Sascha RaabeSPD - Rohstoffversorgung der deutschen Industrie
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der AfD zielt darauf ab, Rohstoffe für die deutsche Industrie vornehmlich aus Afrika sozusagen postkolonial zu sichern; das ist ja das, was Ihnen eigentlich vorschwebt. Der Kollege von der FDP hat es schon gesagt: Das ist ein Ansatz, der in Afrika dazu geführt hat, dass wir heute immer noch Grenzziehungen haben, die den Ländern Schwierigkeiten bereiten.
Der Antrag ist das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben ist. Deswegen sage ich Ihnen ganz ehrlich: Ich will mich dazu gar nicht weiter äußern. Es ist traurig, dass Ihnen zum Thema Rohstoffe in erster Linie nur einfällt, wie wir hier mehr Gewinne machen können, anstatt das Augenmerk darauf zu richten, dass es in den betroffenen Ländern Minen gibt, in denen Kinder schuften müssen,
(Zurufe von der AfD)
wo Menschen wirklich sieben Tage die Woche für Ihre Handys und für Ihre Wohlstandsprodukte rackern müssen. Anstatt sich Gedanken zu machen, wie man das Leben dieser Menschen verbessern kann, fällt Ihnen nichts anderes ein, als hier wieder neu aufzulegen: Hauptsache, die deutsche Industrie kriegt billig Rohstoffe. – Das ist schäbig, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Genauso schäbig und unanständig ist es, dass Sie immer wieder die deutsche Entwicklungszusammenarbeit diskreditieren und in den Schmutz ziehen. Sie haben in Ihren Antrag geschrieben:
Deutschland dagegen setzt seine Entwicklungsleistungen vielfach ein, um in Partnerländern ideologische Ziele umzusetzen, die eher einer moralischen Lehrmeisterhaltung als konkreten Notwendigkeiten … gerecht werden.
(Beifall des Abg. Martin Reichardt [AfD] – Martin Reichardt [AfD]: Hervorragend! Hervorragend!)
Sie haben vorhin auch noch mal gesagt: politisch bedeutungslose Entwicklungszusammenarbeit. – Na gut, lautes Brüllen ersetzt nicht kluges Denken. Aber das sind wir von Ihnen ja gewohnt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der AfD)
Ich will Ihnen mal sagen, was die deutsche Entwicklungszusammenarbeit leistet; denn das ist mir mehr wert, als sich mit Ihrem Antrag zu beschäftigen. Sie bringen es ja immer wieder fertig, Programme zur Frauengleichstellung, die in den Ländern sehr wichtig ist,
(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
zu verspotten. Sie verspotten Programme zur reproduktiven Gesundheit. Da geht es darum, Menschen Familienplanung zu ermöglichen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie der Abg. Gökay Akbulut [DIE LINKE] – Beatrix von Storch [AfD]: „Abtreibung“ ist die Übersetzung des Wortes! Nicht Gesundheit! Abtreibung!)
Wir versuchen, Genitalverstümmelungen zu verhindern, Frauen Rechte zu verschaffen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das zu diskreditieren und sich darüber lustig zu machen, schlägt dem Fass den Boden aus.
Ich sage das Folgende für die Zuschauer, weil ich mich mit Ihnen nicht mehr beschäftigen möchte,
(Martin Reichardt [AfD]: Das müssen Sie auch nicht! Gehören Sie dem nächsten Bundestag noch an bei Ihren Wahlergebnissen?)
damit wenigstens diese wissen, was wir hier machen. Ich nehme mal den Bereich „EINEWELT ohne Hunger“: Wir investieren jährlich 1,5 Milliarden Euro in die Ernährungssicherung und die landwirtschaftliche Entwicklung weltweit. Allein seit September 2017 konnten 350 000 Kleinbäuerinnen und Kleinbauern ihr Einkommen durch Trainings- und Beratungsleistungen um knapp 30 Prozent steigern. Wir haben 140 000 Menschen aus knapp 29 000 Haushalten gesicherte Landrechte vermittelt, damit Landkonflikte anhand von Dokumenten gelöst werden. Auch das ist ein Ergebnis deutscher Entwicklungszusammenarbeit.
In dem Bereich „globale Gesundheit“, den Sie gerade verspottet haben, investieren wir jährlich 1 Milliarde Euro in Gesundheitssysteme, damit Epidemien und vernachlässigte Krankheiten bekämpft werden können. Wir unterstützen den Globalen Fonds zur Bekämpfung von HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria. Wir haben dadurch maßgeblich beigetragen, globale Infektionskrankheiten einzudämmen. Allein 2018 haben wir 18 Millionen Menschen Zugang zu antiretroviraler HIV-Behandlung verschafft, 80 Millionen Menschen auf HIV getestet und 10 Millionen Menschen mit HIV-Präventionsmaßnahmen erreicht. Alles das, was Sie unter dem Begriff „sexuelle Gesundheit“ verspotten, hilft Menschenleben retten, und das machen wir mit deutscher Entwicklungszusammenarbeit, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Eva-Maria Schreiber [DIE LINKE])
Wir haben – das sage ich jetzt im Namen des ganzen Hauses; denn das Haus außer der AfD hat es mitgetragen und dankenswerterweise die Mittel im Haushalt zur Verfügung gestellt – die globale Impfallianz GAVI unterstützt und es dadurch geschafft, die Kindersterblichkeitsrate im Durchschnitt von 76 auf 64 Todesfälle pro 1 000 Lebendgeburten zu senken. Wir haben 30 Millionen Kinder geimpft und dadurch 1 Million Todesfälle vermieden. Wir haben Klinikpartnerschaften aufgebaut, mehr als 60.
Ich könnte hier noch ganz lange fortfahren. Aber vor allem eines möchte ich am Ende sagen: Wir unterstützen auch die zivilgesellschaftlichen Akteure, weil es ganz viele NGOs gibt, die draußen im Feld den Ärmsten der Armen helfen, sich für Frauen und für Kinder einsetzen, gegen Kinderarbeit etwas tun. Allein im Jahr 2019 fördern wir mit 1 Milliarde Euro die politischen Stiftungen, die Kirchen und die privaten Träger. Ich möchte die ganzen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer vor Ihren Verleumdungen und Verspottungen in Schutz nehmen und ihnen meinen herzlichen Dank aussprechen.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ihr macht eine tolle Arbeit für die Ärmsten der Armen! Wir sind stolz auf euch, und wir sehen, dass wir in einer Welt leben.
Wir spielen Probleme in Deutschland nicht gegen Hunger in Afrika aus. In diesem Sinne: Wir hier stehen für eine Gesellschaft, eine Welt. Und wenn Sie sich außerhalb stellen, soll uns das egal sein; davon lassen wir uns nicht beirren.
Vielen Dank, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Raabe. – Die Kollegin Eva-Maria Schreiber hat das Wort für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7432063 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 149 |
Tagesordnungspunkt | Rohstoffversorgung der deutschen Industrie |