06.03.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 150 / Tagesordnungspunkt 30

Doris Maria AchelwilmDIE LINKE - Schutz vor Konversionsbehandlungen

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen hier über ein Thema, das sehr viele Namen hat: Konversionsbehandlung, Reparativtherapie, Umpolungsversuch und Homoheilung. All diese Begriffe stehen für völlig unhaltbare Methoden von Pseudotherapeuten und Glaubenseinrichtungen, oft evangelikaler Prägung. Ihre selbsterklärte Aufgabe ist es, Homosexualität als Krankheit zu brandmarken und hilfesuchenden Menschen schädliche Gespräche und drastischere Maßnahmen zur Anpassung aufzudrängen. Es ist überfällig, diesem Spuk ein Ende zu bereiten, und ja, das sollte möglichst umfassend passieren.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Homo-, Bi- oder Transsexualität ist genauso wenig eine Krankheit wie Heterosexualität. Das wissen nicht alle. Es ist absolut perfide, wenn auf bestimmten christlichen Festivals, in kleinen Gemeinden, speziellen Jugendprojekten, vernetzten Beratungspraxen mehr oder weniger versteckt Angebote mitlaufen, die gegen Homo- oder Transsexualität missionieren, und wenn mit Akzeptanznöten ein Geschäft betrieben wird.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Aber es findet statt, und das steht nicht unbedingt im krassen Widerspruch zum Aufklärungsgrad der Gesellschaft; denn Schwule, Lesben, Trans-, Inter- und Bisexuelle erleben überdurchschnittlich häufig Diskriminierung und Gewalt, werden von Familien ausgegrenzt, an Schulen und im Internet gemobbt. Sogenannte Konversionsbehandlungen gehören zu diesem Gewaltspektrum, während sie vorgeben, irgendwas zu heilen. Solche Strukturen des Hasses und der Menschenrechtsverletzungen müssen ab sofort geschlossen werden.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Jens Brandenburg [Rhein-Neckar] [FDP])

Der Entwurf eines Schutzgesetzes, der nun vorliegt, ist in diesem Sinne ein glasklarer Fortschritt. Zu loben ist die breite Beteiligung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Verbänden und direkt Betroffenen in der von der Magnus-Hirschfeld-Stiftung organisierten Kommission. Was zu wünschen übrig lässt, ist die bislang nur sehr teilweise Umsetzung unserer Erkenntnisse. Dass das Gesetz nur Personen unter 18 Jahren schützen soll, halten wir als Linke für unzureichend. Auch Bundesrat und Verbände wie LSVD und Paritätischer Wohlfahrtsverband haben sich für eine Schutzaltersgrenze, mindestens bis zum Alter von 26 Jahren, ausgesprochen; denn Coming-out-Prozesse hören ja nicht mit 18 Jahren auf; auch junge Volljährige sind oft noch von ihren Eltern abhängig und gehören geschützt.

(Beifall bei der LINKEN)

Apropos Eltern: Dass es Erziehungsberechtigten weiter gestattet sein soll, für ihre Kinder auf Pseudotherapien zurückzugreifen, ist schwer zu akzeptieren. Das gehört auf den Prüfstand. So müssen etwa Trägern der Jugendhilfe bei Verstößen gegen das Schutzgesetz Gemeinnützigkeit und öffentliche Mittel entzogen werden. Es darf keine legalen Möglichkeiten der Abrechnung von Pseudotherapien mit Krankenkassen geben. Und es braucht Öffentlichkeitsarbeit, um zu sensibilisieren und Akzeptanz zu fördern.

Nach der guten Zusammenarbeit in der Kommission gehe ich ganz stark davon aus, dass wir über die Ausschussarbeit noch weiterkommen werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Achelwilm. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Ulle Schauws, Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7432565
Wahlperiode 19
Sitzung 150
Tagesordnungspunkt Schutz vor Konversionsbehandlungen
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