Tino SorgeCDU/CSU - Grundrechte in der Corona-Krise
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind heute wieder in der Debatte über einen AfD-Antrag, den man getrost in die Rubrik „Pleiten, Pech und Pannen“ einsortieren kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, beim Lesen des Antrags – sinngemäß heißt es dort: Nein zu Big Brother! – stellt sich schon die Frage: Was wollen Sie denn eigentlich damit? Reden Sie von George Orwells Buch „1984“, oder reden Sie von der TV-Trash-Sendung, in der es um Containerdörfer geht? Wir sollten uns alle mal daran erinnern: Corona ist keine TV-Show. Corona ist kein altes Buch, das wir einfach zur Seite legen können. Und gegen Corona gibt es nun mal noch keine Impfung. Deshalb, glaube ich, wäre es auch angesichts der Menschenleben, die Corona fordert, angebracht,
(Jan Korte [DIE LINKE]: Impfen ist auch schon wieder schlecht! Impfen wollen sie auch nicht!)
dem Thema nicht solche merkwürdigen Vergleiche angedeihen zu lassen.
Aber zur Sache. Quer durch alle Fraktionen haben wir in den letzten Wochen darüber diskutiert, wie das Coronavirus effizient bekämpft werden kann. Da haben wir uns natürlich auch über digitale Möglichkeiten unterhalten. Da ging es um die Tracing-App, die uns helfen soll, Infektionsketten besser nachzuvollziehen. Da kann man sich natürlich darüber streiten: Wie wird diese konkrete App ausgestaltet? Was hat man für unterschiedliche Auffassungen?
Aber was machen Sie? Sie kommen wieder mit kruden Verschwörungstheorien, Corona wäre entweder nur eine verhältnismäßig leichte Grippe oder Bill Gates hätte das alles mitgetriggert.
(Zuruf der Abg. Joana Cotar [AfD])
Super Idee: Jetzt kann Bill Gates endlich mal reich werden, indem er mit seinen Impfstoffen Geld verdient. Und klar: Die Regierung hat natürlich die ganzen Grundrechte außer Kraft gesetzt. – Liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfD, ich empfehle Ihnen wirklich mal: Gehen Sie in die Gesundheitsämter! Schauen Sie sich an, wie dort Coronafälle nachrecherchiert werden. Das ist Detektivarbeit. Es ist sehr mühsam, wie dort recherchiert wird. Ich glaube, wir verlieren wertvolle Zeit im Kampf gegen das Virus.
Das Virus als Gegner hat sowieso schon einen Vorsprung. Deshalb sollten wir auch, solange es keinen Impfstoff gibt, solche digitalen Möglichkeiten nutzen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall des Abg. Christoph Bernstiel [CDU/CSU])
Deshalb ist es ja auch gut, dass wir nach modernen Lösungen suchen, dass wir Innovationspotenziale dabei miteinbeziehen. Insofern glaube ich schon an die Möglichkeiten von Apps.
Ob das jetzt Tracing oder Tracking ist: Wir können uns streiten, in welchem Umfang das ausgestaltet wird. Da können wir uns über Datenschutz streiten. Da können wir uns sehr gern über die Abwägung von Grundrechten streiten. Deshalb unterstützen wir als Union den Ansatz mit Apps, um Epidemien möglichst zeitnah, zumindest aber die kommenden Epidemien, besser nachverfolgen zu können.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, das, was Sie als AfD hier mit diesem AfD-Antrag machen, zeigt ja nichts anderes, als dass Sie Ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben. Beim Lesen des Antrages fällt einem ja schon auf: Sie kriegen es ja nicht mal unfallfrei hin, den Namen der Staatsministerin für Digitales richtig zu schreiben. Die heißt nämlich nicht „Dorothea Bär“, sondern Dorothee Bär. Sie kriegen es nicht mal hin, zwischen „Tracing“ und „Tracking“ zu differenzieren. Also, insofern stellt sich mir dann die Frage: Ist das jetzt Dummheit, oder ist das bewusste Irreführung, was Sie hier machen?
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Beides!)
Der Antrag ist ja auch in sich widersprüchlich. Da bringen Sie heute den entsprechenden Antrag ein und sagen darin Nein zu Corona-Apps, Nein zur Datensammlung durch Corona-Apps. Und gestern stellt sich Ihr Kollege Spangenberg – ich weiß nicht, wo er steht – im Gesundheitsausschuss hin und stellt drei AfD-Anträge, in denen genau das Gegenteil gefordert wird. Sie fordern Dinge wie: Corona digital bekämpfen.
(Joana Cotar [AfD]: Aber nicht mit Apps!)
– Ja, dann schauen Sie sich es doch mal an. Genau in den Anträgen steht das drin. Sie haben drei Anträge. Sie sollten in der Fraktion vielleicht mal miteinander sprechen.
Insofern ist das echt putzig: Sie fordern heute das Gegenteil dessen, was Sie gestern im Ausschuss für Gesundheit gefordert haben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der AfD)
– Ich zitiere mal. Da schreiben Sie zum Beispiel, Digitalisierung sei ein gutes Instrument. Digitale Innovationspotenziale müssten ausgeschöpft werden, auch durch Apps.
(Joana Cotar [AfD]: Nein, nicht durch Apps! Das steht da nicht!)
Digitale Lösungen via Smartphone könnten besonders in der aktuellen Lage schnell für Entlastung sorgen.
Das heißt, im Gesundheitsausschuss präsentieren Sie sich als die großen Digitalpolitiker; Sie präsentieren sich als die Innovationsgeister des Parlaments. Und dann stellen Sie sich hier im Parlament hin und schüren die Angst vor Apps: Grundrechte würden außer Kraft gesetzt, die Regierung plane eine Verschwörung. – Also, das ist nicht nur widersprüchlich. Das ist absolute Volksverdummung; das sage ich Ihnen ganz offen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Joana Cotar [AfD])
Und zur Sache. Wir werden die Diskussion über digitale Möglichkeiten, auch in Form von Apps, natürlich –
Jetzt haben Sie aber keine Zeit mehr, das auszuführen.
– hier im Parlament führen. Ich freue mich, dass wir das vielleicht ein bisschen sachlicher und weniger angst-, sondern chancengetrieben machen werden. Das wird der Akzeptanz solcher Möglichkeiten guttun, und das tut, glaube ich, uns allen hier gut.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank, Tino Sorge. – Nächster und letzter Redner in dieser Debatte: Stephan Pilsinger für die CDU/CSU-Fraktion. Herr Pilsinger, bitte.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7444270 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 158 |
Tagesordnungspunkt | Grundrechte in der Corona-Krise |