11.03.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 151 / Tagesordnungspunkt 4

Harald WeinbergDIE LINKE - Krankenhausversorgung

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Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Lieber Edgar, das war natürlich auch ein bisschen Pfeifen im Walde, was du da im Einzelnen gemacht hast. Aber ich will jetzt nicht darauf, sondern tatsächlich auf den vorliegenden Antrag eingehen.

(Tino Sorge [CDU/CSU]: Das ist besser als Pfeifen aus dem letzten Loch!)

Der Hintergrund des Antrags ist die Tatsache, dass die Krankenhausfinanzierung nach den diagnoseorientierten Fallpauschalen, also den DRGs, in eine schwere Krise geraten ist. Da ist es inzwischen auch so, dass nicht mehr das Geld der Leistung folgt, sondern die Leistung dem Geld folgt. Das ist ein Bestandteil dieser Krise. Die Linke hat seit ihrer Einführung auf die Fehlanreize und Nebenwirkungen der DRGs hingewiesen und ihre Abschaffung bzw. Ersetzung gefordert und tut dies bis heute.

(Beifall bei der LINKEN)

Wie ist dieser Antrag der AfD jetzt einzuordnen? Angesichts dieser benannten und immer schlechter beherrschbaren Krise der DRG-Finanzierung treten nun die Ideologen und Protagonisten der privaten Krankenhausindustrie die Flucht nach vorne an. Dabei graben sie ein paar „Untote“ wieder aus, die zu den Zeiten der FDP-Minister Rösler und Bahr schon mal ihr Unwesen trieben: Statt diagnoseorientierter Fallpauschalen soll die Finanzierung über morbiditätsorientierte Kopfpauschalen erfolgen.

(Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)

Und damit das keiner so schnell merkt, werden die jetzt neudeutsch „Capitations“ genannt.

Wenn man sich die Riege der Protagonisten anschaut, wird schnell klar, woher der Wind weht: Da haben wir die Münch-Stiftung mit dem Rhön-Klinik-Konzern im Hintergrund, die die Studie „Prospektive regionale Gesundheitsbudgets. Internationale Erfahrungen und Implikationen“ herausgegeben hat. Das war die Blaupause für diesen Antrag, der uns von der AfD hier vorgelegt worden ist.

Und wo Rhön ist, ist Asklepios nicht weit, der zweitgrößte Krankenhauskonzern in Deutschland, der aktuell dabei ist, Rhön zu übernehmen. Bernard große Broermann, die graue Eminenz von Asklepios, hat sich mehrfach in Interviews für Capitations starkgemacht. In diesen Zusammenhängen taucht dann immer wieder der Name Boris Augurzky auf, der nicht nur Leiter des Bereichs Gesundheit beim RWI, sondern – oh Wunder! – auch Vorsitzender der besagten Münch-Stiftung des Rhön-Klinik-Konzerns ist und fleißig die Trommel für Capitations rührt.

Hat jetzt die AfD einfach von der Studie abgeschrieben und versucht sie, sich auf diesem Wege der privaten Krankenhausindustrie in Deutschland als politische Vertretung anzudienen, oder gibt es weitere Verbindungen? Interessant ist, dass in diesem Zusammenhang immer wieder die Gesundheitsökonomie der Universität Bayreuth und die Unternehmensberatung für Krankenhäuser mit dem Namen Oberender & Partner auftauchen. Das ist in der Tat bemerkenswert; denn der Herr Oberender, der inzwischen verstorben ist, war Professor für Gesundheitsökonomie, war der Doktorvater von Alice Weidel, war Gründer der gleichnamigen Unternehmensberatung, war Begründer der Wahlalternative 2013, einer Vorgängerorganisation der AfD, war Mitglied in der AfD.

(Zuruf von der LINKEN: Hört! Hört!)

Das ist dann schon etwas merkwürdig, wenn man diese Zusammenhänge kennt.

(Beifall bei der LINKEN – Thomas Seitz [AfD]: Verschwörungstheorie!)

Das kann man mal sacken lassen insgesamt.

Zu dem Vorschlag der prospektiven Budgets ist zu sagen, dass dies ein kräftiger Anreiz zur Unterversorgung sein wird. Salopp könnte man sagen: Das läuft auf Folgendes hinaus: Wir sammeln in einer Region via Kopfpauschalen eine gewisse Geldsumme von den Versicherten ein, sagen wir 100 Millionen Euro, und übergeben sie dann dem zuständigen regionalen Krankenhaus mit den Worten: Macht mal Krankenhausversorgung für unsere Region, und wenn was überbleibt, könnt ihr den Rest behalten!

(Heiterkeit der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])

Es ist klar, dass die Klinikkonzerne von diesem Konzept extrem begeistert sind. Und es wird mal wieder klar, wo die AfD sich verortet: nicht auf der Seite des Patientenwohls und der Versicherten, sondern auf der Seite der Klinikkonzerne.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat die Kollegin Maria Klein-Schmeink für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7433389
Wahlperiode 19
Sitzung 151
Tagesordnungspunkt Krankenhausversorgung
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