Christian DürrFDP - COVID 19 - Kreditobergrenzen, Nachtragshaushalt, Wirtschaftsfonds
Herr Präsident, herzlichen Dank. – Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das ist ja in vielerlei Hinsicht heute ein historischer Tag, allein schon die Sitzordnung hier und die Umstände, die wir zurzeit in Deutschland erleben. Es ist auch haushaltspolitisch ein historischer Tag, weil wir zum ersten Mal in der Geschichte den Artikel 115 des Grundgesetzes nutzen, um den Notfallmechanismus der Schuldenbremse in Kraft zu setzen. Allen Unkenrufen der letzten Monate und Jahre zum Trotz: Diese Schuldenbremse funktioniert auch in Krisenzeiten, liebe Kolleginnen und Kollegen. Es ist gut, dass wir sie haben. Deswegen wird meine Fraktion der Anwendung dieses Notfallmechanismus heute auch zustimmen, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Gerade weil das so eine besondere Situation ist – und das sage ich in Ihre Richtung, Herr Bundesminister Scholz –, ist jetzt auch die Bundesregierung gehalten, alles in Gang zu setzen, um die drohende Wirtschaftskrise abzuwenden. Der Notfallmechanismus nach Artikel 115 wird heute vom Parlament gezogen. Auf der anderen Seite behalten Sie sich dennoch vor, eine Rücklage in Höhe von 38 Milliarden Euro zurückzuhalten. Es wäre jetzt angesichts dieser Tatsache richtig, dass auch die Bundesregierung in Vorleistung geht und diese Rücklage auflöst, um sie für die Bewältigung der Coronakrise und der Wirtschaftskrise in Deutschland einzusetzen. Das wäre ein wichtiges Signal, das Sie heute setzen sollten.
(Beifall bei der FDP)
Genauso wichtig – das sage ich in Richtung der Koalitionsfraktionen – wäre es jetzt, auf politische Projekte zu verzichten. Ihr Koalitionsvertrag gilt – das ist mir bewusst –, aber er muss dieser Krise angepasst werden. Teure Projekte wie beispielsweise die Grundrente und andere Dinge, die sicherlich in Ihren Parteiprogrammen stehen, sind jetzt nicht mehr an der Tagesordnung, sondern jetzt muss diese Krise bewältigt werden, den Menschen und den Unternehmen muss jetzt geholfen werden. Deswegen: Verzichten Sie auf solche teuren Projekte! Aktivieren Sie alles zur Bekämpfung dieser Krise, liebe Kolleginnen und Kollegen!
(Beifall bei der FDP)
Zum Zweiten errichten wir einen Wirtschaftsstabilisierungsfonds. Auch da ist gut, dass sich die Bundesregierung bewegt hat und den Fonds der Wirtschaft nicht erst ab 2 000 Beschäftigten, sondern bereits ab 249 Beschäftigten zugänglich macht. Aber so – Herr Spahn hat es gerade öffentlich gesagt – wie wir eine Exit-Strategie hinsichtlich der Freiheitsbeschränkungen in Deutschland brauchen, brauchen wir auch für diesen Mechanismus eine Exit-Strategie. Auch hier muss jetzt ein Enddatum vorgelegt werden, meine Damen und Herren. Wir wollen keine dauerhaften Staatsbeteiligungen an privaten Unternehmen. Es muss eine Notfallmaßnahme sein, die ein Ende haben muss. Wir wollen keinen Umbau der Eigentümerstruktur im deutschen Mittelstand, meine Damen und Herren. Auch hier brauchen wir eine Exit-Strategie.
(Beifall bei der FDP – Zurufe des Abg. Sören Bartol [SPD])
Und es bleibt – das ist gesagt worden – am Ende des Tages eine Lücke, nämlich bei allen kleinen und mittleren Unternehmen, die, wie man so schön sagt, der Backbone der deutschen Wirtschaft sind, mit einer Beschäftigtenzahl zwischen 11 und 249. Dort verweist die Bundesregierung auf Förderprogramme der Länder. Ich will das bei Einigkeit über viele Dinge – Herr Scholz, wir haben in den letzten Tagen oft telefoniert – in aller Klarheit sagen: Diese Förderlücke bleibt am Ende des Tages, auch am Ende dieses Plenartages. – Deswegen fordere ich Sie auf: Sorgen Sie schnell für Liquidität, beispielsweise über die Finanzämter, so wir es als Freie Demokraten Ihnen vorgeschlagen haben, damit jetzt Liquidität zu den kleinen und mittleren Unternehmen kommt. Diese Unternehmen waren in den vergangenen Jahren solidarisch mit dem Staat, insbesondere mit dem Steuerstaat. Sie haben uns allen fantastische Einnahmen beschert. Mit diesen Unternehmerinnen und Unternehmern, die ins persönliche Risiko gegangen sind, muss sich jetzt der Steuerstaat eben auch solidarisch zeigen. Deswegen appelliere ich an Sie: Helfen Sie mit Liquidität den kleinen und mittleren Unternehmen,
(Beifall bei der FDP)
damit wir am Ende des Tages sagen können: Wir haben diese Krise erfolgreich bewältigt.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der FDP)
Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch, Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7435623 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 154 |
Tagesordnungspunkt | COVID 19 - Kreditobergrenzen, Nachtragshaushalt, Wirtschaftsfonds |