11.03.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 151 / Tagesordnungspunkt 3

Kerstin Griese - Berichte zum Bundesteilhabegesetz

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Am 1. Januar 2020 sind wir nicht nur in ein neues Jahrzehnt gestartet. An diesem Tag ist auch eine große sozialpolitische Reform in der Praxis angekommen. Das Herzstück des Bundesteilhabegesetzes ist in Kraft getreten: die reformierte Eingliederungshilfe. Die Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes – viele waren dabei in der letzten Wahlperiode – war ein zentraler Meilenstein der Politik für Menschen mit Behinderungen; denn mit dem Bundesteilhabegesetz, mit dem BTHG, ist es uns gelungen, die Eingliederungshilfe zu einem modernen Teilhaberecht weiterzuentwickeln.

Die Eingliederungsleistungen wie zum Beispiel Integrationshelfer in Schulen, Assistenzen oder das Budget für Arbeit oder für Ausbildung werden nun konsequent am individuellen Bedarf der Berechtigten ausgerichtet. Die Bedürftigkeit als Zugangsvoraussetzung entfällt. Gerade diese Reformstufe des BTHG war besonders umstritten, und es gab viele Bedenken und Sorgen von allen Seiten. Deshalb wurden Unterstützungs- und Untersuchungsaufträge in das Gesetz aufgenommen und gestaffelte Berichtspflichten festgelegt, die weit über das übliche Maß hinausgehen.

Den zweiten dieser Umsetzungsberichte zum BTHG hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Ende 2019 vorgelegt. Er befasst sich mit vier laufenden Begleitprojekten.

Zum Ersten mit der Umsetzungsbegleitung. Damit greifen wir allen Beteiligten bei den komplexen Neuerungen der Eingliederungshilfe unter die Arme: den Trägern, den Leistungserbringern und natürlich auch den betroffenen Menschen mit Behinderungen und ihren Betreuerinnen und Betreuern.

Zum Zweiten befasst sich der Bericht mit der Finanzuntersuchung. Hier untersuchen wir wissenschaftlich die Auswirkungen des BTHG auf die Einnahmen und Ausgaben in der Eingliederungshilfe.

Drittens. Ein weiteres Modellprojekt ist die modellhafte Erprobung wesentlicher Änderungen bei bundesweit 29 Trägern.

Viertens. Schließlich befasst sich der Bericht mit der Wirkungsprognose. Hier erforschen wir, wie sich die Neuregelungen individuell auf die Berechtigten auswirken; denn entscheidend ist doch, ob es uns mit dem BTHG gelungen ist – das ist unser Ziel –, die Teilhabe und Selbstbestimmung der Menschen mit Behinderungen zu verbessern.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, nebenher laufen zahlreiche weitere Beteiligungsprozesse, mit denen die Bundesregierung die Einführung der reformierten Eingliederungshilfe begleitet. Dadurch war es uns möglich, Bedarfe für wichtige Klarstellungen und Korrekturen zu identifizieren, die bereits in zwei abgeschlossene Gesetzgebungsverfahren eingeflossen sind. Und dennoch: Die mit dem BTHG einhergehende Umstellung war eine große Anstrengung für die Verwaltung, die Leistungserbringer und nicht zuletzt für die Betroffenen selbst. Deshalb möchte ich an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, allen Beteiligten meinen Respekt und Dank auszudrücken, dass diese herausfordernde Umstellung zum 1. Januar vergleichsweise reibungslos verlaufen ist, wenn auch noch viel zu tun ist.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)

Eines darf dabei nicht aus dem Blick geraten: Es stimmt, die Trennung der existenzsichernden Leistungen von den Fachleistungen der Eingliederungshilfe im bisherigen stationären Bereich ist mühsam. Sie ist aber Voraussetzung für die zentralen Verbesserungen, die wir mit dem BTHG erreichen: mehr Selbstbestimmung für Menschen, die in den bisherigen stationären Einrichtungen leben, und eine verbesserte Einkommens- und Vermögensanrechnung für alle Berechtigten. Beides ist nur zu haben, wenn wir zwischen den Fachleistungen der Eingliederungshilfe und den existenzsichernden Leistungen der Grundsicherung differenzieren.

Also, ja, das macht Mühe, das kostet Nerven, das bereitet nicht immer Freude, und es klappt auch noch nicht überall. Aber der bestehende Begleitprozess trägt zum Gelingen dieser großen und wichtigen sozialpolitischen Reform bei. Bei aller Kritik: Die Ziele, die damit erreicht werden, sind es wirklich wert. Das spüren viele Menschen mit Behinderung in diesem Jahr deutlich durch die neue Einkommens- und Vermögensanrechnung, ganz konkret zum Beispiel durch die Abschaffung der Einkommensanrechnung bei Ehegattinnen und Ehegatten. Das hat viele gefreut, und das war ein wichtiger Schritt.

(Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Danke!)

Das zeigt: Wir sind ein gutes Stück weiter auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft. Wir werden weiter intensiv daran arbeiten.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Das Wort hat der Abgeordnete Uwe Witt für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7433372
Wahlperiode 19
Sitzung 151
Tagesordnungspunkt Berichte zum Bundesteilhabegesetz
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