Mathias SteinSPD - Beschleunigung von Verkehrsprojekten
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Jetzt wird sich mächtig was bewegen, die Republik wird sich verändern: Die FDP legt einen Plan vor, wie Verkehrsprojekte schneller realisiert werden.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Ja, wäre eigentlich Ihre Aufgabe!)
Meine Damen und Herren von der FDP – danke für den Applaus! –, so hätten Sie sich das gerne gedacht.
(Ulli Nissen [SPD]: Ha, ha!)
Aber wie so häufig verspricht Ihre Überschrift mehr, als der Inhalt des Antrages halten kann.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Mal haben Sie von uns abgeschrieben, mal kleben Sie das Label „Beschleunigung“ drauf; aber in Wirklichkeit verursachen Sie eine Verlängerung der Prozesse. Und einige Dinge haben wir als Koalition bereits beschlossen; Sie waren ja in der letzten Sitzungswoche dabei.
Wir können Ihre Forderungen auch noch mal genauer angucken.
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Ja, das wäre gut!)
Sie wollen, dass das Oberverwaltungsgericht bei Landes- und Staatsstraßen als erste Instanz zuständig ist.
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Richtig!)
Dabei vergessen Sie aber, dass gerade die Oberverwaltungsgerichte schon jetzt mit verschiedenen Verfahren völlig überlastet sind.
(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Ja, dann ist das eine Frage der Ausstattung und nicht der Struktur!)
Wenn Sie denen jetzt noch mehr Arbeit geben, führt das eher zu einer zusätzlichen Verzögerung als zu einer Beschleunigung.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Dann schaffen Sie ein funktionsfähiges Justizsystem!)
Dann fordern Sie in Ihrem Antrag eine transparente, straffe und frühzeitige Bürgerbeteiligung. Das ist schön, aber damit kommen Sie ein bisschen spät; denn das haben wir in der vergangenen Sitzungswoche bereits beschlossen und gesetzlich verankert.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Ihr beschränkt euch auf Bürgerinformation und nicht ‑beteiligung! Das ist nämlich was anderes!)
Beim zentralen Punkt der Planungsbeschleunigung, der Personalverstärkung, zeigt sich die FDP mutlos und zögernd und spricht hier nur von einer Verstärkung „im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel“. Jeder und jede Beschäftigte aus diesem Bereich weiß, dass das ein Trostpflaster ohne Wirkung ist.
(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Nee! Man kann nämlich auch andere Dinge streichen!)
Sie haben ja bereits bei der Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung, als Sie damals mit der Union regiert haben, gezeigt, dass Sie von Personalpolitik nun wirklich nichts verstehen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Das müssen gerade Sie sagen! AWO Frankfurt!)
Und dann wollen Sie auch noch die Mitwirkungsmöglichkeiten von Umweltverbänden beschränken und sie gleichzeitig zur Mitwirkung zwingen. Damit schüren Sie aber neue gesellschaftliche Konflikte, statt einen vernünftigen Ausgleich zwischen den Interessen der Wirtschaft und den natürlichen Lebensgrundlagen zu suchen. Dabei ist es so: Gerade bei Projekten, wo Umweltbelange rechtzeitig und im Konsens mit den Verbänden berücksichtigt worden sind, gab es schnelle und klaglose Planfeststellungsverfahren.
Alles in allem, kann man sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, ist der Antrag weder ein großer Wurf, noch löst er Probleme, vor denen wir stehen. Mit diesem Antrag bauen Sie eher neue Zäune anstatt neue Brücken.
(Beifall bei der SPD)
Wir als Koalition bauen neue Brücken und räumen Stück für Stück die Steine aus dem Weg, um beim Bau von Schienenwegen, Wasserstraßen und Straßen schneller und besser zu werden.
(Abg. Andreas Mrosek [AfD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Herr Kollege Stein, gestatten Sie eine Zwischenfrage aus der AfD?
Nein. – Wir als Koalition bauen neue Brücken. Vor über einem Jahr haben wir in diesem Haus beschlossen, dass beim Straßenbau und bei den Bahntrassen künftig an vielen Stellen statt aufwendiger Planfeststellungsverfahren Plangenehmigungen erfolgen können. Ebenso erleichtern wir die Realisierung von vorgezogenen Maßnahmen. Vor zwei Wochen haben wir dafür gesorgt, dass unter anderem Brücken und Hochstraßen ohne große Änderung ersatzneugebaut werden können, also keine Genehmigungen mehr gebraucht werden. Wir haben das auch auf den Bereich des öffentlichen Nahverkehrs erweitert.
(Kirsten Lühmann [SPD]: Sehr gut!)
Außerdem haben wir als Bundestag bei 14 Schienen- und Wasserstraßenprojekten eine besondere Verantwortung übernommen. Hier kann ein Gesetz die Planfeststellung ersetzen. Eine vorgezogene frühe Bürgerbeteiligung ist bei diesen Prozessen verpflichtend, und da haben wir auch noch einmal die Qualität erhöht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Und besonders wichtig: Wir verstärken jedes Jahr das Personal in allen Bereichen der Verkehrsinfrastruktur. Damit revidieren wir die Fehler der Vergangenheit. Die jahrelangen Personaleinsparungen gerade in diesem Bereich haben einen wesentlichen Anteil daran, dass Baumaßnahmen viel zu lange dauern.
Wir als SPD-Bundestagsfraktion wollen aber noch mehr. Wir wollen mit den Menschen bauen, nicht gegen sie. Dazu wollen wir die Betroffenen noch besser und nachhaltiger vom Anfang bis zum Ende der Baumaßnahme beteiligen. Wer Umweltverbänden vorwirft, dass sie Käfer im Internet bestellen, um Projekte zu verhindern, betreibt billigen Populismus, anstatt auf Dialog zu setzen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Das Gleiche gilt im Übrigen für rein dogmatischen Widerstand gegen ein Projekt.
Wir wollen eine Konsenskultur statt ideologische Grabenkämpfe. Wir wollen einen Infrastrukturkonsens gemeinsam mit den Wirtschaftsverbänden, den Naturschutzverbänden und der Zivilgesellschaft; denn das ist das Erfolgsrezept der immer wieder als gutes Beispiel angeführten Dänen und Niederländer.
Eines gehört auch zur Wahrheit: In der Praxis packen wir die Modernisierung unserer Verkehrsinfrastruktur nur dann, wenn wir noch mehr Ingenieurinnen und Ingenieure in den Verwaltungen einstellen, wenn noch mehr Handwerkerinnen und Handwerker auf dem Bau tätig sind. Ebenso brauchen wir in den Planungsbehörden mehr Expertinnen und Experten für Kommunikation sowie Generalistinnen und Generalisten, die Verantwortung übernehmen.
Wir müssen anerkennen, dass sich im Arbeitsmarkt gerade bei diesen Tätigkeiten fundamental einiges verändert hat. Mit unseren alten Ansätzen werden wir den Wettbewerb um diese Fachkräfte nicht bestehen können. Wir brauchen eine moderne, nachhaltige Beschäftigungs- und Qualifikationsinitiative im Bereich des Bauens.
(Beifall bei der SPD)
Damit schaffen wir die Grundlage, dass wir wieder stolz sein können auf unsere Brücken, Schleusen, Bahnstrecken und Straßen, die schnell und solide gebaut werden.
Meine Damen und Herren, ich freue mich auf die weitere Ausschussberatung und darauf, dass die FDP-Bundestagsfraktion beim Thema „Bauen und Planungsbeschleunigung“ noch einiges dazulernen wird.
(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Aber nicht von Ihnen!)
Wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben dabei alles im Blick. Wir werden gut entscheiden, gut planen, gut bauen, und dabei werden wir die Menschen beteiligen, mit ihnen streiten und mit ihnen gemeinsam dieses Land erneuern.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD – Ulli Nissen [SPD]: Genau! Wir sind super! Völlig richtig!)
Vielen Dank. – Als Nächster spricht für die Fraktion Die Linke der Kollege Jörg Cezanne.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7427876 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 147 |
Tagesordnungspunkt | Beschleunigung von Verkehrsprojekten |