07.05.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 158 / Tagesordnungspunkt 15

André HahnDIE LINKE - Grundrechte in der Corona-Krise

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kein Zweifel: Die Maßnahmen von Bund und Ländern gegen die Coronapandemie führten zu Freiheitsbeschränkungen, die einschneidend und beispiellos sind. Zum notwendigen Schutz von Leib und Leben wurden fundamentale Grundrechte über Verordnungen und Allgemeinverfügungen von Landesregierungen und Landräten im Eiltempo ausgesetzt, ohne die Parlamente in angemessenem und nennenswertem Umfang zu beteiligen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und der AfD)

Derartige Zustände sind, wenn überhaupt, nur befristet hinnehmbar. Deshalb begrüßen wir es als Linke, dass jetzt erste Lockerungen möglich sind. Zugleich hoffen wir natürlich, dass es keine voreiligen Schritte gibt, die zu einem erneuten Ansteigen der Infektionszahlen führen.

(Beifall bei der LINKEN)

Natürlich sind alle demokratischen Kräfte gefordert, die Maßnahmen von Bund und Ländern kritisch zu begleiten und permanent zu hinterfragen. Bei diesem Prozess, der unbedingt notwendig ist, weil die Grundrechte selbstverständlich auch und gerade in Krisenzeiten gelten müssen, brauchen wir aber ganz gewiss keine Nachhilfe durch die AfD.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dass diese Partei, die bei jeder Gelegenheit gegen Muslime hetzt, sich jetzt auch noch zur Verteidigerin der Religionsfreiheit aufzuspielen versucht, ist geradezu grotesk.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU])

In Wahrheit geht es der AfD nicht um Grund- und Bürgerrechte, sondern nur darum, einen vorhandenen und in Teilen auch berechtigten Unmut in der Bevölkerung über manche Regierungsmaßnahmen in der Coronakrise populistisch auszuschlachten. Das ist einfach nur schäbig.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, gleichwohl gibt es reale Probleme, über die wir hier reden müssen. Gerade die Schließung von Schulen und Kindergärten hatte massive Folgen, und damit meine ich nicht nur den Betreuungsaspekt. Es geht um den Zugang zu Bildung; es geht um das Kindeswohl. Hier sind vor allem Kinder aus sozial benachteiligten Familien in einer schwierigen Situation. Deshalb habe ich überhaupt kein Verständnis dafür, wenn seit Wochen über Geisterspiele im Profifußball diskutiert wird und dafür diverse Sonderregelungen ermöglicht werden, aber Kinder auf dem Bolzplatz hinter dem Haus weiterhin nicht Fußball spielen dürfen, weil es ja direkte Körperkontakte gibt. Wie absurd ist das denn!

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Ute Vogt [SPD])

Gestern gab es eine Beratung der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten – im Übrigen ein informelles Gremium ohne jede Rechtsgrundlage. Dass dabei eine Perspektive für Hotels und Gastronomie, auf die besonders die Tourismusregionen dringend warten – ich komme bekanntlich aus der Sächsischen Schweiz –, aufgezeigt wurde, ist gleichwohl ebenso positiv wie der Umstand, dass endlich auch das Thema Sport auf der Tagesordnung stand. Das war überfällig. Auch viele Erleichterungen für den Breitensport und die Vereine begrüßen wir.

Noch eine letzte Bemerkung. Wir als Linke meinen: Die noch ausstehenden Geisterspiele der Bundesliga müssen im frei zugänglichen Fernsehen übertragen werden,

(Beifall bei der LINKEN)

um Fanzusammenballungen, vor denen die Polizei jetzt schon warnt, sowie private Sky-Partys und damit erhöhte Infektionsrisiken zu vermeiden. Zudem sollte ein Drittel der noch ausstehenden TV-Einnahmen der Bundesliga in einen Solidarfonds zur Unterstützung der unterklassigen Vereine fließen. Das wäre doch mal ein wichtiges Zeichen.

(Beifall bei der LINKEN)

Im Übrigen – letzter Satz:

Denken Sie an die Redezeit.

Morgen ist der 75. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus,

(Christoph Bernstiel [CDU/CSU]: Nationalsozialismus! Muss man schon unterscheiden!)

ein Tag, den wir alle nie vergessen sollten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Mahmut Özdemir [Duisburg] [SPD])

Vielen Dank, Dr. André Hahn. – Nächste Rednerin: für Bündnis 90/Die Grünen Canan Bayram.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7444260
Wahlperiode 19
Sitzung 158
Tagesordnungspunkt Grundrechte in der Corona-Krise
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