12.03.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 152 / Tagesordnungspunkt 11

Andrew UllmannFDP - Personalbemessung in Krankenhäusern

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, wir brauchen mehr Pflegekräfte. Der Mangel ist groß. In der Coronapandemie wird dies noch deutlicher werden. Gerade Pflegekräfte auf der Intensivstation brauchen wir dringend, um diese noch anlaufende Pandemie zu meistern.

Doch wo stehen wir heute? Das PpSG ist meiner Meinung nach bereits gescheitert. Der Personalnotstand in der Pflege hat sich in Deutschland nicht ausreichend geändert; denn die Gründe des Pflegenotstands wurden nicht beseitigt. Seit Jahren klagen die Pflegekräfte über unhaltbare Zustände in den deutschen Krankenhäusern, und geändert hat sich bislang nichts.

Kolleginnen und Kollegen, als ich vor zwei Jahren in den Bundestag gewählt wurde, wurde ich von meiner Station mit den Worten verabschiedet: Bitte vergiss uns nicht. – Das kam vor allem von den Pflegekräften. Mir ist sehr bewusst, auch als Arzt: Die machen einen Superjob, arbeiten bis an ihre Leistungsgrenze. Es ist an der Zeit, dass wir endlich Danke sagen; denn diese Menschen halten dieses marode System aufrecht.

(Beifall bei der FDP)

Mutig müssen wir die Herausforderungen anpacken; denn die Zeit drängt. Hauptursache dieser Probleme im stationären Sektor sind die zu hohen Fallzahlen und zu viele Leistungen in zu vielen deutschen Kliniken. Die seit Jahren – Herr Franke hat es gerade angesprochen – ungenügende Finanzierung seitens der Länder, die auch die Unikliniken betrifft, wurde durch Mengenausweitungen und Personaleinsparungen, insbesondere bei Pflegekräften und anderen nichtärztlichen Kräften, kompensiert. Das geschah in den Kliniken freilich nicht in böser Absicht, sondern um Standorte am Leben zu erhalten, die für die medizinische Versorgung vielfach nicht ausreichend ausgestattet sind. Ausgelaugte und an ihren Kapazitätsgrenzen arbeitende ärztliche und nichtärztliche Kräfte sind demnach in diesen hochtourig laufenden Hamsterrädern gefangen.

Doch durch die zunehmende Arbeitsverdichtung driften für viele im Krankenhaus Tätige das persönliche Berufsverständnis und die medizinische wie auch pflegerische Realität immer weiter auseinander. Es bleibt kaum noch Zeit für die Patienten, keine Zeit für sprechende und zuwendende Medizin. Da hat Edgar Franke recht: Daran ist sicherlich auch die duale Finanzierung mit schuld. Das müssen wir gemeinsam ändern. Ich habe mich gefreut, als ich die Signale von der SPD gerade gehört habe.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Edgar Franke [SPD])

Durch die Personaluntergrenzen hat sich die Versorgungssituation verschlechtert. Pflegebereiche kannibalisieren sich gegenseitig. Pflegekräfte werden aus der ambulanten Versorgung in Krankenhäusern abgeworben. Andere Krankenhäuser bekommen keine Bewerbungen. Intensivbetten, und das gerade in der Coronakrise, werden wegen der Nichteinhaltung der Personaluntergrenzen geschlossen.

(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Jetzt wieder geöffnet! – Tino Sorge [CDU/CSU]: Das haben wir jetzt doch ausgesetzt!)

– Schauen wir mal. Das zeigt, wie unflexibel das System mit sturen planwirtschaftlichen Elementen ist.

(Zuruf des Abg. Tino Sorge [CDU/CSU])

– Wenn Sie eine Frage haben, können Sie eine Frage stellen. Ansonsten möchte ich gerne weitermachen.

Per se ist die PPR 2.0 brauchbar. In der Planung ist es gut, zu wissen, welches Personal notwendig ist, um eine qualitativ hochwertige gesundheitliche Versorgung zu gewährleisten. Doch wir gehen nicht an die Ursache. Auf dem freien Markt fehlen Fachkräfte. Herr Krauß hat es richtig gesagt: Bis zu 80 000 Fachkräfte fehlen in den Krankenhäusern und für die Pflegestellen.

Meine Frage ist: Woher sollen wir diese Kräfte nehmen? Das PpSG war bisher nicht erfolgreich. PPR 2.0 wird diesen Mangel auch nicht kompensieren. Regelungen mit solchen planwirtschaftlichen Elementen, meine Damen und Herren, sind zum Scheitern verurteilt. Es gilt vielmehr, das Grundübel zu beseitigen.

(Marianne Schieder [SPD]: Was würden Sie denn tun? Dann sagen Sie mal was anderes!)

– Wenn Sie eine Frage haben, dann fragen Sie bitte. – Das sind die fehlende Krankenhausstrukturreform, schlechte Finanzierung der Krankenhäuser, fehlende Fachkräfte und fehlende Ausbildungsinitiativen. Was wir jetzt brauchen, liebe CDU, ist eine echte Pflegeausbildungsoffensive. Die Pflegeausbildungsoffensive, die wir bisher haben, ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Wer wirklich eine nachhaltige Gesundheitsversorgung haben will, muss sich von den liebgewonnenen Planelementen verabschieden und muss neben einer Krankenhausstrukturreform in die Ausbildung eines attraktiven und zukunftsorientierten Berufes investieren.

Ich wünsche Ihnen: Bleiben Sie bitte gesund.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Die nächste Rednerin: die Kollegin Kordula Schulz-Asche, Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7433839
Wahlperiode 19
Sitzung 152
Tagesordnungspunkt Personalbemessung in Krankenhäusern
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