Christian DürrFDP - Steuerliche Maßnahmen, Zuschüsse - Covid-19
Vielen Dank. – Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Bei der Vorstellung dessen, was die Bundesregierung machen will, hat der Bundesfinanzminister Olaf Scholz vor etwa vier Wochen davon gesprochen, dass er jetzt die Bazooka auf den Tisch gelegt hat. Nach vier Wochen der Coronahilfe in Deutschland fragen sich viele mittelständische Unternehmerinnen und Unternehmer, ob diese Bazooka Ladehemmungen hat.
Dabei ist sie eigentlich gut gefüllt: 155 Milliarden Euro im Nachtragshaushalt, 1 Billion Euro beträgt allein der Haftungsrahmen des Bundes und 55 Milliarden Euro im Rahmen einer sogenannten globalen Mehrausgabe für den Bundesfinanzminister. Eigentlich liegt es nicht an der Ladung, aber diese Bundesregierung feuert nicht, um mal im Bild zu bleiben. Diese Hilfen kommen bei den Unternehmerinnen und Unternehmern nicht in ausreichendem Maße an; denn für die Unternehmer mit einer Mitarbeiterzahl zwischen 11 und 249 gibt es kein eigenes Bundesprogramm. Sie werden ausschließlich auf Kredite der KfW verwiesen.
Das, was Sie machen, provoziert gerade im deutschen Mittelstand eine Krise nach der Krise, weil Unternehmen verschuldet aus dieser Krise heraustreten werden, und darauf hat diese Bundesregierung keine Antwort.
(Beifall bei der FDP – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Sagen Sie das mal Volker Wissing! Der soll ein bisschen schneller machen!)
Deswegen machen wir Ihnen einen konkreten Vorschlag; den haben wir schon vor einigen Wochen gemacht. Wir sagen: Es braucht direkte, schnelle Hilfen, und zwar direkt ausgezahlt über die Finanzämter, eine unbürokratische Liquiditätshilfe. Wir haben das „negative Gewinnsteuer“ genannt. Es besteht eine Finanzbeziehung zwischen Unternehmen und Finanzämtern. Diesen Kanal müssten Sie nutzen, um zur Auszahlung zu kommen.
Am heutigen Tag stellen wir Ihnen eine zweite Stufe vor, nämlich ein Versprechen, was mit einer solchen Auszahlung verbunden sein sollte. Wir sagen: Einen Teil des Gewinnrückgangs bzw. des entgangenen Gewinns, einen Teil dessen, was die Unternehmer in diesem Jahr nicht umsetzen, was dazu führt, dass sie Verluste erleiden, muss der Steuerstaat ihnen zurückerstatten; denn diese Unternehmer waren in den vergangenen Jahren solidarisch mit dem Steuerstaat. Jetzt muss der Steuerstaat solidarisch mit dem deutschen Mittelstand sein.
(Beifall bei der FDP)
Deswegen sage ich Ihnen: Union und SPD lassen die mittelständischen Betriebe hier leider weiter im Regen stehen. Nach der Krise werden Tausende Unternehmen trotz kurzfristiger Liquiditätshilfe vor der Pleite stehen, und deswegen braucht es eine solche nachträgliche Steuersenkung.
In diesem Zusammenhang fand ich die Bemerkung des Fraktionsvorsitzenden der SPD, des Herrn Dr. Mützenich, heute Morgen bei der Regierungserklärung sehr spannend. Er hat nämlich gesagt: Steuersenkungen kommen nicht in Frage. – Ich frage mich, wo er gestern Abend beim Koalitionsausschuss war, wo Sie ja zumindest einen kleinen ersten Schritt in Form einer erweiterten Verlustverrechnung für Unternehmen gemacht haben. Da sind nur 4,5 Milliarden Euro vorgesehen. Im Vergleich zu den 55 Milliarden Euro, die zur Verfügung stehen, ist das nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber ich sage Ihnen in aller Klarheit: Wir haben seit Wochen darüber gesprochen, und gestern ist ein Minischritt gemacht worden. Den stellt die SPD schon wieder infrage. So kann man Sicherheit für die mittelständischen Unternehmen in Deutschland jedenfalls nicht herstellen.
(Beifall bei der FDP)
Das, was wir hier vorschlagen, findet Zuspruch bei Ökonomen. Der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel, Professor Felbermayr, hat beispielsweise gesagt: Das ist genau das richtige Instrument in der Krise. Jetzt muss Unternehmen mit Liquidität geholfen werden.
Deswegen bitte – ich sage das ganz deutlich in Richtung Union und SPD und beispielsweise der Niedersächsischen Landesregierung, der Großen Koalition in Hannover –: Hören Sie damit auf, über Abwrackprämien zu sprechen! Hören Sie auf, über irgendwelche Konjunkturprogramme zu philosophieren! Dieses Geld, was wir gemeinsam, mit Unterstützung der Freien Demokraten zur Verfügung gestellt haben, muss jetzt dem deutschen Mittelstand, der in dieser Krise leidet, zur Verfügung gestellt werden. Keine staatlichen Programme! Die Mittelständler brauchen das Geld.
(Beifall bei der FDP)
Zum Schluss, Herr Präsident: Denken Sie über eine echte Öffnung bei Einhaltung der Infektionsschutzregeln nach! Die Gastronomie ist jetzt besonders betroffen. Auch andere Unternehmen des Mittelstands mit einer Ladenfläche von über 800 Quadratmetern – sie sind oftmals inhaber- und familiengeführt – sind betroffen. Ich sage Ihnen zu dem Vorschlag von gestern, als gesagt wurde, dass Sie die Mehrwertsteuer von 19 Prozent auf 7 Prozent senken werden: Auch ein Steuervorteil von 12 Prozentpunkten auf null Umsatz bleibt leider null.
Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss.
Hier muss die Große Koalition umdenken.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege Dürr. – Ich finde es mittlerweile ja begeisternd, dass alle Redner „Ich komme zum Schluss, Herr Präsident“ sagen, um dann nicht zum Schluss zu kommen. Das ist ja bei allen so.
(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Ist das Vorgabe?)
– Es ist demnächst Vorgabe, dass Sie zum Schluss kommen. – Ich kann das deshalb sagen, weil wir noch ein bisschen warten müssen.
Der nächste Redner ist für die CDU/CSU-Fraktion der Kollege Fritz Güntzler.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7442021 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 156 |
Tagesordnungspunkt | Steuerliche Maßnahmen, Zuschüsse - Covid-19 |