Christian LindnerFDP - Regierungserklärung zur Bekämpfung des Coronavirus
Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Kürzlich dachte man noch, es gehe darum, dass Eindringen des Virus nach Deutschland zu verhindern. Jetzt gelten wir bisweilen selbst als ein Risikoland. Das zeigt, wie schnell sich die Lage verändert. Deshalb verbietet sich jetzt eine schon bilanzierende Debatte, und deshalb begrüßen wir, mit welcher Klarheit, Besonnenheit und Transparenz die Bundesregierung mit dieser unsicheren Lage umgeht.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es gibt große Verunsicherung, auch Ängste. Darüber ist hier schon gesprochen worden. Das Ziel muss jetzt der gesundheitliche Schutz der Bevölkerung sein. Es geht um die Information der Menschen und das Eindämmen des Virus. In einer solchen Situation verbietet sich für uns jede parteipolitische kleinteilige Betrachtung. Diejenigen, die jetzt für das Krisenmanagement Verantwortung tragen, verdienen im Moment die ungeteilte Unterstützung dieses Parlaments, und vor allen Dingen verdienen diejenigen, die in Heilberufen tätig sind, unseren Respekt und Dank und kein falsches Störfeuer.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der Bundesminister für Gesundheit hat davon gesprochen, dass die Folgen der Krise und die Angst möglicherweise erheblicher sein könnten als das Virus selbst. Das muss man ernst nehmen. In gesundheitlicher Hinsicht werden wir langfristig über Konsequenzen nachdenken müssen: Haben wir eigentlich die richtigen Schlussfolgerungen aus früheren Ereignissen gezogen? Stimmt die Behördenzusammenarbeit? Dazu wird mein Kollege Professor Dr. med. Andrew Ullmann gleich sprechen. Der Minister selbst hat gesagt, er mache sich Notizen. Herr Spahn, auch wir machen uns Notizen, auf die man später zurückkommen muss.
Aber es geht nicht nur um gesundheitliche Risiken, sondern es gibt auch Risiken in wirtschaftlicher Hinsicht. Die Minister Spahn und Seehofer haben einen Krisenstab gebildet. Wir erwarten, dass es einen solchen Krisenstab auch von Herrn Altmaier und Herrn Scholz gibt.
(Beifall bei der FDP)
Wo ist das?
Die OECD schlägt bereits Alarm. Wir wissen, dass wir vor Corona bereits auf dem Weg in eine Rezession waren. Die Fed hat eine Zinssenkung überraschend beschlossen. Wo sind entsprechende Maßnahmen bei uns?
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Soll die EZB die Zinsen senken?)
– Nein, die EZB sollte gerade nicht die Zinsen senken, Herr Kollege. Weil gleichzeitig Angebot und Nachfrage ausfallen könnten und die geldpolitischen Möglichkeiten der EZB bereits nahezu ausgeschöpft sind, sind fiskalische Maßnahmen umso bedeutsamer.
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Also nicht die EZB!)
Und da erwarten wir von der Bundesregierung einen Akutplan.
(Beifall bei der FDP)
Man darf doch nicht sehenden Auges abwarten, dass die Wirtschaft abrauscht. Vielmehr müssen wir jetzt handeln, gerade weil wir als Exportnation durch die Lieferketten und die internationale Einbindung in besonderer Weise verwundbar sind, Herr Schneider.
Deshalb erwarten wir ein Maßnahmenpaket, das auch fiskalische Maßnahmen umfasst. Wir denken an Sonderabschreibungen. Bereits von der Großen Koalition vorgesehene Entlastungen, über die es also gar keinen Streit mehr gibt, könnten vorgezogen werden. Auch das wäre ein sinnvolles Signal. Staatliche Investitionen könnten beschleunigt werden, indem man kurzfristig das Planungsrecht entschlackt. Und vor allen Dingen: Gerade wenn es um den kurzfristigen Ausfall von Produktion geht, müssen die Möglichkeiten der Kurzarbeit wieder flexibilisiert werden, damit sie praxistauglich sind.
(Beifall bei der FDP)
Bürger, Beschäftigte und Betriebe erwarten gemeinsam, dass die Regierung sich den gesundheitlichen Risiken stellt. Aber in gleicher Weise ist es auch notwendig, den wirtschaftlichen Risiken etwas entgegenzusetzen. Dazu fordern wir Sie auf.
(Beifall bei der FDP)
Jetzt hat das Wort der Kollege Dr. Georg Nüßlein, CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7431152 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 148 |
Tagesordnungspunkt | Regierungserklärung zur Bekämpfung des Coronavirus |