Christian WirthAfD - Aktuelle Stunde - Wahlrechtsreform
Herr Präsident! Werte Kollegen! Es ist fünf vor zwölf. Genauer gesagt: Es ist 11.25 Uhr. Heute ist der 11. März, und am 25. März explodiert für den Wähler wahrscheinlich eine tickende Zeitbombe. Das ist der Tag, ab dem Listen und Kandidatenaufstellungen für den Deutschen Bundestag bzw. die Wahl der Delegierten dafür möglich sind. Trotzdem blockieren Sie alle den vernünftigen Vorschlag der AfD,
(Lachen der Abg. Benjamin Strasser [FDP] und Klaus Ernst [DIE LINKE])
der dem Innenausschuss seit November 2019 vorliegt, diese Frist um drei Monate nach hinten zu verschieben, wie mein Kollege Glaser bereits ausgeführt hat. Wir schlagen Ihnen vor: Beenden Sie heute die Blockade; dann können wir diese Reform noch schaffen.
(Beifall bei der AfD)
Seit wenigen Stunden haben wir es offiziell: Der Vizepräsident des Bundestages Herr Oppermann erklärt den Medien, eine umfassende Wahlrechtsreform sei nicht mehr möglich; ich zitiere. Das peinliche Schweigen der Koalitionsfraktionen ist bezeichnend hierzu. Seit zwei Legislaturperioden wissen Sie, dass sich am Wahlrecht grundlegend was ändern muss. Seit dieser Legislaturperiode sollte das Thema ganz oben auf der Agenda stehen.
Seit Ende letzten Jahres hoffen Sie, trotz unserer Vorschläge, dass sich dieses Thema wieder verschleppen und totschweigen lässt, bis es zu spät ist. Allein die Vorbereitungen, Bürocontainer für den nächsten Bundestag aufzustellen, statt eine immer noch mögliche Wahlrechtsreform vorzunehmen, sprechen Bände.
(Beifall bei der AfD)
Seien Sie doch mal ehrlich, bekennen Sie sich: Was wollen Sie eigentlich? Sie können nicht ernsthaft erwarten, dass es nicht so schlimm wird und dieser Kelch an Ihnen vorübergeht. Der Bürger hat doch verstanden.
Sofern ich keine neue Initiative der einzig wahren Demokraten, wie Sie sich ja unisono gerne bezeichnen, in diesem Haus verpasst habe, ist die nächste Bundestagswahl noch nicht abgesagt.
Bekennen Sie sich! An die Koalitionsfraktionen: Wo sind Ihre Vorschläge? Ich weiß, getroffene Hunde bellen, Herr Grötsch. Dass Sie Herrn Glaser intellektuell nicht verstehen, ist das eine; aber sich hierhinzustellen und die Unwahrheit zu verbreiten, etwas anderes.
(Beifall bei der AfD)
Wir erwarten ja keine Qualität. Aber machen Sie wenigstens den Mund auf, bekennen Sie sich offen dazu: Ja, Sie wollen den 800-plus-Bundestag, ja, Sie wollen den 1-Million-Euro-plus-Bundestag.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sie haben Millionen und Milliarden verwechselt! Nicht Millionen, sondern Milliarden!)
Seien Sie wenigstens ehrlich – so viele Wähler haben Sie doch alle nicht mehr zu verlieren –, bekennen Sie sich!
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
An die sogenannte Opposition gerichtet: Sie wollen mehr Mandate und weniger Landkreise.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Landkreise? Sie haben ja keine Ahnung!)
Selbst wenn dieser Vorschlag mal etwas getaugt hätte, er ist selbst in der von uns vorgeschlagenen verlängerten Frist nicht umsetzbar. Die Wahlkreise können nicht mehr neu gezogen werden. Selbst wenn wir dies schon am ersten Tag der Legislaturperiode begonnen hätten: Die Schlammschlacht um Hochburgen und angestammte Mandate wäre heute noch nicht geschlagen; das zeigt ja die Debatte um die Reform. Bekennen auch Sie sich klar und deutlich: Sie wollen mindestens bei der nächsten Bundestagswahl, aller Wahrscheinlichkeit nach auch noch bei der danach, einen aufgeblähten, teuren Riesenbundestag haben.
Es käme mir nicht in den Sinn, den zuständigen Politikern fehlende Begabung oder fehlende Erkenntnis vorzuwerfen. Leichter erklärt sich Ihre Unfähigkeit und Untätigkeit ganz einfach mit dem guten alten Eigennutz: Die Union profitiert, wie bereits mehrfach gehört, von jeder Zweitstimme, die sie verliert, wenn sie bloß noch den halben Prozentpunkt vor ihrem Gegenkandidaten im Wahlkreis landet.
Die SPD profitiert von ihrem vernichtenden Absturz in den Wahlkreisen durch Ausgleichsmandate. Ihre Regierungsmehrheit ist eine – für Sie komfortable – Blockademehrheit geworden. Sie ruhen sich aus auf dem Geld und dem Recht der wählenden Bevölkerung.
(Beifall bei der AfD)
Eine größere Geringschätzung für die Wähler kann es kaum geben.
Aber was soll man von einer Regierung in Sachen Respekt vor dem Wähler noch erwarten, deren Kanzlerin die Korrektur der freien Wahlen eines Bundeslandes verlangt! Und was will man von solchen demokratischen Parteien erwarten, die dieser Aufforderung Folge leisten!
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reden Sie doch lieber zu Landkreisen! Das ist viel interessanter!)
Sie haben das Wahlrecht genug pervertiert und damit der Demokratie geschadet. Deswegen an dieser Stelle kein Dankeschön an die blockierenden Parteien. Das wäre eine weitere Verhöhnung des deutschen Wählers und Bürgers.
Glück auf!
(Beifall bei der AfD)
Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist für die Fraktion der SPD die Kollegin Leni Breymaier.
(Beifall bei der SPD)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 19 |
Session | 151 |
Agenda Item | Aktuelle Stunde - Wahlrechtsreform |