Alexander UlrichDIE LINKE - Öffnungsstrategie von der Corona-Pandemie
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur politischen DNA meiner Partei und Fraktion gehört die politische Forderung in allen Lagen, dass Menschen vor Profite zu stellen sind.
(Beifall bei der LINKEN)
Und wo, wenn nicht auch in dieser politischen Debatte und im Hinblick auf Corona, trifft das zu? Deshalb sagen wir ganz deutlich bei dieser Debatte, die von der FDP angestoßen wurde: Lasst uns diese Öffnungsdiskussion und die Maßnahmen dazu wirklich behutsam umsetzen. Lasst uns erst mal erkennen, was die Schritte, die in der letzten Sitzungswoche beschlossen worden sind, für Auswirkungen haben.
Ich komme aus der Nähe von Kaiserslautern. Ich habe die menschenarme Stadt letzte Woche öfters gesehen. Ich habe in dieser Woche gesehen, welche Menschenmengen in der Fußgängerzone diese wenigen Maßnahmen schon wieder hervorgebracht haben. Ich habe da ein ungutes Gefühl. Lassen Sie uns doch erst einmal abwarten, was das in den nächsten Wochen bedeutet. Dann können wir darüber reden, in welchen Schritten möglicherweise weitere Gewerbe geöffnet werden können oder auch nicht; darin sind wir uns auch ziemlich einig.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich komme aus Rheinland-Pfalz, das habe ich bereits erwähnt. In Rheinland-Pfalz ist die FDP an der Landesregierung beteiligt; auch deshalb verstehe ich den Antrag der FDP nicht. Die FDP sollte sich meines Erachtens eher darum kümmern, dass die Dinge, die beschlossen worden sind, vernünftig umgesetzt werden; denn in keinem Bundesland ist die Soforthilfe so langsam ausbezahlt worden wie in Rheinland-Pfalz, wo zum Teil auch nach drei Wochen noch keine Bescheide vorliegen. Wer ist zuständig? Der FDP-Mann Wissing.
(Beifall bei der LINKEN)
Sich einmal um solche Dinge zu kümmern, wäre sinnvoller, als hier Scheinanträge zu stellen, in denen wieder die alten Gassenhauer hervorgebracht werden wie Sonntagsarbeit, Steuersenkung und andere Dinge, die die FDP immer wieder fordert.
Da die FDP auch in den Chor der AfD einstimmt und gegen weitere Steuererhöhungen ist, will ich deutlich zum Ausdruck bringen: Jawohl, wir brauchen nach dieser Krise Steuererhöhungen; denn es gibt auch Krisengewinner wie Amazon, und die müssen endlich einmal zur Kasse gebeten werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Diesen Unternehmen zu versprechen, sie brauchten vor uns keine Angst zu haben, das können die FDP und die AfD machen, aber verantwortliche Politik für unser Land sieht anders aus.
(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der FDP: Die zahlen doch gar keine Steuern hier!)
In einigen Branchen besteht noch großer Nachholbedarf; sie sind hier erwähnt worden.
Ich will noch etwas zur Kurzarbeit sagen: Die Schritte, die heute Nacht beschlossen worden sind, gehen uns nicht weit genug. Der DGB und auch wir Linke haben viel weiter gehende Vorschläge. Jetzt wieder in ein Klein-Klein zu verfallen und zu fordern, dass die Arbeitsagenturen zu prüfen haben, wer wie lange in 50 Prozent Kurzarbeit gewesen ist, ist eine falsche Vorgehensweise. Man hätte es für alle sofort auf mindestens 80 Prozent anheben sollen. Das war ein falscher Schritt.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir müssen im Prinzip deutlich machen, dass Staatshilfe nur geleistet werden kann, wenn Unternehmen auf Dividenden und Bonusausschüttungen verzichten. Es ist der Grundgedanke sozialer Marktwirtschaft, dass man nur dann solidarisch sein kann, wenn auch die andere Seite solidarisch ist.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich habe mich mit einem Busunternehmer aus meinem Wahlkreis unterhalten. Er hat zu mir gesagt, er habe zwei Busse, mit denen er in diesem Jahr wahrscheinlich kein Geschäft mehr machen wird. Er bezahlt für jeden Bus im Reiseverkehr 4 000 Euro Leasing. Er hat jeden Monat Kosten in Höhe von 8 000 Euro. Die Hilfe, die er bekommt, ist sehr gering. Aber ein Unternehmen wie TUI bekommt Staatshilfe in Milliardenhöhe und lässt seine Flotte unter maltesischer Flagge fliegen. Das empfinden die Menschen in diesem Land zu Recht als ungerecht, und da muss Politik endlich handeln.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)
Vielen Dank. – Nächster Redner in der Debatte ist für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Dieter Janecek.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7441903 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 156 |
Tagesordnungspunkt | Öffnungsstrategie von der Corona-Pandemie |