05.03.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 149 / Tagesordnungspunkt 18

Johannes VogelFDP - Arbeitszeitgesetz

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Lieber Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es kommt selten vor – ich würde sagen: sehr selten –, dass ich Kolleginnen und Kollegen von der Linken in einer arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Debatte recht geben muss.

(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Aber immer häufiger kommt das vor!)

Aber in einer einzigen Hinsicht muss ich das heute tun. Der Eiertanz, den diese Bundesregierung nach dem EuGH-Urteil seit Monaten veranstaltet, ist wirklich ein Skandal. Es wird Zeit, dass Sie hier einmal zu einer einheitlichen Position kommen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Bernd Rützel [SPD]: Jetzt bin ich auf die Position der FDP gespannt!)

Ja, es gibt unterschiedliche Gutachten, wie dieses Urteil auszulegen ist. Es gibt unterschiedliche Positionen des Arbeitsministeriums und des Wirtschaftsministeriums, Hubertus Heil gegen Peter Altmaier. Aber die Beschäftigten in diesem Land, die Unternehmen in diesem Land, die Menschen, die das Arbeitszeitgesetz anwenden müssen, haben ein Anrecht darauf, dass Sie uns einmal mitteilen: Was ist denn die Position dieser Bundesregierung? Muss aus Ihrer Sicht das Arbeitszeitgesetz nach dem EuGH-Urteil angepasst werden oder nicht? Auf diese Klarheit haben die Menschen ein Anrecht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es reiht sich ein in die Kaskade des Nichtstuns dieser Koalition beim Arbeitszeitgesetz. Wie lange reden wir jetzt schon über dieses Thema? Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Andrea Nahles, eine Sozialdemokratin, war es, die das Thema auf die Agenda gebracht hat. Wir haben Ihnen einen konkreten Gesetzentwurf in dieser Legislaturperiode vorgelegt.

(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Der war nicht so gut!)

Sie können ruhig sagen, dass Sie es besser machen können. Sie haben allerdings in Ihrem Koalitionsvertrag versprochen, dass Sie etwas beim Arbeitszeitgesetz machen. Was ist bis jetzt passiert? Nada, niente, nichts! Das ist zu wenig, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition.

(Beifall bei der FDP – Bernd Rützel [SPD]: Alles der Reihe nach!)

Reden wir einmal über die Sache. Da gibt es natürlich Unterschiede, gerade zu den Kolleginnen und Kollegen von der Linken.

(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Gott sei Dank! Ich war schon in Sorge!)

Sie tragen ja wie ein Mantra den Satz vor sich her – wir haben ihn von der Linken gehört; wir haben ihn von der SPD gehört; ich bin mir ganz sicher, dass wir ihn auch von Beate Müller-Gemmeke von den Grünen hören werden; zwischen die Grünen und die Linken passt bei diesem Thema wie immer kein Blatt –:

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Arbeitszeitgesetz ist ein Arbeitnehmerschutzgesetz.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Gabriele Hiller-Ohm [SPD])

Wissen Sie, was? Das ist völlig richtig. Der Punkt ist, dass Sie nicht sehen, dass wir alle das teilen. Ich verstehe schon, dass das Ihre gedanklichen Schubladen ein bisschen überfordert. Diese sind einfach: CDU/CSU und FDP irgendwie für die Arbeitgeber, Sie für die Arbeitnehmer. Die Sache ist: Das ist hier überhaupt nicht der Punkt.

(Susanne Ferschl [DIE LINKE]: Doch! – Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Erfahrungswert!)

Der Punkt ist, dass das Arbeitszeitgesetz nicht mehr in die Zeit passt und dass heute Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die das moderne Arbeiten leben wollen, schon millionenfach gegen dieses Gesetz verstoßen oder in starren Korsetts eingesperrt sind. Deshalb dürfen wir nicht ignorieren, wenn ein Gesetz nicht mehr in die Zeit passt. Wir müssen es endlich modernisieren, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP)

Wir leben eben nicht mehr in den Zeiten von Kaiser Wilhelm, den die Kollegin Hiller-Ohm allen Ernstes als Kronzeugen für das Arbeitszeitgesetz angeführt hat,

(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Ja, hab ich auch!)

sondern wir leben in Zeiten des digitalen Arbeitens. Ein Arbeitszeitgesetz, das aus einer Zeit kommt, in der das Smarteste ein Telefon ohne Wählscheibe war, passt nicht mehr in die Zeit. Deshalb muss es endlich modernisiert werden.

(Beifall des Abg. Pascal Kober [FDP])

Wir wollen nicht, dass irgendjemand in Summe mehr arbeiten muss oder weniger Pausen machen darf. Aber wir wollen, dass die Menschen endlich selbstbestimmt entscheiden können, wie sie unter der Woche ihre Arbeitszeit verteilen. Deshalb: Modernisieren Sie endlich das Arbeitszeitgesetz, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition!

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Beate Müller-Gemmeke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7432413
Wahlperiode 19
Sitzung 149
Tagesordnungspunkt Arbeitszeitgesetz
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