Till MansmannFDP - Änderung des SGB IV
Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf ist ausgesprochen umfangreich. In Anbetracht der Kürze der Zeit greife ich drei für uns wichtige Aspekte heraus.
Beginnen wir mit den §§ 95a bis c SGB IV: Sie sehen darin eine Entbürokratisierung. Das ist im Ansatz richtig, aber im vollen Umfang bezweifeln wir das. Natürlich begrüßen wir, wenn Sie mithilfe der Digitalisierung versuchen, bürokratische Hürden abzumildern. Aber das heißt eben gerade nicht, einfach nur komplexe, ja oft geradezu unverständliche Papierformulare genauso komplex und unverständlich auf den Bildschirm zu verschieben. Natürlich kann Digitalisierung dabei helfen, Bürger und Unternehmen von Bürokratie zu entlasten, aber nur, wenn man die Prozesse insgesamt verbessert, nicht nur den Bearbeitungsweg.
Das gilt auch für die geplanten Änderungen des § 28a im SGB IV. In der vorgeschlagenen Form könnte ein Unternehmer zwar weiterhin Dritte beauftragen, sie aber nicht mehr voll in die Pflicht nehmen, also die Haftungsrisiken übertragen. Das halten wir angesichts der bereits genannten und weiterhin leider zunehmenden Komplexität des Sozial- und Abgabenrechts wie auch im Hinblick auf unsere erfolgreiche arbeitsteilige Gesellschaft für problematisch.
(Beifall des Abg. Pascal Kober [FDP])
Nehmen wir eine der wichtigsten Berufsgruppen in diesem Zusammenhang: die Steuerberater. Wenn ich einem solchen Spezialisten diese Aufgabe übergebe, dann fördert es die Qualität. Das bedeutet aber auch, dass ich diesen Dienstleister in die Pflicht nehmen kann, indem ich ihm auch die Haftung für seine Arbeit übergeben darf. Das ist geradezu Sinn und Zweck der Beauftragung eines solchen Profis.
(Beifall bei der FDP)
Wenigstens bei hochqualifizierten Berufsgruppen ist es sinnvoll, die bisherigen Haftungsübertragungen unangetastet zu lassen.
In einem wichtigen Bereich schlagen Sie einige Änderungen vor, die auch wir für richtig halten: die Unfallversicherung. Sie muss angepackt werden. Wir begrüßen es, dass Sie den medizinischen Sachverständigenrat professionalisieren wollen, auch wenn wir über Details im Ausschuss noch einmal sprechen müssen. Wir sehen die Verbesserungen bei Berufskrankheiten. Auch über den Unterlassungszwang zu sprechen, halten wir für sinnvoll.
Bedauerlich ist aber, dass eines der drängendsten Probleme der Unfallversicherung nicht angepackt werden soll: die systematische Schwäche der Gewerbeärzte im ganzen Land. Deren Zahl hat sich in den letzten Jahren praktisch halbiert.
(Beifall der Abg. Stephan Thomae [FDP] und Jutta Krellmann [DIE LINKE])
Sie haben im System der Unfallversicherung eine ganz wichtige Funktion, nicht zuletzt als unabhängige Kontrolleure der Gutachter. Hier müssen wir unbedingt eine intensive Diskussion darüber führen, wie der Bund die Länder bei der Aufrechterhaltung, ja eigentlich beim Ausbau dieser Institution unterstützen kann.
(Beifall bei der FDP)
In diesem Zusammenhang nehme ich gerne noch Bezug auf den Antrag der Linken; den angekoppelten Antrag der AfD können wir nach kurzer Prüfung rechts liegen lassen.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Der war gut!)
Liebe Kollegen der Linken, ja, es ist eine andauernde und schwierige Frage, welche Schwellenwerte, welche Zeiträume usw. beruflich bedingte Erkrankungen von anderen abgrenzen. Es ist wichtig, dass wir uns damit auseinandersetzen. Aber man muss einfach sehen, dass es am Ende immer auch Fälle geben wird, die auf der anderen Seite der Abgrenzung landen. Auf dem Weg dahin geradezu eine Front zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern aufzubauen, erscheint uns nicht als sinnvoll.
(Beifall bei der FDP)
Die gesetzliche Unfallversicherung hat den Auftrag des Ausgleichs und der Risikominimierung, dem sie im Grunde ganz gut nachkommt. Laden wir das nicht unnötig ideologisch auf.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Die Kollegin Jutta Krellmann hat das Wort für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7434201 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 152 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des SGB IV |