Jens BrandenburgFDP - Erasmus-Programm
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erasmus ist weit mehr als ein Bildungsaustausch. Es steht für Weltoffenheit, gemeinsame Erfahrungen, persönliche Reife, das Erlernen einer neuen Sprache, den kulturellen Blick über den eigenen Tellerrand hinaus und auch für neue Freundschaften, die entstehen. Diese interkulturelle Verständigung ist immer noch das beste Mittel gegen Vorurteile, Populismus und nationale Engstirnigkeit.
(Beifall bei der FDP)
Die AfD behauptet in ihrem Antrag, der Gedanke, junge Menschen für Europa zu begeistern, verliere an Gewicht. Das Gegenteil ist doch richtig: In Zeiten, in denen Rechtspopulisten wie Sie Europa madig reden und unser Land in eine nationale Isolation führen wollen, brauchen wir nicht weniger, sondern mehr europäischen Austausch.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD – Norbert Kleinwächter [AfD]: Das wollen wir doch überhaupt nicht! Wir wollen europäische Zusammenarbeit!)
Sie haben eben behauptet, Herr Kleinwächter, dass Sie – angeblich – hinter Erasmus stehen. Wenn man Ihren Antrag und auch Ihr Verhalten der letzten Jahre hier im Parlament anschaut, erkennt man, dass Sie Erasmus-Mittel kürzen wollen. Das ist also eine Mogelpackung, was Sie zumindest in der Überschrift vorlegen.
(Beifall bei der FDP)
Wir wollen die Erasmus-Mittel ausbauen, heute mehr denn je. Genau dafür sollte sich auch die Bundesregierung in den europäischen Haushaltsberatungen einsetzen. Ich freue mich sehr, Herr von Abercron, dass auch die CDU/CSU-Fraktion diese Forderung unterstützt; denn auf unsere schriftlichen Fragen hat die Bundesregierung uns gegenüber jede Zuständigkeit an diesem Auftrag abgelehnt. Also schön, wenn wir da gemeinsam kämpfen.
Der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union ist eine sehr schmerzhafte Zäsur. Zwei Drittel der jungen Briten haben ja gegen den Austritt, gegen den Brexit gestimmt. Man kann nur hoffen, dass kommende Generationen einmal die Chance ergreifen, sich wieder gemeinsamen mit uns in einer Europäischen Union zu vereinen.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Enrico Komning [AfD]: Da wird es die EU aber nicht mehr geben!)
Unter den Folgen des Brexits dürfen aber jetzt nicht diejenigen leiden, die den europäischen Gedanken weiter leben wollen. Lassen wir den Austausch mit Großbritannien also nicht abreißen! Für deutsche Erasmus-Studierende ist Großbritannien das drittwichtigste Gastgeberland. Auch umgekehrt kommen jedes Jahr über Erasmus viele junge Briten nach Deutschland. Lassen wir diese junge Generation nicht im Stich! Wir wollen, dass Großbritannien Programmland in Erasmus bleibt.
(Beifall bei der FDP)
Nun klagen Sie von der AfD, gerade Herr Frömming – heute nicht anwesend –, so oft über Überakademisierung und eine Vernachlässigung der beruflichen Bildung. Jetzt beantragen ausgerechnet Sie, in Erasmus die sogenannte – Zitat – „Kerngruppe der Studenten“ als einzige Gruppe in den Blick zu nehmen.
(Beifall der Abg. Leni Breymaier [SPD])
Wenn es konkret wird, wollen Sie von der Gleichwertigkeit der beruflichen Bildung also nichts mehr wissen. Das ist heuchlerisch.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Karamba Diaby [SPD]: Heuchelei! Genau!)
Da Sie so gerne in der Vergangenheit leben: Schauen Sie sich gerne die Tradition der Wandergesellen an. Die machen sich seit dem späten Mittelalter auf den Weg, um nach der Ausbildung ihren Horizont zu erweitern, von anderen zu lernen und die Welt zu entdecken. Diesen Gedanken sollten wir im modernen Europa wiederbeleben.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Formal steht Erasmus auch Azubis offen. Nicht einmal 3 Prozent der Azubis nutzen das. Es scheitert oft an bürokratischen Hürden, an Ansprache, Beratung, Lehrplänen in den beruflichen Schulen, auch an der Vermittlung von Partnerbetrieben. Deshalb sagen wir als Freie Demokraten: Wir brauchen das, was wir mit dem DAAD für Studierende haben, eine Art Rundum-sorglos-Paket für den Auslandsaufenthalt, auch für die berufliche Bildung.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Stärken wir Erasmus! Behalten wir Großbritannien als Programmland in Erasmus, und unterstützen wir die berufliche Bildung! Ein entsprechender Antrag der Freien Demokraten liegt dem Ausschuss bereits vor. Wir freuen uns sehr auf die Beratung.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Leni Breymaier [SPD] – Dr. Karamba Diaby [SPD]: Gut gemacht, Jens!)
Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist für die Fraktion der SPD die Kollegin Ulrike Bahr.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7432433 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 149 |
Tagesordnungspunkt | Erasmus-Programm |