06.03.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 150 / Tagesordnungspunkt 29

Sebastian HartmannSPD - Änderung des THW-Gesetzes

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Technische Hilfswerk ist eine einzigartige deutsche Institution, auf die wir zu Recht stolz sein können. Es sind unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger, die in übergroßer Zahl im Ehrenamt tätig sind, die das THW ausmachen. Damit ist das THW überall in Deutschland präsent, und zwar immer dann, wenn es wirklich darauf ankommt. Ob in Bayern Dörfer eingeschneit sind, ob ein Damm zu bersten droht oder wenn schweres Gerät notwendig ist, um etwas zu bergen, zu räumen: Immer wieder rücken die Helferinnen und Helfer des Technischen Hilfswerks aus. Der Schutz der Bevölkerung vor besonderen Gefahren wird großgeschrieben, und wenn sie sich aus eigener Kraft nicht schützen kann, dann sind die Helferinnen und Helfer des Technischen Hilfswerks zur Stelle und unterstützen einen modernen Staat bei dieser wichtigen Aufgabe. Jetzt ist der richtige Moment, allen dafür ganz herzlich zu danken.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es ist eine Besonderheit dieser Bundeseinrichtung, dass tatsächlich nur 1 Prozent hauptamtlich tätig ist. 99 Prozent oder 80 000 Helferinnen und Helfer – das kann man nicht wertschätzend genug formulieren – setzen sich ehrenamtlich für Menschen ein. Es ist die höchste Form der gelebten Solidarität, dass Menschen bereit sind, im Einsatz ihre Gesundheit oder auch ihr Leben zu riskieren, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Ich finde, dass diese gelebte Solidarität höchste Anerkennung verdient und uns als Gesetzgeber auch verpflichtet, die nötigen Haushaltsmittel bereitzustellen und gesetzgeberische Maßnahmen zu ergreifen, wie wir es jetzt mit der Änderung des Technischen-Hilfswerk-Gesetzes tun.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Marian Wendt [CDU/CSU])

Wir stärken damit auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt. In den Leitsätzen des Technischen Hilfswerks ist formuliert:

Wir sind jederzeit bereit, in Deutschland und weltweit zu helfen … Wir bekennen uns zur Demokratie und dulden keine Diskriminierung … Wir setzen uns für die Vielfalt unserer Gesellschaft auch im THW ein …

Das sollte man in dieser Debatte allen Fraktionen dieses Hohen Hauses auch sagen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ich glaube aber, dass der Katastrophenschutz in Deutschland vor neuen Herausforderungen steht. Es sind die direkten und indirekten Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel, aber auch einer digitalisierten, total vernetzten Gesellschaft. Mittlerweile sind wir mit Situationen konfrontiert, die so nicht absehbar waren. Wichtig ist, darauf zu reagieren. Eine veränderte Bedrohungslage – der Klimawandel wurde angesprochen – bedeutet aber auch veränderte Rahmenbedingungen für den Zivil- und Katastrophenschutz. In der Konzeption Zivile Verteidigung haben wir auf Bundesebene entsprechende Weichen schon vor einigen Jahren gestellt; wir arbeiten das Stück für Stück ab und sorgen für entsprechende Rahmenbedingungen.

Das Technische Hilfswerk stellt sich diesem Wandel. Es sind nicht nur die Rahmenbedingungen, die sich verändert haben; vielmehr müssen wir auch anerkennen, dass sich in unserer Gesellschaft Bedingungen – zu nennen sind hier die Freistellungen oder auch das Zusammenspiel zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern – verändert haben. Hierauf reagieren wir als Gesetzgeber. Ich meine, diese Verantwortung betrifft nicht nur uns im Deutschen Bundestag. Auch Länder und Kommunen können ihren Beitrag dazu leisten, ein gutes Miteinander der Hilfsorganisationen, insbesondere für das Technische Hilfswerk, vor Ort zu organisieren. Denn wenn es darauf ankommt, muss die eine Hand in die andere greifen. Hier wollen wir gemeinsam anpacken.

(Beifall bei der SPD)

Ein weiterer Punkt ist – das wurde angesprochen – die Kostentragungspflicht. In Artikel 35 Grundgesetz ist geregelt, dass der Bund auch zur Unterstützung der Länder tätig wird, wenn es um übergreifende Schadenslagen geht. Wir haben im Haushalt 200 entsprechende Stellen geschaffen und in die Besetzung gebracht. Aber wir können noch mehr tun, nämlich immer dann, wenn sich die Frage stellt: „Wer ist denn der Kostenträger?“, wenn es darum geht: „Wer zahlt nachher?“, wenn es keinen gibt, den man zur Verantwortung ziehen kann. Hier nehmen wir als Koalition Formulierungshilfen gerne an. Ich sage auch klar – der Haushälter nickt –: Herr Kollege Gerster, vielen Dank für die Bereitstellung der Mittel. Ohne die Haushälter ginge es nicht; das wissen wir ja alle hier im Haus. Aber wir müssen, wenn wir das Gesetz geändert haben, diese Mittel auch in den Haushalt einstellen. Ich glaube, da greifen Gesetzgebung und Haushalt gut ineinander. Dann nehmen wir doch die Zusage direkt auf, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Der zweite Punkt ist, dass wir ein anderes Zusammenspiel brauchen, wenn es um die Freistellung geht; hierzu gehört auch die Einführung des Begriffs „Dienste“. Diesen Punkt greift das THW-Gesetz auf. Es geht nämlich nicht nur um die Kostenfrage, sondern auch darum, zu überlegen: Wie kann man diese Arbeitszeiten in einem veränderten Arbeitsumfeld besser abbilden? Es ist wichtig, dass auch Nachbereitungszeiten nach Einsätzen von den Freistellungsansprüchen erfasst werden und nicht zur privaten Freizeit, die die ohnehin kurze Nacht nach dem Einsatz ist, zählen. Ich glaube, dieses Signal können wir als Bundestag geben.

Ich möchte noch einen letzten Punkt ansprechen. Wir verbessern die Einsatzhäufigkeit. Deswegen brauchen wir die Freistellungsmöglichkeiten und die Regelung zur Kostentragungspflicht. Wir können als Bundestag, glaube ich, in großem Einvernehmen zwischen allen Fraktionen dieses Gesetz relativ zügig im Innenausschuss beraten. Ich glaube, das wäre ein gutes Signal an die Helferinnen und Helfer dahin gehend: Wir sehen euch. Wir hören genau zu, was ihr an Anforderungen an uns stellt. Wir nehmen auch gesellschaftliche Trends auf. Wir machen euch stark, damit ihr uns im Zweifel schützt, in einer Krise, in einer Katastrophe, wenn das Technische Hilfswerk kommt.

Zur Anerkennung gehört auch, dass wir diese Maßnahmen nun ergreifen. Das wollen wir mit der Reform des THW-Gesetzes tun.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Marian Wendt [CDU/CSU])

Vielen Dank, Herr Kollege Hartmann. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Sandra Bubendorfer-Licht, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7432552
Wahlperiode 19
Sitzung 150
Tagesordnungspunkt Änderung des THW-Gesetzes
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