Detlev SpangenbergAfD - Personalbemessung in Krankenhäusern
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bedarfsgerechte Personalbemessung in Krankenhäusern einführen, so der Antrag der Linken. Die Linke greift, es wurde eben gesagt, ein Konzept der Deutschen Krankenhausgesellschaft, des Deutschen Pflegerats und der Gewerkschaft Verdi auf.
Für mich stellt sich die Frage, warum dieser Antrag überhaupt eingebracht wird, obwohl doch Mitte Januar offiziell die Pflegepersonalregelung im Rahmen der Konzertierten Aktion Pflege, KAP, vorgestellt wurde. Das Bundesministerium für Gesundheit hat doch bereits, wie eben auch gehört, eine Überprüfung bzw. Mitarbeit angekündigt. Insofern ist es nicht nachvollziehbar, warum Sie das jetzt hier einbringen.
(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Aha! Wir sind kein Gesetzgeber? – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie etwas nicht verstanden, Herr Spangenberg!)
Sie fordern dabei auch noch, dass eine Verordnungsermächtigung durch das Bundesministerium mit eingeführt werden soll. Damit können Sie ja nur leichte Regelungen durchführen. Ich kann auch dabei den Sinn nicht erkennen.
Ich möchte darauf hinweisen, dass die AfD auf Drucksache 19/15790 vom 11. Dezember bereits einen Antrag eingebracht hat, aufgabengerechte Personalvorgaben für alle im Krankenhaus tätigen Berufsgruppen einzuführen. Diesen Antrag haben Sie natürlich auch schon wieder abgelehnt. Das ist ja typisch: Wenn es nicht von Ihnen kommt oder von der AfD, muss es abgelehnt werden. Das kennen wir ja.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sollte Ihnen zu denken geben!)
Jetzt meine Stellungnahme zu dem, was Sie hier vorschlagen. Die Einführung dieser neuen Regelung würde aus unserer Sicht voraussichtlich mehr Personal kosten, was entweder zur Folge hat, dass bei der gleichen Anzahl von Patienten mehr Pflegepersonal eingestellt werden muss – aber wie? – oder, im Umkehrschluss, bei der gleichen Anzahl von Pflegepersonal weniger Patienten behandelt werden können. Die Nachteile der jetzigen Untergrenzen würden womöglich bestehen bleiben, wobei die Behandlung von weniger Patienten in unserem Gesundheitssystem – ich denke, da sind wir uns einig – nicht vorgesehen ist.
Wir sehen es so, dass die Problematik des Personalbedarfs sich nicht nur auf die Kliniken bezieht, sondern auf alle bettenführenden Einrichtungen, zum Beispiel auch auf die Altenpflege. Hierzu gibt es zahlreiche Berichte von Pflegeverbänden, welche eine zu hohe Belastung des Pflegepersonals beklagen. Weiterhin müssen die Einrichtungen auch in der Lage sein, hausinterne Engpässe selbstständig und flexibel zu lösen. Der Präsident der DKG, Gerald Gaß, sprach sich für das sogenannte Ganzhauskonzept aus. Es gibt viele andere Berufsgruppen in den Krankenhäusern, auf welche die Personalbemessung ebenfalls angewendet werden müsste.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Meine Damen und Herren, allerdings ist eine zeitnahe Umbesetzung dieser neuen Personalregel für die Pflege in allen Klinikbereichen mit Vorbehalt zu betrachten. Es kann kein benötigtes Personal eingesetzt werden, welches auf dem Arbeitsmarkt nicht vorhanden ist; wir haben ja keines.
(Harald Weinberg [DIE LINKE]: 300 000 sind rausgegangen!)
– Ich komme noch dazu. – Der Pflegemarkt ist deutschlandweit leergefegt, so ebenfalls Präsident Gerald Gaß, und es ist fraglich, ob diese von Ihnen vorgeschlagene Regelung eine sinnvolle Alternative zur jetzigen Pflegepersonaluntergrenzen-Regelung darstellt.
Die Einführung einer generellen Personalbemessung in den Kliniken ist stufenweise – wenn Sie es überhaupt machen wollen – umzusetzen, um den Arbeitgebern die Möglichkeit zu geben, Personal neu zu gewinnen bzw. bedarfsgerecht auszubilden.
Meine Damen und Herren, sieht man sich das geplante Regelwerk an, drängt sich der Eindruck auf, dass bei dieser Regelung ein erheblicher Teil der Arbeitszeit des Pflegepersonals für bürokratische Formalien aufgewendet werden muss.
(Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. Harald Weinberg [DIE LINKE])
Zu nennen ist hier vor allem ein sehr hoher Aufwand für Dokumentationspflichten. Dieser verkürzt die effektive Arbeitszeit mit den Patienten. Ich habe Ihnen einmal das Blatt mitgebracht; das kennen Sie ja. Also ich finde das ganz doll. Ich bin Diplom-Betriebswirt und kriege die Krise, wenn ich das lese – sage ich ganz ehrlich –:
Es erfolgt eine tägliche Einstufung der Patienten in 4 Leistungsstufen der allgemeinen Pflege (A1 Grundleistungen bis A4 hochaufwändige Leistungen) sowie in 4 Leistungsstufen der speziellen Pflege (S1 bis S4). Jeder A- und S-Leistungsstufe sind entsprechende Minutenwerte zugeordnet. Zudem gibt es für jeden Patienten einen Grundwert pro Tag und einen einheitlichen Fallwert.
Die allgemeine Pflege umfasst dabei die Leistungsbereiche der Körperpflege, Ernährung, Ausscheidungen und Mobilisation.
– Sagen Sie mal, Sie müssen ja drei Leute haben, die nur mit dem Zettel herumrennen und das alles auflisten.
(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Sie waren lange nicht mehr im Krankenhaus, oder?)
Das ist doch Wahnsinn, was hier los ist!
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Also, meine Damen und Herren, dem, der so etwas auflegt, kann ich nur sagen: Katastrophal!
(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Reden Sie doch einmal mit Pflegekräften!)
Sie haben anscheinend noch nie in der Wirtschaft gearbeitet. Das System muss ja pleitegehen, das kann ja gar nicht klappen, wenn Sie so etwas machen.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der AfD und des Abg. Dr. Andrew Ullmann [FDP])
Meine Damen und Herren, wünschenswert wäre ein System, welches weniger Bürokratie erfordert.
Mit der Kritik an der von der Bundesregierung bisher bevorzugten Lösung, ausländische Arbeitskräfte anzuwerben, steht die AfD nicht allein da. Erfahrungen zeigen inzwischen, dass diese scheinbare Lösung nicht hält, was sie bringen soll; Andreas Mogwitz, Universitätsklinikum Dresden, Marco Schüller, Universitätsklinikum Leipzig, bestätigen diese Ansicht.
(Zuruf des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Zielführend ist primär eine Verbesserung der Arbeitssituation für die Pflegekräfte – da können Sie ja wenigstens einmal zustimmen – und damit der Erhalt von aktiven Pflegekräften im Land, meine Damen und Herren. Es gibt immer noch zu viele aktive Pflegekräfte, welche aus dem Beruf herausgehen.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, warum denn?)
Sie brechen die Ausbildung ab und stehen damit nicht mehr zur Verfügung.
Es sollte vorrangig – das ist unsere Meinung – die Nutzung der potenziellen Ressourcen im eigenen Land mal geprüft werden.
(Zuruf des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir haben über 2 Millionen, ich glaube 2,4 Millionen, Arbeitslose in Deutschland. Vielleicht können wir mit denen einmal reden, vielleicht kann man denen eine Perspektive aufzeigen. Allemal besser als das, was Sie immer so vorschlagen.
(Beifall bei der AfD – Marianne Schieder [SPD]: Sie haben doch echt keine Ahnung! Aber wirklich keine Ahnung!)
Meine Damen und Herren, wir sehen es so, dass zuerst sämtliche Mittel der Hilfe zur Selbsthilfe im Inland ausgenutzt werden sollten, und erst wenn diese ausgeschöpft worden sind, dann können wir über weitere Maßnahmen nachdenken.
(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo leben Sie denn?)
Man sollte bedenken, dass die Anwerbung von Pflegekräften aus dem Ausland einen Pflegekräftemangel in denjenigen Ländern hervorruft, aus denen Sie die Pflegekräfte abziehen. Was Sie da machen, ist Neokolonialismus: Wir schicken Entwicklungshilfe hin und holen die Arbeitskräfte raus. – Das ist doch völlig sinnlos, was Sie hier aufziehen.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Zuruf der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Meine Damen und Herren, im Kosovo beispielsweise ist laut Medienberichten – und wir wissen ja, die Medien sagen nur Wahres; „Lügenpresse“ gibt es ja nicht – inzwischen ein tiefgreifender Mangel an medizinischen Fachkräften entstanden. Das ist Folge Ihrer Politik: Entwicklungshilfe rein und dafür Arbeitskräfte wieder raus. Meine Damen und Herren, wir dürfen die Schwierigkeiten bei uns nicht auf Kosten anderer Länder beheben.
Letzter Satz. Zu berücksichtigen ist auch, dass die angeworbenen Pflegekräfte vorrangig wegen der besseren Bezahlung nach Deutschland kommen. Das ist klar. Aber hier stehen wir in Konkurrenz mit der Schweiz, mit Österreich, mit Skandinavien, mit Holland. Die haben teilweise noch bessere Entlohnung und bessere Bedingungen. Das heißt also, die angeworbenen Kräfte könnten gegebenenfalls nur kurz bei uns bleiben und gehen dann in diese Länder oder zurück in die Heimat.
Ich muss noch einmal eines sagen: Was wir hier haben, ist – da gebe ich Ihnen recht – hausgemacht; es ist ja schon seit vielen Jahren Thema. Ich frage mich, was Sie überhaupt bisher gemacht haben, wo Sie regiert haben. Wir haben Universitäten, wir haben Hochschulen, wir haben doch Statistikerlehrstühle; die können Prognosen erstellen, die können genau ausrechnen anhand der Bevölkerungsentwicklung, wie alt die Leute werden, was für Krankheiten sie bekommen, was sie brauchen. Das gleiche Problem wie bei Lehrern: Sie sind unfähig, den Laden zu regieren.
Vielen Dank, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD – Zuruf der Abg. Marianne Schieder [SPD])
Vielen Dank. – Nächster Redner ist für die Fraktion der SPD der Kollege Dr. Edgar Franke.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Tino Sorge [CDU/CSU]: Professor Doktor! So viel Zeit muss sein!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7433837 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 152 |
Tagesordnungspunkt | Personalbemessung in Krankenhäusern |