14.02.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 147 / Tagesordnungspunkt 12

Kirsten LühmannSPD - Beschleunigung von Verkehrsprojekten

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Herr Präsident! Sehr verehrte Kollegen und Kolleginnen! Sehr verehrte Zuhörende! 1779 wurde die Hannoversche Heerstraße, die heutige B 3, von Hannover nach Celle fertiggestellt. Etwa 150 Jahre später, im Jahr 1927, haben die Stadtväter und Stadtmütter gemeint, ihre Innenstadt – übrigens eine wunderschöne Fachwerkinnenstadt; sie liegt in meinem Wahlkreis; wer sie besuchen möchte: es lohnt sich wirklich – vom Durchgangsverkehr freimachen zu wollen, und sie wollten eine Ortsumfahrung planen. Schon 80 Jahre später, im Jahr 2007, wurden die Baumaßnahmen begonnen.

(Ulli Nissen [SPD]: Ui!)

Heute, 13 Jahre später, sind wir beim dritten von fünf Bauabschnitten.

Liebe Kollegen und Kolleginnen, wir alle kennen diese Beispiele aus unseren Wahlkreisen. Diese Bundesregierung und auch die davor haben mit Planungsbeschleunigungsmaßnahmen dafür gesorgt, dass solche Zustände in Zukunft nicht mehr vorkommen können.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Aber wir wissen auch: Wir sind noch nicht am Ende. Das Wichtigste für ein Bauvorhaben ist die Akzeptanz, die Akzeptanz bei der Bevölkerung und bei den Nutzenden. Um Akzeptanz zu erreichen, ist die erste Maßnahme die Bürgerbeteiligung. Wir haben uns dazu in der letzten Sitzungswoche in unseren Anträgen geäußert. Ich kann Ihnen auch sagen, dass dies in Bezug auf die Ortsumfahrung in Celle etwas war, was damals eben noch nicht in dieser Form gemacht wurde. Gerade, vor 14 Tagen, hat eine Vereinbarung mit dem BUND zum Thema Fledermausschutz dazu geführt, dass es eben keine Klage gab, sondern dass die Pläne geändert wurden und dass diese Straße jetzt zügig gebaut werden kann. Das ist der richtige Weg.

(Beifall bei der SPD)

Die Deutsche Bahn hat dies in dieser Region ebenfalls erkannt und hat beim schienengebundenen Hafenhinterlandverkehr für genau diese frühzeitige Bürgerbeteiligung gesorgt. Wir sind da auf einem guten Weg, und solche Maßnahmen zeigen uns, wo die Reise hingehen muss.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Allerdings, liebe Kollegen und Kolleginnen: Allein die Bürgerbeteiligung macht es nicht. Wir müssen auch den Mut haben, die Ergebnisse dieser Bürgerbeteiligung umzusetzen, auch wenn sie Geld kosten. Ich gebe hier ein Beispiel: die Entschädigungsregelung. Im Moment werden Grundstücke, die für Verkehrswege benötigt werden, nach dem Verkehrswert entschädigt. Jetzt können alle sagen: Den Verkehrswert zugrunde zu legen, ist doch richtig; niemand soll daran verdienen. – Ich kann Ihnen aber auch aus unserer Region, dem östlichen Niedersachsen, sagen: Das reicht für die Landwirte und Landwirtinnen nicht. Wir brauchen hier eine Entschädigung nach dem Wiederbeschaffungswert.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Was nützt es ihnen, wenn ihnen der Verkehrswert für ihr Grundstück bezahlt wird, sie sich aber in dieser Region für dieses Geld kein anderes Ackerland kaufen können, um ihren Betrieb aufrechtzuerhalten, liebe Kolleginnen und Kollegen? Dass diese dann klagen, ist doch wohl klar. Das müssen wir ändern.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sie haben in Ihrem Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, auch das Thema Präklusion angesprochen. Was ist das? Die Präklusion bezeichnet eine Frist, nach der keine schon vorher bekannten Fakten mehr ins Verfahren eingebracht werden können. Ja, das halten wir auch für sinnvoll, weil wir sehen, dass dadurch, dass man vorher etwas weiß und es erst später einbringt, Verfahren verzögert werden können. Aber Sie wissen ganz genau, dass der Europäische Gerichtshof die bestehenden Regelungen zur Präklusion für europarechtswidrig erklärt hat. Insofern finden wir es unverständlich, das jetzt einführen zu wollen.

Dagegen ist das, was die Koalition macht, richtig. Wir sagen: Die Niederlande haben einen Vorschlag gemacht. Dieser Vorschlag wird jetzt gerade vom EuGH geprüft. Wenn der EuGH sagt: „Dieser niederländische Vorschlag ist machbar“, dann werden wir uns damit beschäftigen und werden gucken, wie wir das in Deutschland umsetzen können. Das ist der richtige Weg und nicht, sehenden Auges in Klagen reinzulaufen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Der letzte Punkt betrifft die Frage: Wie können wir Verfahren beschleunigen? Ja, mit der Digitalisierung! Das sogenannte BIM ist hier schon mal angesprochen worden, das Building Information Modeling, zu dem diese Koalition auch einen Antrag geschrieben hat, den wir in der nächsten Zeit beraten werden. Das heißt, wir sind nach vorne gegangen und haben gesagt: Wir müssen moderne Verfahren nutzen, um das Planen schneller und vor allen Dingen transparenter zu machen. Es ist angesprochen worden: Die Deutsche Bahn ist da Vorreiterin gewesen und hat das vorbildlich eingeführt. Wir werden jetzt bei anderen Baumaßnahmen für Straße und Wasserstraße nachziehen. Ich glaube, das ist der richtige Weg, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ja, wir brauchen Planungsbeschleunigung. Aber wir brauchen sie rechtssicher, wir brauchen sie praktikabel, und wir brauchen sie zum richtigen Zeitpunkt. Das haben wir gemacht, und das werden wir auch weiterhin in dieser Legislatur tun.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Für die FDP hat das Wort der Kollege Torsten Herbst.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7427881
Wahlperiode 19
Sitzung 147
Tagesordnungspunkt Beschleunigung von Verkehrsprojekten
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