Benjamin StrasserFDP - Aufnahmebereitschaft von Städten und Kommunen
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns erreichen in den letzten Tagen Bilder von der griechisch-türkischen Grenze, die uns in diesem Haus fast alle betroffen machen. Solche Szenen sind leider nicht neu, sondern wir erleben sie seit Jahren. Wir erleben seit Jahren, dass im Mittelmeer Menschen ertrinken. Wir erleben seit Jahren, dass es teils unmenschliche Zustände in Lagern gibt – in Europa, aber auch außerhalb von Europa. Wenn wir diese Bilder sehen, dann werden wir jedes Mal mit dem Versagen deutscher und europäischer Außenpolitik konfrontiert.
(Beifall bei der FDP)
Wenn nicht jetzt, wann dann wäre es Zeit für einen Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs, liebe Kolleginnen und Kollegen?
(Beifall bei der FDP)
Ein Gipfel, der ein einheitliches Vorgehen in der Migrationskrise festlegt, ein Gipfel, der Staaten wie Griechenland materiell, personell und finanziell unterstützt, ein Gipfel, der eine neue Initiative für ein Ende des Bürgerkriegs in Syrien einleitet, ein Gipfel, der logistische und finanzielle Unterstützung für Flüchtlingsorganisationen vor Ort leistet und damit auch ein starkes Signal der Entschlossenheit an den türkischen Staatspräsidenten senden würde.
(Beifall bei der FDP)
Und es könnte ein Gipfel werden, der allein aufgrund des Drucks des Faktischen endlich den Weg frei macht für ein gemeinsames europäisches Asylrecht.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Jetzt ist die Stunde Europas, liebe Kollegen. Jetzt ist die Stunde gemeinsamen Handelns. Und jetzt ist die Stunde, das zu tun, was die Bundesregierung im Herbst 2015 nicht getan hat, nämlich ganz Europa mitzunehmen und keinen deutschen Sonderweg zu gehen.
(Beifall bei der FDP)
Liebe Kollegen Throm und Amtsberg, das ist ja das Problem, warum es kein gemeinsames europäisches Asylsystem gibt, warum uns die Kollegen der anderen Parlamente dieses Verhalten bis heute vorwerfen.
Wenn man sich die Anträge von den Grünen und den Linken genauer anschaut, ist es alles andere als ein gemeinsames und koordiniertes Vorgehen. Im Gegenteil: Ihr Antrag ist nicht nur ein nationaler Alleingang, sondern er stellt unser nationales System auf den Kopf.
(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist vor allem Humanität!)
Kommunen haben aus gutem Grund keine Kompetenz, die Leitlinien der Asyl- und Flüchtlingspolitik zu bestimmen. Das wollen wir auch nicht ändern.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)
Was wir brauchen, ist ein verlässliches nationales Verteilungssystem, das zuverlässig für alle Kommunen gilt und nicht für diejenigen, die momentan sagen: Wir haben Platz. – Was machen Sie denn mit den Kommunen, die jetzt oder künftig sagen: „Wir haben keinen Platz.“? Akzeptieren Sie das? Ich will das nicht akzeptieren.
(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich akzeptiere nicht, dass Menschen sterben!)
Allein Ihr Verhalten wird zu einer Entsolidarisierung der Kommunen führen. Dieses Verhalten wollen wir nicht.
Wenn Sie ehrlich sind – ihre Motive mögen ehrenwert sein und sind es aus meiner Sicht auch –, werden Sie zugeben: Wenn wir Ihren Vorschlag umsetzen, dann ist es allenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein
(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für die Kinder ist es relevant!)
und löst nicht die Probleme von vielen Menschen, die in dieser Region festsitzen. Wir brauchen eine europäische Lösung – jetzt. Wir erwarten diese überfällige europäische Lösung, wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie endlich Initiativen auf europäischer Ebene ergreift. Wir lehnen Ihren Antrag ab.
Vielen herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege Strasser. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Ulla Jelpke, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7431568 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 148 |
Tagesordnungspunkt | Aufnahmebereitschaft von Städten und Kommunen |