13.02.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 146 / Tagesordnungspunkt 18

Konstantin KuhleFDP - Integrationsbericht

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sprechen über den 12. Integrationsbericht der Bundesregierung. Dazu will ich drei Anmerkungen machen.

Erstens ist es genau richtig, dass wir hier im Deutschen Bundestag über Menschen mit Migrationshintergrund sprechen, ohne dass es in erster Linie um Migration und Sicherheit geht. Vielmehr geht es hier einmal um Sprache, um Arbeit, um sozialen Aufstieg, um diese Themen. Ich will das gerade mit Blick auf die Rede von Herrn Curio sagen: Lieber Herr Curio, die Mehrzahl der Muslime, die heute in Deutschland leben, sind in Deutschland geboren. Die große Zahl der Muslime, die heute in Deutschland leben, hat den deutschen Pass. Wissen Sie, was das Hauptproblem der hart arbeitenden muslimischen Arbeitnehmer und Selbstständigen in Deutschland ist? Dass sie mit ihren Steuern Ihren Faschismus und Rassismus finanzieren müssen, den Sie hier im Deutschen Bundestag ausleben.

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist das größte Problem dieser Menschen. Und ich bin stolz darauf, dass viele Menschen mit Migrationshintergrund ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen,

(Stephan Brandner [AfD]: Die bezahlen auch Ihren faschistischen Ministerpräsidenten in Thüringen!)

als Selbstständige tätig sind, als Arbeitnehmer tätig sind. Diese Menschen sind Teil unserer gesellschaftlichen Realität. Das lassen sie sich auch nicht durch solche Hetzreden hier kaputtmachen.

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens müssen wir, meine Damen und Herren, darüber sprechen, dass die Bundesrepublik Deutschland einen ganz wesentlichen Teil der Integrationsarbeit noch vor sich hat. Ja, es ist richtig, dass hier über die Integrationsmaßnahmen gesprochen worden ist, die sich an diejenigen richten, die schon nach Deutschland gekommen sind. Aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass seit 2015 eine Riesengruppe nach Deutschland eingewandert ist, bei der wir den Großteil der Integration noch vor uns haben.

Liebe Frau Widmann-Mauz, es ist richtig, dass Sie hier über Arbeit sprechen; es ist richtig, dass Sie über Sprache sprechen; es ist richtig, dass Sie über sozialen Aufstieg sprechen. Mir kommt aber ein Thema viel zu kurz: Das ist das Thema Stadtplanung. Das Thema Stadtplanung spielte nämlich weder in Ihrer Rede noch im Integrationsbericht der Bundesregierung irgendeine Rolle. Da müssen wir dringend ran. Denn, meine Damen und Herren, wenn Kommunen wie Salzgitter in Niedersachsen heute schon über alle Maßen verschuldet sind, wenn dort heute schon mehr Menschen mit Migrationshintergrund leben als anderswo, wenn da heute schon ein Strukturwandel am Arbeitsmarkt stattfindet, dann ist die Perspektive zur Integration in solchen Kommunen schwerer. Dann ist auch die Verhinderung von Kriminalität schwerer. Deswegen ist Stadtplanung ein ganz wichtiger Teil von Integrationspolitik. Wir dürfen solche Kommunen wie Salzgitter nicht alleine lassen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Ich will einen dritten Punkt ansprechen; er ist hier schon genannt worden. Das ist die Tatsache, dass der Großteil der Menschen, also die überwiegende Zahl, aus EU-Mitgliedstaaten nach Deutschland eingewandert ist. Das sind Menschen, die im Rahmen der Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Deutschland kommen. Wir werden mit dem Fachkräftezuwanderungsgesetz, das im Laufe dieses Jahres in Kraft tritt, noch weitere Menschen haben, die als qualifizierte Fachkräfte nach Deutschland kommen. Nur muss unsere staatliche Struktur auf diese Menschen vorbereitet sein. Deswegen brauchen wir dringend flächendeckend englischsprachige Ausländerbehörden. Wir brauchen Englisch als Verwaltungssprache,

(Beifall bei der FDP)

damit unsere Verwaltung auch in der Lage ist, darauf zu reagieren, dass Menschen hier schnell aufsteigen wollen und als Teil dieser Gesellschaft tätig sein wollen.

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Vielleicht sollte man dafür Deutsch lernen, wenn man in einer Gesellschaft aufsteigen möchte, in Deutschland!)

Ich glaube, da ist gerade im Bereich Verwaltung, gerade im Bereich Stadtplanung noch eine Menge zu tun. Aber wir sind auf einem guten Weg.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Bevor wir in der Debatte fortfahren, kündige ich hier erstens an, dass ich die Zwischenrufe, welche während des Redebeitrages des Kollegen Dr. Lars Castellucci hier gefallen sind, anhand des Protokolls, sobald ich es vorliegen habe, prüfen werde. Ich behalte mir ausdrücklich vor, nachträglich entsprechende Ordnungsmaßnahmen zu treffen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Christian Dürr [FDP])

Zweitens. Ich weise hier zurück, dass ein Ministerpräsident mit dem Attribut „faschistisch“ belegt wird

(Beatrix von Storch [AfD]: Das sind Meinungsäußerungen!)

in einem Zwischenruf durch Herrn Brandner. Ein Ministerpräsident, ganz egal, welcher parteipolitischen Gruppierung er angehört,

(Beatrix von Storch [AfD]: Ach ja! Guck an! – Weitere Zurufe von der AfD)

ist Bestandteil eines Verfassungsorgans und ist nicht mit solchen Attributen zu belegen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Braun [AfD]: Das ist überparteiliche Leitung!)

– So, das weise ich jetzt zurück. Sie wissen, wo Kritik an der Sitzungsführung zu üben ist; jedenfalls nicht hier in der Sitzung. Insofern erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Karamba Diaby [SPD]: Richtig!)

Das Wort hat die Kollegin Gökay Akbulut für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7427821
Wahlperiode 19
Sitzung 146
Tagesordnungspunkt Integrationsbericht
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