es? Es beginnt damit, dass Menschen und Gruppen abgewertet werden. Es beginnt damit, dass man diskriminiert. Es beginnt damit, dass man diffamiert, um damit selber politisches Kapital zu gewinnen.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Genau das, was die SPD mit der AfD macht! Ganz genau! Othering nennt man das! – Widerspruch bei der SPD – Ulli Nissen [SPD]: Was tut er uns leid! Oh!)
Es beginnt damit, dass Sündenböcke gesucht werden. Es beginnt damit, dass man den Schwachen vormacht, es könnte eine Lösung für sie sein, wenn man auf noch Schwächere eintritt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Gegenteil ist richtig; jede Sportmannschaft weiß es: Zusammenhalt macht stärker. Und diese Botschaft wird am Ende auch stärker sein als Ihr Hass.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Integration, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist, wenn wir ganz sind, wenn alle dazugehören,
(Zuruf von der AfD: Die ganze Welt?)
wie wenn wir in einem großen Kreis zusammenstehen. Wenn ich in einen katholischen Kindergarten gehe und die Erzieherin sagt: „Hier kommt es nicht darauf an, ob jemand katholisch ist oder evangelisch oder muslimisch oder sonst etwas“, und wenn sie sagt: „Hier sind alle Kinder“: Das ist Integration.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Integration ist, wenn es Regeln gibt und wenn diese Regeln schlicht für alle gelten und wenn wir das nicht immer nur betonen, wenn es um Ausländerinnen und Ausländer geht.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Genauso ist es bei dem Motto, das über dem Integrationsbericht steht: Fördern und fordern. Ja, das ist ein gutes Motto, aber es ist kein Motto, das wir auspacken sollten, wenn es um Menschen mit Migrationshintergrund geht oder wenn jemand arbeitslos geworden ist, sondern es ist ein gutes Motto. Rechte und Pflichten für alle Menschen in diesem Land: Das ist Integration.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Norbert Kleinwächter [AfD]: Das funktionierte schon bei der Agenda 2010 nicht bei der SPD!)
Integration heißt auch – darüber haben wir zuletzt heute Morgen in der Arbeitsgruppe der SPD-Bundestagsfraktion gesprochen –, dass Menschen, die dieses Land Schulter an Schulter mit ihren deutschen Kollegen aufgebaut haben, die volle Anerkennung, die volle Teilhabe verdienen, unabhängig davon, wo ihre Wurzeln sind, und dass sie diese Wurzeln auch nicht verleugnen müssen. Deshalb setzen wir uns über das hinaus, was in diesem Bericht steht, auch weiterhin für die generelle Hinnahme der doppelten Staatsbürgerschaft ein.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Integration ist natürlich auch manchmal anstrengend, wenn sich viel verändert, wenn einem etwas fremd ist. Das kann so sein; aber das muss nicht so bleiben. Eine Frau sagte mir auf einem Marktplatz: Ich fühle mich fremd im eigenen Land.
(Lachen und Beifall des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD])
Das zeigt mir: Es geht um Arbeit, Bildung, Sprache; aber vor allem geht es darum, dass wir in Begegnungen investieren müssen, in ein gutes Zusammenleben, dass Beziehungen wachsen müssen; denn Menschen sind sich so lange fremd, bis sie sich kennenlernen. Bei diesem Kennenlernen müssen wir die Menschen in diesem Land viel mehr unterstützen, als wir das bisher getan haben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Integration bedeutet: gutes Zusammenleben. Das gelingt schon jeden Tag. Es kann jeden Tag noch besser gelingen. Dann gibt es auch wieder Rückschläge, die gehören dazu; dann fängt man wieder von vorne an. Aber zusammen können wir immer mehr erreichen, wenn wir alle von Neuem immer wieder daran arbeiten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das Wort hat der Kollege Konstantin Kuhle für die FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7427820 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 146 |
Tagesordnungspunkt | Integrationsbericht |