06.03.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 150 / Tagesordnungspunkt 30

Karl-Heinz BrunnerSPD - Schutz vor Konversionsbehandlungen

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Sehr verehrter Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen!

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

Diese Worte habe ich für meine dreiminütige Einlassung zu diesem Thema als Überschrift genommen, weil eben genau diese Würde des Menschen, die Würde der jungen Menschen, die rein zufällig oder glücklicherweise homosexuell sind, durch diesen Staat geschützt werden muss, weil diese Menschen vor Konversionstherapien, gleich welcher Art, ob durch Therapeuten, ob durch Quacksalber, ob durch Voodoo-Geistliche oder ob durch Geistliche von Amtskirchen, geschützt werden müssen.

Ich danke in diesem Zusammenhang ganz ausdrücklich unserem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, dass er mit seiner Initiative nach einer doch sehr langen Diskussion und nach einem Symposion der Magnus-Hirschfeld-Stiftung nunmehr diesen Gesetzentwurf vorlegt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Christoph Bernstiel [CDU/CSU]: Guter Mann!)

Ich sage aber auch, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen: Dieser Gesetzentwurf geht mir bei Therapien, die zum Ziel haben, Menschen in ihrer Würde zu beeinträchtigen, und die in vielfältiger Weise dazu führen, dass junge Menschen sich das Leben nehmen – man darf nicht bloß nur so von „suizidalem Verhalten“ sprechen; sie sterben, sie nehmen sich das Leben, weil sie aufgrund dieser Therapien zerstört werden –, nicht weit genug. Ich hoffe natürlich, dass das Struck’sche Gesetz – kein Gesetz kommt so aus dem Deutschen Bundestag raus, wie es reinkommt – auch für diesen Gesetzentwurf gilt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Ich will drei kleine Bereiche ansprechen, bei denen ich denke, dass es notwendig ist – vielleicht geben uns die Sachverständigen in der öffentlichen Anhörung nächste Woche dazu entsprechende Anregungen –, etwas mehr zu tun.

Erstens: § 2 Absatz 2 des Gesetzentwurfs. Es leuchtet mir nicht ein, warum wir die Grenze für ein Verbot von Konversionstherapien beim 18. Lebensjahr ziehen. Auch der verfassungsrechtliche Hinweis, Erwachsene könnten tun, was sie wollten, zieht bei mir nicht; denn im Strafrecht werden die Heranwachsenden zwischen 18 und 21 Jahren bei Diebstahl auch anders behandelt. Also muss es dort Lösungsmöglichkeiten geben. Es wäre des Schweißes der Edlen auf jeden Fall wert, darüber nachzudenken, wie wir auch diesen jungen Menschen den Schutz aller staatlichen Gewalt zukommen lassen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Zweitens. Meine sehr verehrten Damen, meine sehr verehrten Herren, nicht anfreunden kann ich mich mit § 5 Absatz 2 des Gesetzentwurfs, dass es für Personen, die als Fürsorge- oder Erziehungsberechtigte quasi den Missbrauch der Konversionstherapie an ihren eigenen Kindern durchführen, eine Straflosigkeit geben soll. Also soll der Therapeut, der sein eigenes Kind quasi missbraucht und therapiert, straflos bleiben. Ich kann mir das nicht vorstellen. Mir persönlich sträubt sich da jedes vorhandene Nackenhaar. Darüber müssen wir diskutieren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)

Last, but not least halte ich die Strafandrohung von einem Jahr oder Geldstrafe für etwas aus dem Gleichgewicht geraten.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich komme gleich zum Ende. – Wir haben beim Strafrecht, für das die FDP gestern eine Reform angeregt hat, im Bereich des Diebstahls derzeit fünf Jahre als Höchststrafe. Warum gewichten wir das Eigentum höher als das Leben junger Menschen?

Ich freue mich auf die Beratungen und hoffe, dass wir dort zu guten Ergebnissen kommen und wir wirklich der Würde des Menschen, die unantastbar ist, den staatlichen Schutz zukommen lassen – und zwar bis zum 18. oder bis zum 26. Lebensjahr.

Herr Kollege.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Erwin Rüddel, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7432569
Wahlperiode 19
Sitzung 150
Tagesordnungspunkt Schutz vor Konversionsbehandlungen
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