06.03.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 150 / Tagesordnungspunkt 25

Martin NeumannFDP - Kohleausstieg

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, der vorliegende Gesetzentwurf zum Kohleausstieg müsste und sollte das wichtige Gesetz im Zuge der Energiewende sein. Aber damit – jetzt komme ich auf genau das, worauf wir letztendlich auch im weiteren Verfahren der Beratung dieses Gesetzentwurfs achten müssen – haben wir den Anfang einer gefährlichen Planwirtschaft auf Kosten der Wirtschaft, der Verbraucher und der Gesellschaft, auf Kosten von Versorgungssicherheit, Strompreisen, Wertschöpfung und Vertrauen vor Ort. Das festzuhalten, ist, glaube ich, wichtig.

(Beifall bei der FDP)

Leider Gottes haben wir Zeitverzug. Das haben wir an mehreren Stellen deutlich gesagt. Zentrale Vorhaben der Bundesregierung wurden bisher nicht realisiert; über EEG und GEG haben wir gesprochen. Weiter sind zu nennen: Strukturstärkung, Kohleausstieg, europäische Energiepolitik, CCS und CCU, Besteuerung von Stromspeichern usw. usw. Das lässt sich fortführen. Hier muss nachgearbeitet und vorgelegt werden, liebe Bundesregierung.

(Beifall bei der FDP)

Ich fasse einmal zusammen – hier wäre ja viel zu sagen –, welche fünf Punkte wir deutlich kritisieren. Zu denen werden wir Änderungen einbringen.

Erstens. Der Ausstieg aus einem heimischen Energieträger, ohne gleichzeitig oder in gleichem Umfang in gesicherte Leistungen einzusteigen, ist ein gefährlicher Weg. Ich sage es noch mal ganz deutlich: Wir sollten uns weniger auf installierte Leistung konzentrieren, sondern tatsächlich auch auf die Energiemenge.

(Beifall bei der FDP)

Da achten wir bitte darauf: Welche Potenziale haben wir in diesem Land? Da muss ich ganz ehrlich immer wieder sagen: Darüber streiten sich die Experten. Haben wir 1 800 Terawattstunden oder 2 000 Terawattstunden, die im Moment ungedeckt sind? Diese Frage müssen wir klären, damit es hier nicht zu Lücken kommt.

(Beifall bei der FDP)

Zweitens. Der Gesetzentwurf enthält keine klare Definition für die Sicherheit der Versorgung. Wir dürfen uns gerade auf diesem Sektor – Energie geht alle an – keine waghalsigen Manöver leisten.

Jetzt gehe ich noch mal zurück, Herr Minister Altmaier. Wir haben im letzten Jahr, nach drei Jahren, einen Versorgungssicherheitsbericht bekommen. Er war nach drei Jahren eigentlich überfällig. Wenn ich mir angucke, was da festgelegt ist, so meine ich: Wir brauchen eine viel stärkere Dynamik. Da muss viel stärker reingeguckt werden, nicht nur national, sondern vor allen Dingen auch europäisch. Das fehlt mir an dieser Stelle. Das ist meiner Ansicht nach einer der wichtigen Punkte. Wir sollten das Ganze also dynamisch betrachten.

Drittens. Generell muss es eine verlässlichere Regelung, eine gerichtsfeste Regelung zu Ausstiegsdaten und Entschädigungen geben. Schluss mit der Hängepartie; denn das schadet auch den Regionen!

(Beifall bei der FDP)

Vielleicht nur noch ein kleiner Nebensatz: Es ist ja keine neue Erkenntnis, dass es immer einen Preis hat, wenn Politik in Wirtschaft eingreift. Das war schon immer so, und jetzt müssen wir darüber nachdenken oder darüber beraten, wie wir das Ganze in den Griff bekommen.

Viertens. Der Gesetzentwurf verdichtet den Förderdschungel im Energiebereich. Das, was beim EEG damals begann, wo die Systematik fehlt, also vom Beginn, bei der Umwandlung, bis hin zum Verbraucher, setzt sich nun fort. Das muss auch bei KWK, also beim Kraft-Wärme-Kopplungsbereich, geregelt werden. Forderungen nach Streichung von Beschränkungen sind da im Prinzip schon in der öffentlichen Diskussion. Aber, liebe Kollegen der Bundesregierung, statt mehr Marktwirtschaft vorzusehen, wird noch mehr Geld in das System gesteckt, und das lehnen wir ab.

(Beifall bei der FDP)

Fünftens. Wir brauchen eine enge Verknüpfung – ich gehe mal davon aus, dass Ministerpräsident Haseloff darauf eingehen wird –, eine stärkere Verknüpfung mit dem Strukturstärkungsgesetz. Letzteres droht – zumindest gibt es Ansätze – hinten runterzufallen. Also: Wir brauchen eine ganz klare Fokussierung; statt Gießkannenprinzip eine klare Orientierung auf die Frage der Energieinfrastrukturen, die wir vor Ort installieren müssen.

Meine Damen und Herren, mit Blick auf die Uhr: Der Gesetzentwurf ist so nicht zustimmungsfähig. Wir haben hier Nachbesserungsbedarf. Ich freue mich auf die Anhörung am 25. März.

Noch mal zum Mitschreiben für alle, die diesen verantwortungsvollen Prozess auch wirklich ernsthaft begleiten: Merken Sie sich bitte vier Vs, die wir an dieser Stelle in den Vordergrund stellen sollten:

Kollege Neumann, bitte schnell.

Vertrauen, Verantwortung, Verbindlichkeit und Führung, wobei das letzte Wort mit F geschrieben ist.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP – Lachen bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Vorführung!)

Das Wort hat der Kollege Lorenz Gösta Beutin für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7432498
Wahlperiode 19
Sitzung 150
Tagesordnungspunkt Kohleausstieg
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