23.04.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 156 / Tagesordnungspunkt 8

Michael TheurerFDP - Öffnungsstrategie von der Corona-Pandemie

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundeskanzlerin hat heute Morgen eine Chance verpasst, sich dafür zu entschuldigen, dass mit Totschlagsargumenten versucht wurde, eine notwendige gesellschaftliche und parlamentarische Debatte über die Zukunft des Landes nach den notwendigen Coronapandemie-Bekämpfungsmaßnahmen zu unterbinden. Diese Entschuldigung wäre die Voraussetzung dafür gewesen, den Ball von Minister Spahn aufzugreifen, der gestern hier im Plenum davon sprach, dass es Verzeihungen für Versäumnisse der Bundesregierung geben müsse.

Meine Damen und Herren, wir sind es den Menschen schuldig, ihnen eine Perspektive für die nächsten zwei Jahre aufzuzeigen, in denen wir mutmaßlich eben noch nicht über einen Impfstoff und auch nicht über wirksame Medikamente zur Heilung der schweren Coronainfektion verfügen werden.

Die Krisenkommunikation der Bundesregierung hatte allzu oft die Halbwertszeit von zwei Tagen. Es ist stets das wahrscheinlichste Szenario eingetreten, doch Herr Spahn sprach ständig von einer neuen Lage. Am 14. März beispielsweise wurde die Absage von Großveranstaltungen noch abgelehnt. Mitte März wurden die real bevorstehenden Einschränkungen als Fake News verunglimpft. Mitte Februar hat der Wirtschaftsminister die Forderung nach einem Krisengipfel für die Wirtschaft noch abgelehnt. Anfang März gab Herr Altmaier zu, keine Notfallpläne für die Wirtschaft zu haben.

Hat die Bundesregierung die Lage falsch eingeschätzt, oder sollten die gewählten Parlamente und die Öffentlichkeit bewusst im Unklaren gelassen werden? Das sind Fragen, die nach der Krise analysiert und bewertet werden müssen.

Heute geht es uns Freien Demokraten nicht um die Bewertung von Versäumnissen der Vergangenheit, sondern darum, dass endlich von der Bundesregierung klare, transparente, nachvollziehbare Kriterien entwickelt werden, wie man Gesundheitsschutz und wirtschaftliche und gesellschaftliche Öffnung miteinander verbinden kann.

(Beifall bei der FDP)

Denn die Beschlüsse, die die Bundeskanzlerin mit den Regierungschefs der Länder in der Woche nach Ostern verkündet hat, wirken ja willkürlich. Nehmen wir nur die 800-Quadratmeter-Regel beim Einzelhandel. Wenn man infektiologisch denkt, wenn man virologisch denkt, müsste doch ein ganz anderes Kriterium zugrunde gelegt werden, etwa Quadratmeter pro Kunde.

Meine Damen und Herren, wir in Deutschland sind die Weltmeister des organisierten Arbeitsschutzes. Die Bundesregierung sollte deshalb jetzt endlich einen interdisziplinär besetzten Expertenrat zur Begutachtung der Coronaansteckungsrisiken in Gesellschaft und Wirtschaft berufen.

(Beifall bei der FDP)

Dieser sollte klare, transparente Kriterien erarbeiten, die dann für alle Bereiche durchdekliniert werden. Der Maschinenführer an einem CNC-Bearbeitungszentrum braucht vielleicht andere Schutzmaßnahmen als ein Montageteam, das in der Automobilindustrie im engen körperlichen Kontakt, praktisch Hand in Hand, Teile an eine Karosserie montiert.

Niemandem ist damit gedient, wenn eine Insolvenzwelle weite Teile des Mittelstandes hinwegfegt. Wir sind in großer Sorge, was die Unternehmen in Deutschland und die Millionen von Arbeitsplätzen angeht. Deshalb fordern wir in unserem Antrag ein Programm für Wachstum, Beschäftigung und Innovation. Wir wollen ein Belastungsmoratorium. Es darf keine neuen Steuererhöhungen geben, keine neue Bürokratie, keine neuen Umverteilungsprogramme. Im Gegenteil: Wir brauchen Sofortabschreibungen für bewegliche Wirtschaftsgüter, die komplette Abschaffung des Soli, eine Entlastung bei der Körperschaftsteuer und endlich auch Verlustrückträge, also eine negative Gewinnsteuer, die Liquidität in die Unternehmen pumpt.

Kurzum: Es geht gerade in der Pandemiebekämpfung um die Unterbrechung der Infektionsketten. Aber wir müssen auch dafür sorgen, dass die Interventionsketten des Staates, die jetzt in Gang gesetzt worden sind, gestoppt werden, damit die Grenze des Staatseingriffes nicht immer weiter in Richtung einer Planwirtschaft verschoben wird, sondern dass die Wachstumskräfte der Marktwirtschaft wieder wirken können. Das ist gut für die Haushaltseinnahmen des Staates. Das ist gut für die Sicherung der Arbeitsplätze. Das ist richtig für die Zukunft unserer vielen mittelständischen Unternehmen in Deutschland.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist für die Fraktion der CDU/CSU der Kollege Dr. Joachim Pfeiffer.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7441898
Wahlperiode 19
Sitzung 156
Tagesordnungspunkt Öffnungsstrategie von der Corona-Pandemie
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