Kerstin Griese - Änderung des SGB IV
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute bringen wir den Entwurf eines Siebten Gesetzes zur Änderung des SGB IV in den Bundestag ein, das sich auf viele Bereiche der Sozialversicherung auswirkt und damit auf vieles, womit Menschen im Laufe ihres Lebens in Kontakt kommen: die Krankenversicherung, die Unfallversicherung, die Arbeitslosenversicherung, die Rentenversicherung und die Pflegeversicherung. Im Sozialgesetzbuch IV geht es um einheitliche Vorschriften für diese fünf großen gesetzlichen Sozialversicherungen.
Mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf stellen wir die Sozialversicherungen so auf, dass sie zur immer digitaler und flexibler werdenden Arbeitswelt passen; denn die Digitalisierung gibt uns die Chance, Sozialversicherungsleistungen effektiver zu gestalten und vor allem mit weniger Bürokratie auszukommen. Deshalb wollen wir bestehende Verfahren in der Sozialversicherung verbessern, vereinfachen und vor allem entbürokratisieren. Dabei nutzen wir die Chancen der Digitalisierung und legen konkrete Maßnahmen vor, um – das ist das Ziel – den Sozialstaat einfacher, zugänglicher, näher an den Menschen und für die Menschen zu gestalten.
(Beifall bei der SPD)
Ich gebe zu: Vieles, was auf den 175 Seiten steht, klingt erst einmal sehr kleinteilig und technisch. Ich danke allen Abgeordneten, die sich intensiv damit beschäftigen und das durcharbeiten. Ich danke auch den Sozialversicherungsträgern, die viele dieser Vorschläge entwickelt haben, und natürlich dem Ministerium. „ Entbürokratisierung“ heißt eben, sich gerade mit Details zu beschäftigen, um die Verfahren effektiver und einfacher zu gestalten. Das tun wir hier in acht Sozialgesetzbüchern.
Der öffentliche Fokus unserer Gesetze liegt ja oft auf den Änderungen, die die Lebenslagen der Bürgerinnen und Bürger gerechter und besser machen sollen. Vielleicht mag dieser Gesetzentwurf nicht so spannend wirken; aber wir schaffen damit eine echte, große Bürokratieentlastung für die Bürgerinnen und Bürger, für die Arbeitgeber und für die Verwaltung.
Zahlreiche Bescheinigungs- und Antragsverfahren, die heute auf Papier ablaufen, werden durch ein elektronisches Datenaustauschverfahren ersetzt. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Heute müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihrem Arbeitgeber eine Bescheinigung über ihre Krankenkassenmitgliedschaft vorlegen. Zukünftig müssen sich die Bürgerinnen und Bürger darum nicht mehr selbst kümmern; denn dieses Papierverfahren wird durch ein digitales Meldeverfahren zwischen Arbeitgeber und Krankenkasse ersetzt.
Ein anderes Beispiel zeigt, dass es auch eine gute Änderung für Kleinstarbeitgeber gibt. Für die 450 000 Arbeitgeber mit bis zu zehn Beschäftigten wird kostenlos ein Datenspeicher für ihre Entgeltunterlagen durch die Sozialversicherungsträger zur Verfügung gestellt. Das ist eine echte Unterstützung. Diese und weitere Erleichterungen führen zu einer Entlastung der Bürgerinnen und Bürger von perspektivisch rund 4 Millionen Stunden. 4 Millionen Stunden Zeit für wichtigere Dinge, und das Jahr für Jahr! Das ist doch wirklich eine gute Sache.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Auch die Arbeitgeber sparen kräftig; es sind jährlich mittelfristig 139 Millionen Euro an Entlastungen. Dazu kommen noch dauerhafte Entlastungen für die Verwaltungen des Bundes, der Sozialversicherungsträger und der Länder.
Das, meine Damen und Herren, ist für mich auch ein Stück Sozialstaat der Zukunft. Es geht um die digitale Sozialversicherung, die Papierkram und Anträge erspart und die damit Freiraum schafft, sich um die Menschen zu kümmern, die Unterstützung brauchen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein ganz wichtiger Bereich dieses Gesetzes ist die Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechtes in der gesetzlichen Unfallversicherung. Damit werden wir die Grundlagen schaffen, dass mehr Berufskrankheiten anerkannt werden und die Verschlimmerung von Krankheiten erfolgreich durch Prävention bekämpft werden kann. Dabei geht es um den Wegfall des sogenannten Unterlassungszwangs bei bestimmten Berufskrankheiten, der oft dazu geführt hat, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gar keine Leistung bekommen haben.
Und noch eine wichtige Änderung – Sie sehen, das ist ein großer Omnibus oder sogar ein Güterzug, wie meine Kollegin Hiller-Ohm gesagt hat –: Wir wollen, dass Jugendliche nach der Schule die nötige Unterstützung beim Übergang in den Beruf erhalten. Dafür ermöglichen wir den Datenaustausch zwischen der Bundesagentur für Arbeit und den Bundesländern, sodass Jugendliche, die noch keine berufliche Anschlussperspektive haben, kontaktiert und über bestehende Beratungsleistungen der Bundesagentur für Arbeit informiert werden können.
Noch ein Punkt: die Schließung des sogenannten Dienstordnungsrechtes. Da blicke ich in viele überraschte Gesichter; denn viele wussten nicht, dass es diese Sonderform des privatrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses im öffentlichen Dienst noch gibt. Das zeigt, dass es richtig ist, nach der gesetzlichen Rentenversicherung und der Krankenkasse auch in der Unfallversicherung diese Sonderform abzuschaffen und – wie auch in anderen Sozialversicherungszweigen – vor allem auf gute Tarifverträge zu setzen.
Zusammenfassend: Mit diesem umfangreichen und langen Gesetzentwurf setzen wir ein wichtiges Zeichen für den Sozialstaat der Zukunft. Es profitieren die Wirtschaft, die Verwaltungen, die Sozialversicherungen, und es profitiert nicht zuletzt jeder einzelne Bürger und jede einzelne Bürgerin, deren Anliegen im Sozialstaat schnell, sicher und zuverlässig behandelt werden.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. – Der nächste Redner: der Kollege Jörg Schneider, AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7433858 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 152 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des SGB IV |