07.05.2020 | Deutscher Bundestag / 19. EP / Session 158 / Zusatzpunkt 12

Otto FrickeFDP - Staatshilfen für Konzerne in Steueroasen

Loading Interface ...
Login or Create Account






Geschätzter Herr Vizepräsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Linken ist ein klassischer Fabio-Robin-De-Masi-Antrag: Da sind die bösen reichen Unternehmer; die machen alles ganz schlimm. Und da sind die Armen; denen helfen wir.

(Zuruf des Abg. Fabio De Masi [DIE LINKE] – Weiterer Zuruf von der LINKEN)

So etwas hört sich auf den ersten Blick immer gut an, und ich will der Linken auch zugestehen, dass es ohne Weiteres richtig ist, dass wir dafür sorgen müssen, dass in dieser Zeit die Hilfen dort ankommen, wo sie gebraucht werden: bei Unternehmern, aber genauso auch bei Arbeitnehmern, bei Bürgern, bei sozial Schwachen. All das muss richtig ankommen.

Nur, wir müssen uns klarmachen, dass das, was Sie heute hier vorschlagen, wieder so ein Beispiel dafür ist, wie Sie von den Linken einen Popanz aufbauen. Aber wenn man sich dann die Vorlagen anguckt – Herr Minister, es tut mir leid; ich muss Sie sogar verteidigen –, sieht man, dass das alles gar nicht so ist, wie es von Ihnen beschrieben wird, und dass im Gegenteil – und das ist noch viel schlimmer – die Lösungsvorschläge der Linken arbeitnehmerfeindlich bis zum Gehtnichtmehr wären, wenn wir sie mal eben so umsetzen würden.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es ist schon sehr bemerkenswert, dass Sie sagen: Wir wollen das so wie in Dänemark und in anderen Ländern machen. – Wir haben, wenn es um die Frage von sogenannten Steueroasen geht, ein europäisch-gemeinschaftliches Vorgehen und eine Liste. Und was macht da die Linke? Sie sagt: Uns interessiert Europa gar nicht. Wir gehen national vor; wir definieren, was Steueroasen sind. Wir sagen jetzt mal unseren Nachbarn: Ihr seid böse Steueroasen; euch werden wir zeigen, wohin es geht.

Ich stimme Ihnen bei dem Punkt sogar ausdrücklich zu, dass wir innerhalb Europas durch bestimmte Konstruktionen einen unfairen Steuerwettbewerb haben. Nicht umsonst kritisiert das die FDP auch schon seit Jahren. Aber für diejenigen, die uns zuhören und gedacht haben: „Mensch, der De Masi hat ja so recht; der hilft uns mal, dass das richtig geht“,

(Zuruf des Abg. Fabio De Masi [DIE LINKE])

sage ich: Sie wollen also, dass Unternehmen, wenn sie einen Sitz in einer Steueroase haben, keine Hilfen bekommen dürfen. Geht es um den Hauptsitz oder nur um einen von mehreren Sitzen? Und das sagen Sie für ein Land wie die Bundesrepublik Deutschland, dessen größere Unternehmen in nahezu jedem Land einen Sitz haben. Na, viel Spaß, dann können Sie schon einmal den gesamten DAX-Unternehmen sagen: Ihr habt einen Sitz in einem Land, das eine Steueroase ist. – Nach der Definition von den Linken wären das übrigens auch die Niederlande, Herr De Masi. Ist doch so, oder?

(Zuruf des Abg. Fabio De Masi [DIE LINKE])

Nehmen wir noch ein weiteres Beispiel, ein konkretes, einfaches Beispiel, nämlich das Unternehmen Airbus. Airbus geht es im Moment nicht gut. Da im Moment nicht geflogen wird, stellt sich nicht die Frage nach der Anschaffung von neuen Flugzeugen. Airbus ist eine Holding mit Hauptsitz in den Niederlanden, hat aber 46 000 Arbeitnehmer alleine in Deutschland. In der Zulieferindustrie kommt eine fünfstellige Anzahl hinzu. Nach Ihrer Definition dürfte Airbus, wenn es Gelder beantragt, keinen einzigen Cent bekommen, weil der Hauptsitz in den Niederlanden ist. Ergebnis der Linken: Liebe Arbeitnehmer von Airbus, ihr seid uns egal! Das interessiert uns nicht. Wir warten erst einmal ab, bis Airbus seinen Sitz dort auflöst. – Bis dahin ist Airbus aber pleite; bis dahin ist alles vorbei. Das ist die Konsequenz von gut gemeint, aber schlecht gemacht.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, es ist hier auch der Wirtschaftsstabilisierungsfonds angesprochen worden und gesagt worden, dass einiges angeblich nicht klar wäre, dass beispielsweise nicht klar wäre, wie das mit Dividenden, wie das mit der Bezahlung, wie das mit den Steueroasen ist. Ich will das noch einmal deutlich sagen: Die KfW macht schon seit Jahren klare Regelungen. Wenn Kredite vergeben werden, sind all diese Fragen von den EU-Steueroasen über die Spitzengehälter bis hin zu den Dividenden geregelt. Sollte es hier etwas Neues geben, erwarte ich von Ihnen, Herr Finanzminister, dass wir Anpassungen der Regelungen bekommen und dem Bundesfinanzierungsgremium diese Problematik auch dargestellt wird.

Aber, meine Damen und Herren, eines möchte ich noch klarstellen, bevor meine Kollegin Hessel nachher noch etwas zu anderen Aspekten sagen wird: Wir werden sicher auf Dauer über den unfairen Wettbewerb im Steuerrecht reden müssen – wir müssen aber auch erkennen, dass das auch gegen uns gerichtet sein kann –, aber derjenige, der in dieser Krisensituation versucht, dieses Kriterium zur Voraussetzung für Hilfe zu machen, riskiert nicht nur Jobs in einzelnen Unternehmen, sondern riskiert – ich bitte Sie, darüber einmal nachzudenken – am Ende das Funktionieren und das Hochfahren unserer Marktwirtschaft. Und das muss doch unser aller Aufgabe in den nächsten Wochen und Monaten sein.

Jetzt kommen erst die eigentlichen Schwierigkeiten: auf dem Markt, auf dem Arbeitsmarkt. Die Bürger haben nicht nur Angst, dass ihre Zukunft von einer Krankheit bedroht wird, sondern auch davor, dass ihre soziale und wirtschaftliche Existenz bedroht ist. Mit diesem Antrag würden Sie sicherlich nicht erreichen, diesen Schwierigkeiten entgegenzuwirken.

Danke.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Kollege Fricke. – Als Nächstes hat das Wort die Kollegin Lisa Paus von Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön, das Pult ist frei für Sie.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

API URL

Data
Source Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Cite as Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Retrieved from http://dbtg.tv/fvid/7444295
Electoral Period 19
Session 158
Agenda Item Staatshilfen für Konzerne in Steueroasen
00:00
00:00
00:00
00:00
None
Automatically detected entities beta