Hilde MattheisSPD - Schutz vor Konversionsbehandlungen
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich sage es gleich am Anfang: Es geht nicht um sexuelle Störungen wie Pädophilie oder Exhibitionismus. Es geht nicht um Hormonbehandlungen bei Geschlechtsumwandlungen. Es geht um Menschen im jugendlichen Alter, denen man es zumuten will, dass sie ihre eigene individuelle Sexualität nicht leben dürfen. Darum geht es. Dem wollen wir einen Riegel vorschieben; denn – auch das ist klar – es geht nicht um eine Krankheit, sondern um ein selbstbestimmtes Leben für Jugendliche, junge Menschen und Kinder. Mir geht der vorliegende Gesetzentwurf in diesem Zusammenhang nicht weit genug. Ich hätte gerne auch ein Verbot von Konversionsbehandlungen von Erwachsenen. Wir werden im Laufe der Debatte sehen, ob wir eine Nachschärfung hinbekommen.
Ich finde es gut und richtig, dass wir als zweites EU-Land die Konversionsbehandlungen – ich sage ganz bewusst: wir haben es mit Behandlungen und nicht mit Therapie zu tun – verbieten wollen.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das ist zum Schutz von Kindern und Jugendlichen ganz wichtig. Damit verbunden ist ein Werbeverbot, öffentlich und nichtöffentlich, weil es hinter den Kulissen – machen wir uns nichts vor – oftmals die sozial am nächsten stehenden Personen sind, die mit einem Kind, das offensichtlich nicht in das Schema „Junge/Mädchen“ passt, nicht umgehen können. Dann werden oftmals Behandlungen erwogen, die unter anderem tiefe Depressionen auslösen können. Untersuchungen aus den USA, aus Italien und auch aus anderen Ländern haben ergeben, dass die Selbstmordrate bei Menschen mit einer anderen sexuellen Orientierung sehr viel höher ist.
Von daher finde ich es gut, dass wir uns auf den Weg begeben und unsere eigene Verantwortung wahrnehmen, die uns schon das Grundgesetz mit auf den Weg gibt. Dort heißt es, dass wir allen, egal welcher Neigung, welcher Sexualität, die gleiche Würde zukommen lassen müssen. Das ist der Punkt, der uns antreibt. Das mit anderen werteorientierten Themen zu verbinden, zum Beispiel mit Schwangerschaftsabbrüchen, verbietet sich an dieser Stelle.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, eine entsprechende Regelung zu beschließen und viele gesellschaftliche Gruppen aufzufordern, sich gemeinsam mit uns auf den Weg zu machen: die Kirchen – ich nenne explizit die katholische und die evangelische Kirche –, die Muslimverbände und andere. Das ist uns ein wichtiges Anliegen.
Wir begrüßen das Gesetzesvorhaben. Wir verwahren uns dagegen, es mit anderen, kruden Dingen zu vermischen. Es geht darum, Kindern und Jugendlichen den Weg in ein selbstbestimmtes, selbstorientiertes Leben zu ermöglichen und zu erleichtern und nicht mit überholten Vorstellungen zu begleiten. Darum geht es, und dafür sollten wir uns alle einsetzen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Vielen Dank, Frau Kollegin Mattheis. – Als Nächster erhält das Wort der Kollege Dr. Jens Brandenburg, FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7432563 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 150 |
Tagesordnungspunkt | Schutz vor Konversionsbehandlungen |